New York. Manhattan im Dunkeln: Ein massiver Stromausfall hat Teile New Yorks getroffen. Shows am Broadway fielen aus. Aufzüge standen still.

Selbst auf Satellitenfotos kann man New York City nachts nicht übersehen. Amerikas größte Stadt ist der strahlende Stern im Lichtermeer der Ostküste. Keine Region weltweit leuchtet heller als Manhattan, wo die digitalen Reklametafeln am Times Square das Synonym für Stromfresserei geworden sind. Nicht so am Samstagabend.

Zwischen 19 Uhr und Mitternacht stockte der Pulsschlag der Metropole. Weite Areale an der Westseite des Big Apple lagen im Dunkeln. Ein Brand in einem Transformatorenhaus schnitt rund 73.000 Anschlüssen des örtlichen Versorgers Con Ed von jeder Elektrizität ab, sagte dessen Chef John McAvoy.

Stromausfall in New York: Hundertausende betroffen

Aufzüge blieben stecken, U-Bahnen auf der Strecke stehen. In Kinosälen froren die Bilder ein. In Konzertsälen blieben die Mikrofone stumm. In Kneipen und Restaurants waren die Taschenlampen-Apps auf den Smartphones im Dauereinsatz.

Hunderttausende, Einheimische wie Touristen, waren betroffen. Ausgerechnet am 42. Jahrestag eines Blackouts, an den sich New York noch heute mit Grausen erinnert. Aber diesmal lief, soweit die Behörden bisher bilanziert haben, fast alles glimpflich ab.

New Yorker zeigten während Blackout Gemeinschaftsgefühl

Die Polizei schickte unmittelbar nach Beginn des Stromausfalls mehr Beamte auf Streife. In 60 Fällen wurden Menschen aus Aufzügen befreit, die den Dienst versagten. 20 Patienten, die zu Hause auf lebenserhaltende Maschinen angewiesen sind, wurden zügig mit Notfallgeneratoren versorgt, berichtet ein Lokalradiosender.

Auch am Times Square wurde es dunkel.
Auch am Times Square wurde es dunkel. © dpa | Michael Owens

Darüber hinaus taten die New Yorker das, für das sie trotz aller herzlichen Ruppigkeit bekannt sind: Sie blieben gelassen, zeigten Gemeinschaftsgefühl und verwiesen auf das weitaus folgenreichere Leid der Flut-Opfer in Louisiana. Szenen wie die an der 8. Avenue/57. Straße waren dutzendfach zu sehen, weil die Ampelanlagen ausgefallen waren: Ein ältere Passant stiefelte auf die Kreuzung und regelte mit seinem Gehstock als Aushilfspolizist den Verkehr.

Broadway-Stücke wurden kurzerhand auf die Straße verlegt

Am Rockefeller Center schlugen Eisverkäufer ihr leicht verderbliche Ware zum Spottpreis los. Jennifer Lopez, der beim vierten Lied im Madison Square Garden der Saft abgedreht wurde, sagte umgehend zu, das Konzert alsbald zu wiederholen. Die schönsten Szenen waren die spontanen.

Vor dem berühmten Walter Kerr-Theater am Broadway zeigte sich das Ensemble des gerade mit dem „Tony” geehrten Stücks „Hadestown” bürgernah und flexibel. Weil die Vorstellungen, wie über ein Dutzend andere von „Lion King” bis „Harry Potter“, ausfallen mussten, verlegten die Schauspieler und Sänger das Geschehen auf die Straße.

New Yorks Bürgermeister war gar nicht in der Stadt

Wenige Blocks entfernt tat der Millennial Chor nichts anderes. Das Impromptu-Konzert vor der Carnegie Hall machte, aufgenommen von Dutzenden Handy-Kameras, schnell in den Sozialen Netzwerken Furore. Dort versuchte auch Bill de Blasio mit krampfhaften Fern-Diagnosen den Eindruck von Führungsstärke zu vermitteln.

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Der demokratische Bürgermeister, der 2020 in Washington Donald Trump beerben will, befand sich zur Zeit der Panne, auf (aussichtsloser) Wahlkampf-Tour im Bauernbundesstaat Iowa. New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo warf seinem Parteifreund und Erzfeind Vernachlässigung von Aufsichtspflichten vor. Cuomo hatte offenbar im Hinterkopf, was sich am 13. Juli 1977 ereignet hatte.

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Plünderungen und Brände bei Blackout vor 42 Jahren

Damals war die gesamte Stadt über 24 Stunden ohne Strom. Tausende Geschäfte wurden geplündert, über 1000 Brände gelegt. Das Stadtviertel Bushwick in Brooklyn wurde nahezu komplett verwüstet. Es gab 4000 Verhaftungen, 500 verletzte Polizisten und einen Schaden, der sich auf über 300 Millionen Dollar belief.

Es wurde wieder Licht!
Es wurde wieder Licht! © Reuters | STAFF

Nicht so gewalttätig, aber trotzdem dramatisch, war es im August 2003. Mehr als 100 Kraftwerke, darunter 20 Nuklearreaktoren, schalteten sich damals nach einer Mega-Panne im Bundesstaat Ohio in einer Kettenreaktion automatisch ab und legten binnen Minuten fast den gesamten Nordosten Nordamerikas lahm, Manhattan inklusive.

Stromausfall als beliebtes Small-Talk-Thema

Rund 50 Millionen Menschen waren von dem knapp 30-stündigen Blackout betroffen. „Wo warst du, als die Lichter ausgingen?”, lautet seither bei Partys in New York eine beliebte Smalltalk-Frage. Und eröffnet die Gelegenheit, von großen und kleinen Heldentaten, Schreckensmomenten, Missgeschick und netten Zufallsbekanntschaften zu berichten.

Die nächsten Wochen werden zeigen, was der 13. Juli 2019 hier zu bieten hat.