Der Wahl-Hamburger stand im Zentrum der zweiten Folge. Er plauderte über seine Zeit bei den Pfadfindern – und politische Überzeugungen.

Berlin Bevor es losgeht, muss noch angestoßen werden. Erstmal einen Ramazzotti für alle. Natürlich mit Eis und Zitrone. Genauso wie Johannes Oerding es auch immer macht, ehe er auf die Bühne geht. Rituale werden eingehalten – auch bei Vox.

In Folge zwei von „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ stand der Popsänger am Dienstagabend im Mittelpunkt. Und nachdem der erste Drink gekippt war, konnte die Sendung beginnen. Mit der Musik. Und mit einer Extraportion Lob.

Gastgeber Michael Patrick Kelly, der durch die sechste Staffel der Show führte, adelte den 37-Jährigen nicht nur. Nein, er zimmerte ihm gleich ein eigenes Musiker-Podest. Er sei ein „tierischer Live-Performer“, ein „toller Songwriter“ und natürlich ein „unfassbarer Sänger“, jubelte Kelly.

Die Musik steht im Vordergrund

Damit war die Latte hochgelegt. Für die Zuschauer, deren Erwartungshaltung geweckt war. Und für die anderen Promis, die Oerdings Stücke neu interpretieren mussten. Da es bei „Sing meinen Song“ keine Gewinner und Verlierer gibt, steht die Musik im Vordergrund – und das, was die Künstler daraus machen.

Etwa Jeanette Biedermann, Teenie-Popstar der 2000er Jahre, die „Nie wieder Alkohol“ so lustvoll neu zusammensetzte, dass es die anderen Teilnehmer nicht lange auf der Couch hielt. Alle standen sie auf und wippten mit. „Das macht sie geil“, rief Johannes Oerding, der sich mit Patrick Kelly in den Armen lag.

Ebenfalls Spuren hinterließ der belgische Singer-Songwriter Milow, der „Weiße Tauben“, einen Anti-Kriegs-Song, trotz Sprachbarriere so gefühlvoll und ausdrucksstark für sich entdeckte, dass Patrick Kelly hinterher ganz ergriffen war: „Danke für dieses Statement“.

Patrick Kelly und die Suche nach dem Heimatgefühl

Die Stärke von „Sing meinen Song“ liegt darin, dass es um nichts geht. Zumindest nicht um erste Plätze. Die Promis lümmeln sich auf einem Sofa, quatschen und covern ihre Titel gegenseitig. Interessant wird es immer dann, wenn die Künstler ins Erzählen kommen, einen wohldosierten Blick durchs Schlüsselloch gewähren und etwas von sich Preis geben.

So wie Patrick Kelly, der „Heimat“ coverte. Ein Song, der auch etwas über seine Vita verrät. „Ich kenne das Gefühl so nicht“, sagte er. Nie habe er länger als vier oder fünf Jahre an einem Ort gelebt. Erst im Glauben habe er ein Heimatgefühl für sich entdeckt. Der Auftritt rührte Oerding so sehr, dass er mit den Tränen kämpfte.

Sing meinen Song - Emotionaler Auftritt von Wincent Weiss

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    Auch Wincent Weiss versuchte, eben jenes Heimatgefühl hervor zu kitzeln, als er „Hundert Leben“ coverte. „Ein Song, der mir aus der Seele spricht“, wie er bekannte. Und den er so gut neu interpretierte, dass hinterher alle zum Gruppenkuscheln auf ihm zustürmten.

    Man muss nicht jede Version mögen. Nett anzuschauen ist es aber allemal, wie gestandene Musiker versuchen, sich gegenseitig neu aufzulegen. Und auch Johannes Oerding gefiel, was er da hörte. Als Alvaro Soler seine Version von „Kreise“ vorgetragen hatte, meinte er anerkennend: „Richtig toll, echt schön“.

    Durch Zufall entdeckte ihn ein Produzent

    Oerding nutzte den Auftritt für einen Blick zurück. Auf sein BWL-Studium, das er in Holland – später als alle anderen, wie er zugab – abgeschlossen hat und seine Zeit bei den Pfadfindern. „Am Lagerfeuer habe ich gelernt, Gitarre zu spielen“, sagte er.

    Noch heute probiere er, jedes Jahr ins Sommerlager zu fahren. Karrieretechnisch sei er ein Spätzünder gewesen: Auf einer Party habe ihn ein Produzent durch Zufall entdeckt. Über sich selbst sagt Oerding, dass er ein politischer Mensch sei. Ein Song wie „Weiße Tauben“ drücke das aus.

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    „Wenn ich die Wahl habe zwischen Humanität und Weltoffenheit auf der einen Seite und Nationalismus und Grenzen auf der anderen, weiß ich, für welche Seite ich mich entscheide“, umriss der Sänger seine Überzeugungen. Allzu ernst oder gar politisch blieb es natürlich nicht die ganze Zeit. Dafür sorgten die Party-Geschichten, die auf den ersten Blick nicht so ganz zu Oerdings nachdenklichen Songs passen.

    Oder die – auch eine mögliche Interpretation – eben doch passen, weil sie die andere Seite des Künstlers zeigen. Wir wissen jetzt, dass der Wahl-Hamburger gerne über den Kiez zieht, die Nächte in Bars verbringt. Und auch dann noch ausharrt, wenn Patrick Kelly schon längst nicht mehr kann. Das Nachtleben, sagt er, sei für ihn eine Quelle der Inspiration. Für neue Songs und neue Auftritte. Und natürlich für das dazu gehörende Ritual vorab: Ramazzotti mit Eis und Zitrone.

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