Berlin. Eine Mutter verprügelt ihren Sohn, steckt ihn in Müllsäcke. Die Horror-Erlebnisse werden ihn für immer prägen. Sie muss ins Gefängnis.

Er musste Müllsäcke als Kleidung tragen, musste auf dem Boden schlafen – und wurde heftig verprügelt. Weinte ein heute 18-Jähriger, zwang ihn seine Mutter, sein Gesicht zu verdecken, weil er sie an seinen Erzeuger erinnerte. Vor Gericht wurde eine 37-Jährige aus Emsbüren zu einer fast vierjährigen Haftstrafe verurteilt – mit dem Elend, dass sie ihm zugeführt hat, wird ihr Sohn noch lange kämpfen. Wahrscheinlich für immer.

Verhandelt wurde in Osnabrück der Fall der Mutter, die ihren Sohn massiv demütigte, ihm mit menschenverachtenden Strafen das Leben zur Hölle machte. Auch der Stiefvater wurde verwarnt. Weil er zwar nicht beteiligt war – aber auch mutmaßlich die Augen verschloss, weil seine Partnerin ihm mit der Trennung drohte. Er muss 2000 Euro zahlen.

Die Kammer ist nach Angaben eines Gerichtssprechers vom Mittwoch davon überzeugt, dass die 38-Jährige zwischen 2015 und 2017 ihren Sohn verprügelte, ihm nur einmal täglich abends etwas zu Essen gab und er nicht am Familienleben teilnehmen durfte.

Mutter empfand Sohn als „auffällig“ – und bestrafte ihn radikal

„Zu Hause durfte er nur Müllsäcke tragen, also keine Kleidung“, sagt der Sprecher. Das Urteil für die Mutter lautet auf Misshandlung Schutzbefohlener in besonders schwerem Fall. Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre Haft für die Frau verlangt.

Ein Großteil des Prozesses fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. „Die Frau war nach Ansicht des Gerichts überfordert mit der Erziehung“, sagte der Sprecher. Sie sei schwanger gewesen und habe das Ungeborene vor ihrem „auffälligen Sohn“ schützen wollen.

Das Gericht berichtet davon, dass das Kind mit Suppenkellen, Besen und Kühlelementen traktiert worden war, die Mutter den Kopf gegen die Wand schlug. In seinem kargen Zimmer habe er auf dem Boden schlafen müssen. Schaute die Familie Fernsehen, musste er von außen die Klinke der Wohnzimmertür nach unten drücken, damit er nicht mitgucken konnte, die Mutter aber wusste, dass er da war.

Wie in einem Horrorfilm: Eltern hielten 13 zum Teil gefesellte Geschwister gefangen

Stiefschwester sorgte für Bekanntwerden der unvorstellbaren Taten

Herausgekommen war der Missbrauch, als eine Stiefschwester des Opfers aus dem Emsland heimlich Ton- und Bildaufnahmen der Übergriffe gemacht und diese ihrem Freund gezeigt hatte, der seine Eltern informierte. Diese meldeten sich beim Jugendamt, das sofort Untersuchungen einleitete.

Durch die Misshandlung kam es, wie die Vorsitzende in der mündlichen Urteilsbegründung ausführte, nach Überzeugung der Kammer zu erheblichen psychischen Schädigungen, die eine langjährige Therapie erforderlich machen. „Nach außen jedoch hatte, wie die Vorsitzende weiter ausführte, die Mutter des Geschädigten nach Überzeugung der Kammer ein System der Abschottung und der bewussten Täuschung errichtet“, teilte das Gericht mit.

„So sei auch zu erklären, dass die Misshandlung trotz mehrfacher Hilfsangebote des Jugendamtes so lange unentdeckt blieb“, so der Sprecher. (ses/dpa)