Krefeld. Ein 61-jähriger Heilpraktiker soll in NRW für den Tod von drei Krebskranken verantwortlich sein. Ab Freitag steht er vor Gericht.
Er soll durch Fahrlässigkeit drei Krebskranke getötet haben: Ein Heilpraktiker aus dem nordrhein-westfälischen Moers steht ab Freitag in Krefeld vor Gericht. Laut Anklage hat der Mann seinen schwerkranken Patienten im Rahmen einer alternativen Krebstherapie viel zu hoch dosierte Infusionen verabreicht.
Neben fahrlässiger Tötung in drei Fällen ist der 61-Jährige auch wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz angeklagt. Bisher soll der Heilpraktiker die Vorwürfe bestritten haben. Es wird erwartet, dass sich der Angeklagte beim Prozessauftakt am Freitag äußert. Für den Prozess sind zehn Verhandlungstage bis Ende Juni angesetzt.
Heilpraktiker soll Fehler beim Abwiegen eines Wirkstoffs gemacht haben
Laut Anklage hatte der Mann eine ungeeignete Waage benutzt und den Wirkstoff für seine Patienten um das Drei- bis Sechsfache zu hoch dosiert. Zwei Frauen und ein Mann starben wenige Tage nach der Behandlung. Bei einer vierten Patientin war die Therapie nach der ersten Infusion abgebrochen worden.
Der Heilpraktiker hatte Krebspatienten mit dem Wirkstoff 3-Bromopyruvat (3-BP) behandelt. Dieser war 2016 nicht als Arzneimittel zugelassen worden, eine Anwendung wurde aber nicht grundsätzlich verboten. Der Stoff wird eingesetzt, um Krebszellen absterben zu lassen.
Allerdings kann bereits eine geringe Überdosierung des Stoffs tödliche Nebenwirkungen auslösen, so die Staatsanwaltschaft. Insgesamt hatten die Ermittler rund 70 Todesfälle untersucht. Die Praxis in Brüggen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet wurde vor allem von niederländischen Patienten aufgesucht.
Methoden von Heilpraktikern oft umstritten
Heilpraktiker ist in Deutschland eine geschützte Berufsbezeichnung. Sie gilt für Menschen, die mit staatlicher Erlaubnis Heilkunde ausüben dürfen. Sie unterliegen dabei dem deutschen Heilpraktikergesetz von 1939, das zuletzt 2016 geändert worden war. Heilpraktiker müssen mindestens 25 Jahre alt sein und werden vom Gesundheitsamt überprüft.
Vom Arzt unterscheidet den Heilpraktiker, dass eine bestimmte Ausbildung nicht vorgeschrieben ist und dass er weniger Befugnisse hat. Heilpraktiker dürfen zum Beispiel keine Medikamente verschreiben oder Geburtshilfe leisten. Nach Angaben des Bundes Deutscher Heilpraktiker arbeiten rund 47.000 Menschen in Deutschland als Heilpraktiker. Sie behandeln täglich rund 128.000 Patienten.
Die Methoden von Heilpraktikern sind vielseitig, und sie sind oft umstritten: Ihre Wirkung ist wissenschaftlich meist nicht belegt. In der Regel werden die Behandlungen von den Krankenkassen nicht bezahlt.
Patientenschützer fordern Reform der Heilpraktiker-Ausbildung
Die Stiftung Patientenschutz fordert eine Reform der Heilpraktiker-Ausbildung. Es fehle weiterhin an bundesweit einheitlichen Standards. Deshalb könnten Patienten kaum zwischen seriösen und unseriösen Anbietern unterscheiden. „Es darf nicht sein, dass es in Deutschland weiterhin einfacher ist, Heilpraktiker zu werden als Krankenpfleger“, so Stiftungsvorstand Eugen Brysch. (dpa/moi)