Karlsruhe/Berlin. In Karlsruhe hat der europaweit erste Alterssitz für Elefanten für Zirkustiere eröffnet. Tierschützer beäugen das Projekt kritisch.

Nanda hat viel mitgemacht, mittlerweile ist sie fast blind und muss von ihren Pflegern zum Futterplatz geführt werden. 52 Jahre ist die Elefantendame alt, leidet am grauen Star und trat früher in einem Berliner Zirkus auf. Jetzt lebt sie im Karlsruher Zoo – in Europas erster Seniorenresidenz für ausgediente Zirkuselefanten.

Wissenschaftler, Schausteller und Tierschützer schauen mit Spannung auf das gestern gestartete Projekt. Sie stellen sich die Frage: Was soll mit Zirkustieren passieren, die zu alt sind für Kunststücke?

Der Karlsruher Zoodirektor Matthias Reinschmidt ist sich sicher, dass sein Altenheim Zirkusunternehmern eine Art „Elexit“ ermöglicht, den Ausstieg aus der Elefantenhaltung. Die Zirkusse nämlich bräuchten „eine Perspektive für die Tiere. Einen Elefanten kann man nicht einfach so im Tierheim abgeben.“

Dickhäuter sind ab 40 reif für die Rente

Zwar verzichten immer mehr der knapp 300 deutschen Wanderzirkusse auf Wildtiere in der Manege. Aber irgendwo müssen sie die Tiere ja lassen. Rund 30 Elefanten gibt es Reinschmidt zufolge noch in Zirkussen. „Wir bieten da eine Lösung an.“

Elefantendame Nanda geht es dem Anschein nach gut in ihrem Gehege mit 3000 Quadratmeter Außenfläche, in dem bis zu fünf Artgenossinnen leben können – Bullen werden nicht aufgenommen, weil sie sich teils aggressiv verhalten. Es gibt ein Badebecken, einen Futterbaum und einen Wasserfall, unter dem sich die Tiere an heißen Tagen abkühlen können. Viel Beschäftigung für die alternden Dickhäuter, die ab 40 reif für die Rente sind.

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    Der Deutsche Tierschutzbund beäugt das Karlsruher Modell trotzdem kritisch. Dem Zoo gehe es nicht um Barmherzigkeit. Eine Altersresidenz finde in der Öffentlichkeit zwar viel Zuspruch, stellt James Brückner fest, der Abteilungsleiter für Arten- und Naturschutz. Das überdachte Nachtquartier des Geheges sei für bis zu fünf Tiere aber zu klein. Der Zoo argumentiert, dass alte Elefanten nicht so viel Auslauf benötigten. Brückner tut das gegenüber unserer Redaktion als „Schutzbehauptungen“ ab.

    Anderen in die Jahre gekommenen Zirkustieren geht es weniger gut als Nanda. Manche müssen so lange auftreten, bis sie in der Manege regelrecht zusammenbrechen. Kaum ein Betrieb kann es sich leisten, kranke Tiere durchzufüttern. Hessens Tierschutzbeauftragte Madeleine Martin äußert seit Langem die Befürchtung, dass alte Tiere „irgendwie entsorgt werden“. Tierschutzorganisationen wie Animal Public berichten, dass immer wieder Löwen und Tiger getötet würden, um ihre Felle als Bettvorleger zu verkaufen. Zirkusverbände bestreiten das.

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    Bislang konnten sich Zirkusleute und Tierschützer nicht darauf verständigen, was mit alten Tieren passieren soll. Der Circus Krone bringt seine Alttiere auf einem Gnadenhof am Starnberger See unter. Der Tierschutzbund betreibt im Westmünsterland einen 25.000 Qua­dratmeter großen Park für notleidende Bären, in dem sie von Tierpflegern und einer Tierärztin medizinisch betreut werden.

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      Der Elefanten-Alterssitz soll nun ein weiteres Vorzeigeprojekt werden. Es erinnert an ähnliche Gehege in Thailand, wo ehemalige Lastentiere die Vorzüge des betreuten Wohnens genießen. Sogar James Brückner vom Tierschutzbund sagt: „Wir sind froh, dass in Karlsruhe wenigstens die Minimalanforderungen erfüllt werden.“

      Währenddessen trottet die fast blinde Nanda tastend durch ihr neues Gehege. Sie wird viel Pflege brauchen. In Karlsruhe ist sie dafür richtig.