Bei „hart aber fair“ wurde CDU-Präsidiumsmitglied Mike Mohring hart attackiert. So schlüpfte die SPD kurzzeitig aus der Verliererrolle.

Berlin Bei „Hart aber fair“ ging es am Montag um die Folgen aus der Europawahl. Dabei wurde nicht nur die Rolle der Union und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer unter die Lupe genommen. Vor allem wurde auch über die SPD gesprochen.

Dabei machte Andrea Nahles machte den Planern mutmaßlich einen Strich durch die Rechnung. Bei der Suche nach einer Antwort auf die Frage der Sendung „Europa hat gewählt – wer ist bei uns angezählt?“ wäre man schnell bei der SPD-Fraktionschefin gelandet.

Da Nahles aber kurz zuvor in der ZDF-Sendung „Was nun?“ verkündete, die Fraktionswahlen bereits auf die kommende Woche vorzuziehen, geriet die CDU in den Fokus – und mit ihr auch die mögliche Kanzlerkandidatin Annegret Kramp-Karrenbauer.

„hart aber fair“ – das waren die Gäste


• Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär
• Mike Mohring, Landesvorsitzender der CDU Thüringen und CDU-Präsidiumsmitglied
• Ricarda Lang, Sprecherin der Grünen Jugend und Jurastudentin
• Michael Spreng, Journalist und Politikberater
• Markus Feldenkirchen, „Spiegel“-Journalist

Die kritisierte Kanzlerkandidatin

„Die CDU bekommt ein massives AKK-Problem“, bescheinigte Michael Spreng, Politikberater, ehemaliger Chefredakteur der „Bild am Sonntag“ und Wahlkampfmanager von Edmund Stoiber der möglichen Kanzler-Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Der Grund: ziemlich viel.

Spreng benannte Kramp-Karrenbauers Abgrenzung zu Angela Merkel, ihre Äußerungen zur gleichgeschlechtlichen Ehe und ihre Generalsekretärs-Wahl von Paul Ziemiak, der bei digitalen Themen punkten sollte, aber beim Rezo-Video versagt habe, als Knackpunkte.

Vor allem griff er aber die Äußerungen der CDU-Chefin zum Wahlaufruf der Youtuber auf. Der Hintergrund: Kramp-Karrenbauer hatte nach der Wahl am Montag das Rezo-Youtube-Video thematisiert und die Frage gestellt, was gewesen wäre, wenn statt über 70 Youtuber 70 Zeitungsredaktionen Wahlempfehlungen ausgesprochen hätten. „Welche Regeln gelten im digitalen Bereich?“, fragte die CDU-Chefin. Rezo und CDU: Will Kramp-Karrenbauer Youtuber regulieren?

Selbst Mohring sprang AKK nicht zur Seite

Spiegel-Journalist Markus Feldenkirchen gab Nachhilfeunterricht und erklärte, dass auch Redaktionen theoretisch Wahlaufrufe machen dürften. Die Sprecherin der Grünen-Jugend, Ricarda Lang, warf Kramp-Karrenbauer vor, auf „eine unliebsame Meinung mit Meinungsregulierung“ reagieren zu wollen.

Selbst der thüringische CDU-Landesvorsitzende Mike Mohring sprang seiner Chefin auf Bundesebene nicht zur Seite. „Meinungsfreiheit ist nicht regulierbar, ganz einfach“, sagte das CDU-Präsidiumsmitglied. Auf die Frage, wer Kramp-Karrenbauer angesichts dieser Äußerung eigentlich berate, lautete die knappe Antwort: „Bestimmt schlaue Leute.“

Der selbstkritische Verlierer

Die SPD war der klare Verlierer der Europawahl, dafür verlief der Abend für SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil aber überraschend ruhig. Das lag auch an einer konsequenten Fehleraufbereitung. „Beim Klimaschutz war die SPD nicht auf dem Platz, da hatten wir kein Angebot“, begründete der 41-Jährige die Wählerwanderung hin zu den Grünen.

