1985 veröffentlichte Margaret Atwood ihren Roman „Der Report der Magd“. Nun legt sie mit „Die Zeuginnen“ eine überraschende Fortsetzung vor.

Als Margaret Atwood 1985 ihren schaurigen „Report der Magd“ veröffentlichte, schien ein Amerika, in dem Frauenrechte der Willkür obliegen und irre Machthaber das Volk ungestraft in die kollektive Verdummung hinein quatschen konnten, in sehr weiter Ferne. Am Ende des Romans wagte die als Gebärmaschine missbrauchte Magd einen Fluchtversuch aus der totalitären Republik Gilead – ob in den Tod oder in Sicherheit, das blieb offen. Nun, über drei Jahrzehnte später, reist Atwood mit dem Roman „Die Zeuginnen“ einmal mehr ins Lande Gilead. Die größte Überraschung dieses an Überraschungen nicht armen Werkes ist: Es geht gut aus.

Was keinesfalls bedeutet, dass die Grande Dame der kanadischen Literatur mit ihren im November auch schon 80 Jahren altersmilde geworden wäre. Im Gegenteil: Der gute Ausgang ist eine schlechte Nachricht. Denn offenbar meint Margaret Atwood, ihre gegenwärtige Leserschaft hätte Trost nötig: „Aus Möglichkeiten wurden Aktualitäten“, schreibt sie im Nachwort zur Fortsetzung: „Die Bürger vieler Länder, die USA eingeschlossen, stehen heutzutage unter mehr und vielfältigerem Stress als vor drei Jahrzehnten.“