Berlin/Köln. Jan Böhmermann wollte neuer SPD-Chef werden. Allerdings scheiterte er schon an der Bewerbung. SPD-Mitglied kann er aber wohl werden.

TV-Satiriker Jan Böhmermann hat am Sonntagabend bei Twitter eingeräumt, mit seiner Bewerbung um den SPD-Parteivorsitz gescheitert zu sein. „Trotz vollen Einsatzes hat es am Ende möglicherweise knapp nicht gereicht, die strengen Kriterien zu erfüllen“, twitterte der ZDF-Satiriker, der erstmals am vergangenen Donnerstag im „Neo Magazin Royale“ seine Absicht erklärte, neuer SPD-Chef werden zu wollen.

Böhmermann (38) hat sich am Montag in einem Video auf YouTube zu seiner Niederlage geäußert. Er sei zwar nicht als Kandidat für den Vorsitz zugelassen worden, er wolle jetzt aber unbedingt Parteimitglied werden. „Die SPD und ich sind uns nicht einmal sicher, ob ich in den letzten drei Tagen wenigstens Parteimitglied geworden bin“, sagte er.

Chancen auf Böhmermanns SPD-Mitgliedschaft steigen

Für ihn stehe aber fest: Er wolle als SPD-Mitglied im Ortsverein Köthen, Sachsen-Anhalt, aufgenommen werden – und seine Chancen stehen nicht schlecht.

Nach SPD-Angaben habe er gute Chancen, bald in die Partei aufgenommen zu werden. Der SPD-Ortsverein Köthen in Sachsen-Anhalt will ihn aufnehmen. Der 38-Jährige wohnt aber in Köln-Ehrenfeld, und normalerweise gilt die Regel, dass man dort eintritt, wo man wohnt. Von diesem Wohnortprinzip könne aber eine Ausnahme gemacht werden, teilte der Geschäftsführer der Kölner SPD, Frank Mederlet, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur mit.

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„Die gewählten Mitglieder des Vorstands der KölnSPD werden über den Antrag auf Ausnahme vom Wohnortprinzip in der Sitzung am 26. September befinden“, kündigte Mederlet an. „In aller Regel wird dem Begehren gefolgt.“ Man werde „vermutlich beschließen“, Böhmermann in Köthen eintreten zu lassen.

Böhmermann habe am Sonntag in einer E-Mail eine Ausnahme vom Wohnortprinzip beantragt, erläuterte Mederlet. Diese Mail sei am Montag „ordnungsgemäß den Statuten entsprechend beantwortet“ worden. Mederlet teilte dem Fernsehmoderator unter anderem mit: „Wir bedanken uns für Ihre freundliche Zuschrift und Ihr Interesse, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei werden zu wollen.“

Böhmermann hatte bereits angekündigt, andernfalls eine juristische Anfechtbarkeit seiner Nichtzulassung prüfen zu lassen.

Aus der SPD-Spitze gab es außerdem seitens des Generalsekretärs Lars Klingbeil ein ermutigendes Echo. „Ich freue mich, dass Jan Böhmermann weiterhin Mitglied der SPD werden will“, sagte Klingbeil zur „Rheinischen Post“. „Ich schätze ihn und seine Arbeit.“ Außerdem richtete Klingbeil eine Einladung an Böhmermann, „sich konkret einzubringen, zum Beispiel beim gemeinsamen Wahlkampf in Thüringen“, so der SPD-Generalsekretär.

Irritationen um Böhmermanns Parteimitgliedschaft

Um die Frage der Parteimitgliedschaft des Moderators gab es zuvor Irritationen. Der SPD-Landesverband Sachsen-Anhalt bestätigte der dpa am Samstag zwar, dass Böhmermann in Köthen aufgenommen worden sei. Dies reiche jedoch formal nicht aus, weil der Moderator nicht in Köthen wohne.

Bei der SPD kämpfen in den kommenden Wochen voraussichtlich acht Kandidatenduos um den Parteivorsitz. An dieser Bewerberlage hatte sich zunächst nichts mehr geändert, wie es in der Partei am Sonntagabend hieß.

Jan Böhmermann als SPD-Chef - Darum geht es:

  • Jan Böhmermann wollte der tief in der Krise steckenden SPD wieder mehr Profil geben
  • Er kündigte seine Kandidatur als SPD-Chef an - und scheiterte
  • An diesem Montag will der Satiriker nun seine weiteren Pläne mit der Partei bekanntgeben

Knapp drei Tage blieben ihm und seinem Team demnach, um die Kriterien für einen Einstieg ins Bewerberrennen der Sozialdemokraten zu erfüllen: Böhmermann war weder SPD-Mitglied noch hatte er SPD-Unterbezirke oder einen Landesverband hinter sich.

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Böhmermann schafft es nicht, SPD-Mitglied zu werden

Zwischenzeitlich schien es so, als sei Böhmermann immerhin einen Schritt weiter gekommen: Am Samstag teilte er mit, er habe die SPD-Mitgliedschaft in Köthen (Sachsen-Anhalt) erhalten – der SPD-Landesverband allerdings widersprach. „Ich danke meinem neuen Ortsverein Köthen für die schnelle und skrupellose Bestätigung meiner Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“, schrieb der 38-Jährige am Samstag auf Twitter – und jubelte: „Der #Neustart19 der deutschen Sozialdemokratie geht von Sachsen-Anhalt aus!“.

