Berlin. Eine Studie zeigt, dass Ratten innerhalb von zwei Wochen die Regeln des Versteckspiels lernen. Und sie wechseln dabei sogar die Rollen.

Verstecken spielen ist nicht nur bei Menschen sehr beliebt. Auch Ratten scheinen das Kinderspiel zu schätzen, wie eine im Fachmagazin „Science“ veröffentlichte Studie von Forschern des Bernstein Center for Computational Neuroscience an der Humboldt-Universität Berlin nahelegt. Ihre Ergebnisse lassen vermuten, dass das Versteckspiel seine Anfänge sehr früh in der Evolutionsgeschichte hat.

Die Forscher hatten die Spielleidenschaft der Nager mit männlichen Ratten in einem Raum von 30 Quadratmetern und sieben Versteckmöglichkeiten untersucht. Sie brachten den Tieren zunächst die Regeln des Spiels bei. Alle sechs Ratten lernten innerhalb von zwei Wochen, eine versteckte Person zu suchen und zu finden. Fünf der Ratten lernten zudem, sich selbst zu verstecken und zwischen den Rollen zu wechseln.

Zur Belohnung wurden die Tiere gekitzelt

Das eigentliche Experiment sah dann so aus: Die Forscher setzten die Ratte in eine Box mit ferngesteuertem Deckel. Dann versteckte sich der menschliche Spielkamerad. Sobald sich die Box öffnete, machte sich die Ratte auf die Suche nach ihm.

Wie die Wissenschaftler berichten, schauten die Nager, begleitet von lautem Quietschen, hinter verschiedenen Versteckmöglichkeiten nach. Hatte die Ratte das Versteck gefunden, wurde sie mit einer kurzen Spielerei belohnt, also etwa gekitzelt. Eine Futterbelohnung gab es nicht.

Laut Forschern haben Ratten ein sehr komplexes Sozialverhalten.
Laut Forschern haben Ratten ein sehr komplexes Sozialverhalten. © imago/blickwinkel | imago stock&people

In einem zweiten Versuchsteil übernahm die Ratte die Rolle des Versteckten: Dazu kauerte sich der Mensch neben die offene Box, woraufhin das Tier heraussprang und sich versteckte. Anders als zuvor ging die Ratte jetzt ganz still vor und suchte ihr Versteck mit Bedacht, berichten die Forscher.

„Aufgrund einer ganzen Reihe von Beobachtungen innerhalb unserer Studie haben wir den Eindruck, dass die Ratten spaßeshalber spielen“, sagt Michael Brecht, Mitautor der Studie. Völlig ausschließen können die Wissenschaftler nicht, dass die Tiere nur der Belohnung wegen spielen. Vieles aber spreche für ihre Hypothese, etwa das laute Rufen und das geschickte Vorgehen der Ratten.

Spielen trainiert das Gehirn

Aufzeichnungen der Gehirnaktivität zeigten während des Spielens eine erhöhte Aktivität im präfrontalen Cortex der Ratten. Sie variierte mit den verschiedenen Rollen. Bei Menschen ist dieser Hirnbereich für die soziale Wahrnehmung zuständig und ermöglicht einen gedanklichen Perspektivwechsel.

„Tiere mit komplexen Sozialverhalten spielen in der Regel besonders viel“, sagt Brecht. Die Forscher gehen davon aus, dass das Spielen eine Art Trainingsverhalten des Gehirns ist, um bestimmte Fähigkeiten zu erwerben oder zu verbessern.

Frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass sich etwa Raubkatzen gegenseitig jagen und junge Affen sich beim gemeinsamen Herumtollen raufen. Auch Erdmännchen gelten im Tierreich als sehr verspielt und mögen es, Fangen zu spielen. Im Gegensatz dazu beinhaltet das Spiel Verstecken Regeln, die Tiere verstehen müssen – und die sie offensichtlich verstehen: Viele Tierbesitzer berichten vom Versteckspielen mit ihren Hunden, Katzen, Vögeln oder eben Nagetieren. (dpa)