Essen. Salvador Sobral gewann erst den ESC und bekam dann ein neues Herz. Ein Gespräch übers Leben, fröhliche Musik und betrunkene Deutsche.

Vor zwei Jahren siegte der Portugiese Salvador Sobral mit „Amar Pelos Dois“ haushoch beim Eurovision Song Contest (ESC). Doch schon bei seinem Auftritt damals war er schwer herzkrank. Zwischenzeitlich hatte der junge Mann schon fast mit dem Leben abgeschlossen und sich von seinen Fans verabschiedet. Doch dann die Rettung: Sobral bekam ein Spenderherz.

Seitdem ist der 29-Jährige sichtlich aufgeblüht, und auch die sehr vielschichtige Musik seines neuen Albums „Paris, Lisboa“ klingt deutlich lebensfreudiger als bislang von ihm gewohnt. An diesem Dienstag (20 Uhr) tritt er in der Essener Lichtburg auf.

Herr Sobral, endlich hindert Sie die Gesundheit nicht mehr daran, auf Tournee zu gehen. Haben Sie Nachholbedarf?

Salvador Sobral: Oh Mann, und wie! Gerade erst bin ich in Macau gewesen und habe dort mein erstes Konzert in Asien überhaupt gespielt. Und jetzt komme ich zu euch. Das kann nur toll werden, denn mit den Deutschen bin ich schon wirklich gut vertraut.

Wie das?

Sobral: Als Student – ich habe Psychologie in Lissabon studiert – habe ich eine Zeit lang auf Mallorca gelebt und dort in den Bars und Kneipen gesungen. Vor Deutschen, genauer gesagt, vor betrunkenen Deutschen. Manchmal auch vor sehr betrunkenen Deutschen. Das hat irre viel Spaß gemacht, wirklich.

Ende 2017 haben Sie ein neues Herz bekommen. Wie hat sich das angefühlt?

Sobral: Wie eine Wiedergeburt. Und seien wir ehrlich, es war tatsächlich eine Wiedergeburt. Meine Transplantation war nicht frei von Komplikationen, monatelang war es ein Auf und Ab. Ich danke allen so sehr, meinen Ärzten, meiner Familie, meiner Frau. Ich habe eine zweite Chance bekommen. Ich kann wieder leben. Und ich will es nicht vermasseln.

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Wie passen Sie auf sich auf?

Sobral: Ich esse gut und schlafe viel. Und ich gehe regelmäßig ins Krankenhaus, um mich untersuchen zu lassen, ob das neue Herz auch so läuft, wie es soll. Vor diesen Untersuchungen bin ich immer etwas ängstlich, doch ansonsten bin ich vollkommen glücklich.

Wie hat sich das Leben mit dem neuen Herz verändert?

Sobral: Ich fühle mich viel stärker und kann auch wieder Sport machen. Zweimal pro Woche spiele ich Fußball. Das durfte ich zehn Jahre lang nicht, weil mein Herz schon lange zu schwach war. Es war der Wahnsinn, im September letzten Jahres endlich wieder gegen einen Ball treten zu können. Vor der Operation konnte ich nicht einmal mehr die Treppe hochgehen.

Anfang des Jahres haben Sie Ihre langjährige Freundin, die französische Schauspielerin, Jenna Thiam geheiratet. Hat die Ehe Ihr Leben verändert?

Sobral: Nein, gar nicht. Wir waren ja vorher schon lange zusammen. Jenna war in der schweren Zeit stets bei mir.

Ihr neues Album heißt „Paris, Lisboa“. Was steckt hinter dem Titel?

Sobral: Paris und Lissabon sind die zwei Städte, die mir am nächsten sind. Meine Frau kommt aus Paris, wir sind lange gependelt, ich war sehr oft dort, deshalb ist mir Paris auch emotional sehr wichtig. Und in Lissabon bin ich geboren. Eine schönere Stadt gibt es für mich nicht auf der Welt. Außerdem bin ich ein großer Filmfan, der Titel ist auch eine Verbeugung vor Wim Wenders und seinem tollen Film „Paris, Texas“.

Viele Hörer werden überrascht sein.

Sobral: Ja, meine Musik ist nicht so ruhig, wie alle denken. Die meisten Menschen kennen mich als den zerbrechlichen Jungen mit der traurigen Ballade „Amar Pelos Dois“, als den Vogel, der vor zwei Jahren den ESC gewonnen hat. Ich will zeigen, dass ich noch mehr zu bieten habe. Ich bin nicht immer nur traurig, und meine Musik ist es erst recht nicht.

Am 18. Mai ist wieder Eurovision Song Contest, dieses Mal in Tel Aviv. Werden Sie dort sein?

Sobral: Nein, ganz bestimmt nicht. Meine Geschichte mit dem ESC endete vor einem Jahr, als ich noch einmal in Lissabon auftrat, als Sieger des vorangegangenen Jahres. Das stand so im Vertrag. Jetzt mache ich als Musiker weiter, nicht als Prominenter.

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(Steffen Rüth)