Der Sprecher der SPD Sachsen-Anhalt, Martin Krems-Möbbeck, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur zwar, dass Böhmermann aufgenommen wurde. Er erklärte jedoch, dass dies formal nicht ausreiche, weil Böhmermann nicht in Köthen wohne. Es gebe zwar Ausnahmemöglichkeiten, wenn beide Kreisverbände – also in diesem Fall Köthen und der Kreisverband des Heimatortes – beteiligt seien. Nach bisherigem Kenntnisstand seien die zuständigen Sozialdemokraten an Böhmermanns Heimatort Köln aber nicht involviert gewesen. „Deswegen ist die Aufnahme derzeit unwirksam.“

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Jan Böhmermann stellt sich in „Bürgersprechstunde“

Auch in der SPD in Böhmermanns Heimat Köln-Ehrenfeld gab es Zweifel daran, dass Böhmermanns Plan aufgehen konnte. Josef ‎Wirges, SPD-Bezirksbürgermeister von Ehrenfeld, sagte: „Nach meiner Kenntnis hat er beim ‎Ortsverein Ehrenfeld keinen Antrag gestellt“.

Und selbst wenn er diesen Antrag gestellt hätte: Die Ehrenfelder SPD könne laut Wirges frühestens am Montag über den Antrag entscheiden. Dann wäre es allerdings zu spät gewesen, die Frist lief am Sonntag um 18 Uhr ab.

Zuvor hatte sich Böhmermann am Freitag bei einer „Bürgersprechstunde“ auf Facebook Live, Periscope und Instagram den Fragen von Interessierten gestellt.

Eine der ersten Fragen: Ist die Kandidatur wirklich ernst gemeint?

„Es ist natürlich kein Witz“, sagt er. Er habe viel zu verlieren und würde nicht so viel Energie in die Kandidatur stecken, wenn er nicht überzeugt wäre, an der Partei-Spitze die SPD retten zu können.

Eine der nächsten Fragen: Haben sich SPD-Unterbezirke zur Unterstützung gemeldet?

„Vier Bezirke haben sich gemeldet und wollen mich unterstützen.“ So der Moderator.

Die große Herausforderung sei jetzt, bis Sonntag 18 Uhr formell die Kandidatur einzureichen. Erst dann würde er über die genauen Themen sprechen.

Kandidatur in einem YouTube-Video angekündigt

Böhmermann hatte seinen Plan in einem YouTube-Video angekündigt. Stilecht vor SPD-roter Wand an rotem Rednerpult. „Die SPD eiert seit Jahren orientierungslos durch die Gegend, gefangen in der Groko“, sagte er darin.

Willy Brandt sei ihm im Traum erschienen und habe ihm gesagt: „Du musst es machen, der Olaf (Scholz) ist ‘ne Pfeife.“ Es könne juristische Schwierigkeiten geben. Aber: „Ich, Jan Böhmermann, möchte Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands werden.“

Jan Böhmermann muss bis Sonntag SPD-Mitglied werden

Unter dem Hashtag „#neustart19“ und mit der Webseite neustart19.de will Böhmermann seine Kampagne ins Laufen bekommen. Abgesehen davon, dass er noch keine möglicherweise unsauber erarbeitete Doktorarbeit, keine Zustimmung zu einem militärischen Angriff und keine sonst wie geartete Verantwortung für die Misere der SPD vorzuweisen habe, qualifiziere ihn auch seine Digital-Kompetenz für das Amt.

„Ich alleine habe dreimal so viele Twitter-Follower wie alle SPD-Minister, Bundestags- und Landtagsabgeordneten in ganz Deutschland zusammen“, zählte er auf. „Ich bin bereit, die SPD zu retten, wenn Ihr mir dabei helft.“

Allerdings, das räumt der 38-Jährige auf seiner Kampagnenseite ein, warten noch drei hohe Hürden auf dem Weg in den Wahlkampf: „1. Formell muss die Kandidatur für den Parteivorsitz bis Sonntag um 18 Uhr eingereicht sein. 2. Ich brauche bis dahin die Unterstützung von fünf SPD-Unterbezirken, einem Bezirk oder einem Landesverband. 3. Ich brauche bis dahin eine gültige Mitgliedschaft in der SPD.“

Der Entertainer hat nach eigenen Worten bisher noch kein SPD-Parteibuch. Er beteuerte, die Aktion sei kein Witz.

Böhmermann zeigt sich in Sendung zurückhaltender: „Weiß nicht, ob es klappt“

„Wenn die Sozialdemokratische Partei Deutschlands tatsächlich die effiziente Demokratiemaschine ist, für die ich sie halte, muss es doch möglich sein, die Formalitäten für meine Kandidatur innerhalb von drei Tagen zu erledigen“, frohlockte der Entertainer auf seiner Kampagnen-Website.

In der ZDFneo-Sendung zeigte sich Böhmermann aber etwas zurückhaltender: „Ich weiß nicht, ob es klappt. Wir haben jetzt nur noch 70 Stunden Zeit“, sagte er zu seinem Studiogast Aurel Mertz.

Auf Twitter war die (angebliche) Kampagne vielfach thematisiert worden– auch innerhalb der SPD. Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli ärgerte sich über den späten Zeitpunkt von Böhmermanns Vorstoß:

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Ein kleiner erster Erfolg: Für SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil ist Böhmermann (zumindest auf Twitter) schon mal ein „Genosse“:

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Der Wahlvorstand erkannte bis zum Sonntag folgende Bewerbungen an.

SPD-Vorsitz: Das sind die Kandidaten

  • Olaf Scholz und die Brandenburger Landtagsabgeordnete Klara Geywitz;
  • Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius und Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping;
  • Europa-Staatsminister Michael Roth und die ehemalige nordrhein-westfälische Familienministerin Christina Kampmann;
  • die beiden Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach und Nina Scheer;
  • sowie die Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis und der Verdi-Chefökonom Dierk Hirschel.

Kevin Kühnert hat der Kandidatur um die Parteispitze vor kurzem eine Absage erteilt.

(br/les/ac/dpa)