Berlin. Lesen und schreiben ist für Millionen Deutsche schwierig. Auch viele Muttersprachler tun sich schwer. Aber: Es gibt Grund zur Hoffnung.

Es sind wahrscheinlich gute Nachrichten, dass Sie es bis hierhin geschafft haben. Denn das bedeutet, dass Sie zumindest halbwegs flüssig lesen können. Das ist bei weitem keine Selbstverständlichkeit. Denn: Millionen Erwachsene können nicht richtig Deutsch lesen und schreiben. Das wurde für die „LEO-Studie“ ermittelt.

Dabei sind diejenigen, die sich schwer damit tun, selbst einfache Texte zu lesen, nicht nur jene, die Deutsch als Fremdsprache erst lernen mussten. Auch viele, die hier geboren und mit der Sprache aufgewachsen sind, haben Probleme. Die Studie sieht bei 6,2 Millionen Deutschen erhebliche Lese- und Schreibmängel.

52,6 Prozent der Menschen, die sich schwer tun, sind Menschen mit Deutsch als Muttersprache, geht aus der vom Bundesbildungsministerium in Auftrag gegeben Studie hervor, aus der zuerst die Deutsche Presse-Agentur berichtete.

Probleme mit Lesen und Schreiben: Nicht nur Fremdsprachler mit Mängeln

47,4 Prozent derer, die nicht richtig Deutsch schreiben und lesen können, haben einen Migrationshintergrund und als erstes eine andere Sprache gelernt als Deutsch. Von diesen 2,9 Millionen Menschen sind knapp 78 Prozent nach eigenen Angaben in der Lage, in ihrer Muttersprache anspruchsvolle Texte zu lesen und zu schreiben.

Insgesamt haben 7,3 Prozent aller Erwachsenen mit Deutsch als erster Sprache laut der Studie nur geringe Lese- und Schreibfähigkeiten. Von den Personen mit einer anderen Herkunftssprache sind es aber mit 42,6 Prozent naheliegenderweise anteilsmäßig weit mehr, die schlecht Deutsch lesen und schreiben können.

Rechtschreibschwäche: Zahlen gehen leicht zurück

2011 hatten insgesamt noch 7,5 Millionen Menschen nur geringe Lese- und Schreibfähigkeiten - also etwa 1,3 Millionen mehr. Zu dieser Kategorie gehören all jene, die einzelne Sätze lesen oder schreiben können, aber keine zusammenhängenden Texte verstehen, auch keine kürzeren. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) nannte den Rückgang einen „Erfolg für unser Bildungssystem“, wie sie der dpa sagte.

Die Anteile der schriftsprachlich Geringqualifizierten bei Menschen jeweils mit Deutsch und mit anderen Sprachen als Muttersprache haben sich gegenüber der Vorgängerstudie nicht deutlich geändert. 62,3 Prozent der Betroffenen sind laut der Studie trotz ihrer Lese- und Schreibschwäche erwerbstätig. Mehr als jeder Fünfte hat keinen Schulabschluss, weitere zwei Fünftel haben nur einen geringen.

Der Chef des Deutschen Lehrerverbandes hat kürzlich zunehmende Probleme bei Schülern mit dem Lesern attestiert – und einen Verantwortlichen gefunden: Leseschwäche wegen WhatsApp und SMS? Das sagt der Experte.

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Mehr Menschen verstehen zusammenhängende Texte – auch, wenn sie schlecht lesen

Auch bei jenen Erwachsenen, die zwar zusammenhängende Texte verstehen, aber dennoch nicht gut lesen und nur sehr fehlerhaft schreiben können, gab es einen Fortschritt. Hier verringerte sich die Anzahl von 13,4 Millionen im Jahr 2011 auf nun 10,6 Millionen Menschen.

Enttabuisierung von Lese- und Schreibschwäche sowie mehr und bessere Angebote zum Lernen spielen laut Ministerium eine Rolle beim Rückgang der Zahlen. Studienautorin Anke Grotlüschen sagte der dpa zudem, die Fortschritte gingen mit besseren Schulabschlüssen und einer höheren Erwerbsbeteiligung einher.

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Für die Studie wurden im Sommer 2018 rund 7200 Deutsch sprechende Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren befragt. Für die Befragung mussten die Menschen ausreichend Deutsch sprechen, um einer etwa einstündigen Befragung folgen zu können.

Karliczek sagte trotz der Fortschritte: «Politik und Gesellschaft dürfen aber nicht nachlassen.» Gerade Erwachsene koste es oft viel Überwindung, sich dem Problem der Lese- und Schreibschwierigkeiten zu stellen. Stärker beachtet werden müssten Menschen mit Migrationshintergrund.