Berlin. Auch wenn der letzte Welterfolg lange her ist: Billy Joel zählt noch immer zu den meistgespielten Sängern. Nun feiert er Geburtstag.

Der einzige Mensch, der Billy Joel den runden Geburtstag jetzt noch vergällen könnte, ist Lawrence Schmidlapp. Der Bürgermeister von Centre Island will über etwas abstimmen lassen, das Amerikas bekanntestem „Piano Man“ nicht nur um „neun Uhr abends an einem Samstag“ den Weg zur Arbeit erschweren könnte.

Seit annähernd sechs Jahren besteigt der nach Elvis Presley mit 150 Millionen verkauften Tonträgern erfolgreichste Solo-Künstler weit und breit einmal im Monat einen Hubschrauber in der Nähe seines prachtvollen Anwesens in der Reichen-Enklave auf Long Island.

Eine Viertelstunde später schwebt er am Madison Square Garden in New York ein, um beständig 20.000 enthusiasmierten Fans kompositorische Kleinode wie „She’s Always a Woman“, „Just the Way You Are“, „We Didn’t Start the Fire“, „Uptown Girl“, „River Of Dreams“, „The Longest Time“ oder „Tell Her About It“ zu präsentieren. Was regelmäßig einem dreistündigen Nostalgie-Gottesdienst gleichkommt.

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Billy Joels Hubschrauber-Flüge sorgen für Protest

Während die Masse nach der letzten Zugabe dem „New York State of Mind“ noch glückstrunken an der Theke nachspürt, liegt der an diesem Donnerstag 70 Jahre alt werdende Liedermacher bereits daheim wieder bei Ehefrau Nr. 4, Alexis Roderick, und den kleinen Töchtern Remis und Della in den Federn. Dank Helikopter.

Weil Billy Joel aber bei weitem nicht der einzige Anlieger auf Centre Island ist, der die mit Bahn oder Auto zwei bis drei Stunden dauernde Anreise nach Manhattan lieber im Luft-Taxi bewältigt (1500 Dollar hin und zurück), regt sich im idyllischen Centre Island seit längerem Lärm-Protest.

Billy Joel hat seit 25 Jahren kein Lied mehr komponiert

Bürgermeister Schmidlapp will die Zahl der Hubschrauber-Starts auf 15 pro Monat beschränken lassen. Wie bitte? Nicht auszuschließen, das Billy Joel das Thema an seinem Geburtstag mit einem Augenzwinkern vertont. Sein 64. Auftritt in Folge im berühmtesten Kultur-und-Sport-Tempel Amerikas verspricht jedenfalls ein besonderer Glücksmoment zu werden.

Vor allem für jene, die im ausverkauften Haus Fernrohr-Tickets der billigeren Kategorien ergattert haben. Joels Emissäre holen sie regelmäßig in die frei gehaltenen ersten Reihen vor der Bühne, wo selten etwas unter 700 Dollar zu bekommen ist.

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Von dort aus bietet sich der Blick auf einen kleinen Mann mit naturtraurigen Augen, der sich in die Unsterblichkeit musiziert hat, obwohl er seit einem Vierteljahrhundert kein einziges Lied komponiert hat. Warum? Weil das Klavier, wie er einmal in einem Interview sagte, für ihn manchmal einem „schwarzen Ungeheuer mit 88 Zähnen“ gleicht, „das nach meinen Fingern beißt“.

Billy Joels Dämonen haben ihren Ursprung auch in Deutschland

Depressionen. Alkoholsucht. Selbstmordversuche. Drei Scheidungen – Billy Joels Leben ist übervoll mit horrenden Abfahrten. Auf die stets neue Aufstiege folgten.

Auf der Suche nach dem Ursprung seiner Dämonen kommt man an Deutschland nicht vorbei. „Mein Leben verdanke ich den Nazis“, sagte Joel einmal. Was sarkastisch und todtraurig ist. Und ebenso wahr.

Joels Vater Helmut flüchtete 1939 in die USA

Großvater Karl Joel, ein jüdischer Industrieller, besaß in Nürnberg einen florierenden Versandhandel für Textilien. Im Zuge der Arisierungspolitik wurde das Geschäft dem katholischen Kaufmann Josef Neckermann zugeschlagen, der auf fremderleuts Fundament sein späteres Imperium gründete.

Joels Vater Helmut gelang 1939 mit den Eltern die Flucht vor Hitlers Schergen. Über Zwischenstationen in England und Kuba landete man in den USA. Helmut Joel nahm den Vornamen Howard an, kehrte als US-Soldat nach Deutschland zurück und war Teil jener Einheit, die das KZ Dachau befreite.

1946 heiratete er Rosalind, Tochter einer englisch-jüdischen Familie mit polnischen Wurzeln. Am 9. Mai 1949 kam William Martin „Billy“ Joel im New Yorker Stadtteil Bronx zur Welt.

Billy Joels Karriere begann am Klavier einer Bar

Bei seinen ersten Konzerten in Deutschland in den 70er-Jahren spürte Joel tiefe Beklommenheit. Heute bezeichnet er sich als Freund der Deutschen, Liebhaber bayrischen Essens und der Arbeit von Komponisten wie Bach, Händel, Beethoven und Schumann.

Nach Schulabbruch (mit 15), Gelegenheitsjobs, Gastspielen in Rockbands und psychischen Sturzflügen heuerte Joel als Therapeut am Klavier in einer Bar in Los Angeles an. Ein Glücksgriff.

Billy Joel peilt Weltrekord an

1973 gelang ihm mit „Piano Man“ der Durchbruch. Und ein Jahrtausendsong. Der Rest ist Allgemeingut und fester Bestandteil des Songbooks der USA. Vor allem „All About Soul“. Und „And So It Goes“. Und „Movin’ Out“.

Apropos: Billy Joel denkt nicht ans Aufhören. Im November spielt er im Madison Square Garden sein 70. Konzert ihn Folge. Weltrekord. Wenn der Helikopter starten darf.

(Dirk Hautkapp)