Die Diskussion um die Uploadfilter hätten manche Parteimitglieder nicht ernst genommen, die Putschgerüchte gegen Nahles seien schädlich gewesen, führte Klingbeil die Liste der Gründe für das katastrophale Abschneiden seiner Partei, die elf Prozent verloren hatte, fort.

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    Die Fehleranalyse erinnerte an die Selbstreflexion, die Klingbeil bereits nach dem schwachen Abschneiden bei der Bundestagswahl betrieben hatte, die die SPD aber auch nicht wieder auf Kurs brachte. Bis auf das kurze Werben von Klingbeil für die schnelle Einführung des Klimaschutzgesetzes und der Grundrente war der SPD-Generalsekretär für den Rest der Sendung weitestgehend abgeschaltet.

    Der verzweifelte Einzelkämpfer

    Der als progressiv geltende CDU-Politiker Mike Mohring musste viele Angriffe abwehren – das gelang besonders zu Beginn kaum. Als Ricarda Lang das Wahlergebnis als „Weckruf“ bewertete und feststellte, dass einer ganzen Generation die Vernunft abgesprochen werde, duzte Mohring die Grüne-Jugendsprecherin versehentlich und erklärte, dass es so einfach nicht getan sei.

    Beim zweiten Anlauf fiel ihm sein Fauxpas selbst auf und er korrigierte sich nach dem ersten „Du“ und wechselte zum „Sie“, der Eindruck der von Feldenkirchen beschriebenen Politik von CDU und SPD als „arrogant und von oben herab“ blieb zunächst aber hängen.

    Besser lief es für Mohring bei der Aufarbeitung des Rezo-Videos: Die CDU habe es verpasst, auf junge Leute zuzugehen, da man tagelang gezögert habe, „um am Ende mit einer .pdf-Datei um die Ecke zu kommen.“ Damit sei die Tür zu den jungen Leuten auf Dauer wieder zugegangen.

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      Das Video mit dem Titel „Die Zerstörung der CDU“ hatte kurz vor der Europawahl am Sonntag für viel Diskussionsstoff gesorgt. Der YouTuber Rezo hatte darin die CDU attackiert, die wiederum nicht souverän darauf reagierte. Die Frage, die sich viele stellten: Kann ein Youtuber eine Partei „zerstören“?

      Zu Hochform lief Mohring auf, als es um das Erstarken der AfD im Osten bei der Europawahl ging: Die AfD habe ihr Potenzial ausgeschöpft, in Thüringen habe sich die CDU knapp vor der AfD durchsetzen können, man dürfe das Narrativ vom desillusionierten Osten nicht verfestigen, forderte Mohring.

      Allerdings musste er auch einräumen, dass der CDU-Vorsprung in Thüringen auf die AfD mit zwei Prozent sehr gering war: „Ist doch egal“, so Mohring, gewonnen sei gewonnen – zumal der Vorsprung bei der Kommunalwahl deutlicher gewesen sei. Warum die AfD in Ostdeutschland so erfolgreich ist.

      Die stille Siegerin

      Gewonnen haben aber vor allem die Grünen, die nicht nur zweitstärkste Kraft geworden sind, sondern ihr Ergebnis sogar verdoppeln konnten. Der Wahlabend war ein Triumphzug der Grünen.

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        Für Ricarda Lang war es ein Leichtes, in der Sendung den Erfolg auszukosten. Das lag auch daran, dass kein Fürsprecher für die FDP um „Lasst-das-mal-die-Profis-machen“-Parteichef Christian Lindner noch Vertreter der AfD, die zu großen Teilen den menschgemachten Klimawandel leugnen, anwesend waren.

        Ohne große Widerworte konnte die Jura-Studentin CDU und SPD den Spiegel vorhalten und sie an ihre Verantwortung und auch den Respekt vor der jungen Generation erinnern. Nur auf die Frage, ob Deutschland innerhalb der nächsten zehn Jahre einen grünen Bundeskanzler erhalten werde, reagierte Lang verhalten: „Ob es passieren wird, kann ich Ihnen nicht sagen, es wäre natürlich meine Hoffnung.“

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