Abu Dhabi. Die Vereinigten Arabischen Emirate schicken am Mittwoch mit Hassa al-Mansuri erstmals einen Astronauten zur Raumstation ISS.

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wollen hoch hinaus. Glitzernde Wolkenkratzer ragen in Metropolen wie Abu Dhabi hoch in den ewig blauen Himmel; in Dubai steht gar das höchste Gebäude der Welt, der Burj Khalifa. Doch der Himmel soll keine Grenze mehr sein. Am Mittwoch schicken die VAE erstmals einen Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS.

Hassa al-Mansuri heißt er, 35 Jahre ist er alt, geboren wurde er in der Nähe von Abu Dhabi. Der ausgebildete Militärpilot, studierte Luftfahrtwissenschaftler und vierfache Familienvater ist wörtlich ein Überflieger: Er machte bereits Furore als jüngster Pilot der Luftstreitkräfte seines Landes. Al-Mansuri setzte sich unter 4022 Kandidaten durch, die sich für das 2017 ins Leben gerufene Raumfahrtprogramm beworben hatten.

35-jähriger Astronaut aus VAE wird bereits als Nationalheld gefeiert

Sein Land feiert ihn längst als Nationalhelden: Er werde der erste Astronaut sein, der die ISS in einem Video auf Arabisch erklären wird, verkündete die Regierung stolz. Der erste Araber ist allerdings schon 1985 mit den USA ins All geflogen ist: Sultan bin Salman al-Saud kam aus Saudi-Arabien.

Auch al-Mansuri gibt sich patriotisch. Es gehe ihm nicht um persönlichen Ehrgeiz, versicherte er. „Unsere Flagge wird ins All fliegen, unsere Träume, unsere Leidenschaft. Dieses Land wird führend auf dem Gebiet der Raumfahrt werden“, hatte er noch während der Kandidatur verlauten lassen.

Ein trauriger Moment für die indische Raumfahrt

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    Emirate wollen als erstes Land den Mars besiedeln

    Es sind Worte, die den Nerv trafen von Regierungschef Scheich Mohammed bin Rasched al-Maktum. Dessen Visionen sind ehrgeizig: Bis zum Jahr 2021 wollen die Emirate außerdem ein unbemanntes Testfahrzeug namens „Hope“ in eine Umlaufbahn des Mars bringen.

    Bis 2117 will das Land die erste menschliche Siedlung auf dem roten Planeten aufgebaut haben. Es ist die erstaunliche Entwicklung einer Region Region, die am 21. Juli 1969, als Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betritt, nur aus einigen kleinen Wüstensiedlungen bestand.

    Al-Mansuri wird acht Tage im All bleiben

    Die Sojus-Rakete mit Hassa al-Mansuri sowie dem russischen Kosmonauten Oleg S kripotschka und der US-Amerikanerin Jessica Meir an Bord soll vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan abheben. Nach gut sechs Stunden Flugzeit soll die Raumkapsel den Außenposten der Menschheit in etwa 400 Kilometern Höhe erreichen, wie die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos mitteilte.

    Derzeit arbeiten dort drei US-Amerikaner, zwei Russen und ein Italiener. Al-Mansuri wird acht Tage im Weltall bleiben.

    Twittern beim Training

    Als „astro_hazza“ twitterte Hassa al-Mansuri schon von den Vorbereitungen in Russland, posierte in seinem Raumfahrtanzug. Die Parallelen zum deutschen „Astro_Alex“, Alexander Gerst, sind unverkennbar. Studenten der Emirate versammelten sich für ein YouTube-Video und feuerten al-Mansuri an: „Wir sind mit dir auf deiner Mission“ versicherten sie und gaben an, der 35-Jährige habe sie dazu inspiriert, eines Tages selbst Astronaut oder Raumfahrtingenieur zu werden.

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      Europäische Raumfahrtbehörde unterstützte Emirate bei ihrer Mission

      „So ein relativ junges Programm wie bei den Emiraten: Das ist kein PR-Gag, da steht ein ganzer Wirtschaftszweig hinter“, sagt der Generaldirektor der Europäischen Weltraumagentur Esa, Jan Wörner. Zwar haben die Emirate ihr Astronautenprogramm offiziell erst vor zwei Jahren gestartet. Mit Hilfe internationaler Partner aber hat der Golfstaat schnell aufgeholt.

      In Vorbereitung auf den Flug zur ISS hat die Esa die Emirate bei der Mission unterstützt, etwa was die Auswahl und Durchführung der wissenschaftlichen Experimente an Bord betrifft. Die Ausbildung fand größtenteils in Russland statt, eine Sojus-Rakete wird Al-Mansuri in den Weltall bringen, wo er acht Tage lang bleiben soll.

      Letzte Rakete vom Weltraumbahnhof in Kasachstan

      Und: Die Rakete wird die vorerst letzte sein, die von der historischen Startrampe des Weltraumbahnhofs Baikonur in Kasachstan abhebt. Von dort aus startete Juri Gagarin am 12. April 1961 als erster Mensch ins All. Dieser Startplatz soll nach Angaben der russischen Weltraumbehörde Roskosmos nun von Grund auf modernisiert werden, damit sie auch für neuere Sojus-Raketen genutzt werden kann.

      Das Astronautenprogramm der VAE ist jedoch nur ein Teil einer umfassenden „Weltraum-Strategie“, wie die Weltraumagentur der Emirate selbst beschreibt: Es sei Teil der Strategie, unabhängiger vom Öl zu werden und den Übergang in eine „wissensbasierte und innovationsgetriebene Wirtschaft“ zu schaffen.

      Mit KhalifaSat haben die Emirate im vergangenen Jahr ihren dritten Erdbeobachtungssatelliten ins All geschossen. Im kommenden Jahr soll der erste Satellit zum Mars starten und dort umfassend die dünne Atmosphäre und die Jahreszeiten untersuchen.

      Weltraumflug soll „technische Renaissance“ anstoßen

      Die Marsmission solle eine „wissenschaftliche und technische Renaissance“ in den Emiraten und der weiteren arabischen Welt anstoßen, heißt es in einem Magazin des Mohammed-bin-Rasched-Weltraumzentrums (MBRSC).

      „Früher war es Du oder Ich, Russland gegen die USA“, sagt Esa-Generaldirektor Wörner. „Heute ist es ein gesunder Wettbewerb und es gibt sehr viel Kooperation. Das ist das Wunderbare: Das Weltall gehört allen.“

      Immer mehr Nationen und private Anbieter mischen im Weltraum mit. In diesem Jahr führten Indien und Israel bereits Mondmissionen durch, die aber zumindest teilweise scheiterten. Auch die USA wollen wieder zurück auf den Mond.

      Wirtschaftszweig statt reines Prestige

      Was oft nach Science-Fiction klingt, sei ein riesiger Wirtschaftszweig, sagt Wörner: „Raumfahrt ist Innovationstreiber, dafür muss man Raumfahrt aber als komplette Infrastruktur verstehen, das ist mehr als reine Neugier.“ Es gehe um mehr als nur um Prestige. „So aktiv wie heute war Raumfahrt noch nie.“