Berlin. In Würzburg wurde eine Kindertagesstätte durchsucht. Der Grund: Kinderpornografie. Zwei Männer wurden festgenommen, einer ist wieder frei.

In Würzburg hat sich der Verdacht gegen einen festgenommenen Mann wegen der Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie erhärtet. Die Staatsanwaltschaft beantragte am Donnerstag Haftbefehl.

Der zunächst ebenfalls festgenommene Partner des Mannes, der stellvertretende Leiter einer durchsuchten evangelischen Kita, habe von alledem wohl nichts gewusst, sagte Oberstaatsanwalt Christian Schorr von der Zentralstelle Cybercrime bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg. Die Staatsanwaltschaft prüft noch, ob der Mann die Kinder selbst missbrauchte.

Das Ausmaß des Missbrauchs ist noch unklar. Laut Oberstaatsanwalt Schorr geht es um eine dreistellige Zahl von Foto- und Videoaufnahmen. Die Ermittler wissen aber noch nicht, wie viele Kinder betroffen sind. Es handele sich um „sehr junge Kinder“. Mädchen seien nicht dabei.

Ursula von der Leyen besuchte Kita

Auf den sichergestellten Bildern seien nicht nur anzügliche Posen zu sehen. „Es werden tatsächlich sexuelle Handlungen gezeigt“, sagte Schorr. Und: „Wir gehen schon davon aus, dass es ein Geschehen ist, das sich über mehrere Jahre hingezogen hat.“

Am Mittwoch waren im Zusammenhang mit den Ermittlungen mehrere Objekte in Würzburg durchsucht worden. Beteiligt waren neben der Kripo Würzburg und der Zentralstelle Cybercrime auch die Bereitschaftspolizei, ein Spezialeinsatzkommando, Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) sowie die Polizeiinspektion Cloppenburg/Vechta, wie die Ermittler mitteilten.

Die Generalstaatsanwaltschaft sprach zunächst nur von einem „Bezug“ eines der Tatverdächtigen zu einer Kindertagesstätte im Würzburger Stadtteil Heuchelhof, weshalb man auch die dortige Kita durchsucht habe. Die Kita-Leitung wurde entsprechend informiert, Polizeibeamte standen am Donnerstag laut Polizei „höchstvorsorglich“ den Eltern und dem Personal als Ansprechpartner zur Verfügung.

Die durchsuchte Kita war laut einem Bericht der „Main Post“ (Bezahlinhalt) von Bundesministerin Ursula von der Leyen besucht und gelobt worden, Eine langjährige Leiterin habe sogar die Verdienstmedaille der Bundesrepublik erhalten.

Kinderpornografie-Vorwurf: Haftbefehl gegen einen Verdächtigen beantragt

Inzwischen sind sich die Ermittler sicher, dass das Paar das kinderpornografische Material nicht zusammen hergestellt und im sogenannten Darknet verbreitet hat, sondern nur der Partner des stellvertretenden Kita-Leiters.

Der Mann ist als Logopäde mit eigener Praxis tätig und bietet etwa in Kooperation mit Sportvereinen auch Kinderturnen an. Sein Partner wurde am Donnerstag wieder auf freien Fuß gesetzt, da sich der „dringende Tatverdacht“ gegen ihn nicht erhärtet habe.

Das evangelische Dekanat Würzburg zeigte sich in einer ersten Stellungnahme zu den Vorkommnissen „schockiert und sehr bestürzt“. Alle Beteiligten – Pfarrer, Leitung und Personal – arbeiteten eng mit der Polizei und den Behörden zusammen. Da sich die Ermittlungen nicht gegen die Einrichtung richteten, bleibe die Kindertagesstätte auch weiter geöffnet. Man tue alles, um die Ermittlungen zu unterstützen. Die Kita gilt mit ihrer integrativen Ausrichtung für Kinder mit und ohne Behinderung als Vorzeige-Einrichtung in der Stadt.

Das Wichtigste in Kürze:

• In Würzburg sind zehn verschiedene Gebäude, darunter eine Kindertagesstätte, durchsucht worden

• Die Polizei geht dem Verdacht der Herstellung und Verbreitung von kinderpornografischem Material nach

• Zwei Männer wurden festgenommen

• Ein Mann wurde später wieder freigelassen, gegen den anderen wurde Haftbefehl erlassen

Die Behörden waren dem Logopäden im Rahmen eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens zur Verbreitung von kinderpornografischem Material im Darknet auf die Spur gekommen. Medienberichten zufolge gehen die Ermittler davon aus, dass sich die Taten des Verdächtigen über mehrere Jahre erstrecken. (les/dpa)

Jüngste Fälle von Kinderpornografie:

• Schon Grundschüler verbreiten Pornos von Gleichaltrigen. Die Zahl der Anzeigen gegen unter 14-Jährige steigt. Könnte Handy-Verbot die Lösung sein, wenn Kinderpornos in Klasse-Chats verbreitet werden?

• Zuletzt hatte ein Missbrauchsskandal im westfälischen Lügde für Aufsehen gesorgt. Dort stieg die Zahl der bekannten Opfer jüngst auf 34 an, ein Beamter wurde suspendiert.

• Erst am Mittwoch wurde bekannt, dass ein Schüler Kinderpornografie per WhatsApp in Essen verschickt haben soll.

• Die Betreiber der Kinderporno-Plattform „Elysium“ wurden Anfang März verurteilt.

(dpa/tki/les)