Bristol/London. Wissenschaftler aus Bristol haben das Geheimnis um das Fellmuster von Zebras gelüftet. Es bringt ihn einen Vorteil gegenüber Pferden.

Genervte Eltern können aufatmen. Zumindest auf eine Frage ihrer wissensdurstigen Kinder haben sie jetzt eine Antwort parat: Warum haben Zebras Streifen? Nein, nicht, weil Zebras damit ihre Körpertemperatur besser kontrollieren können, wie eine frühere Hypothese lautete, die mittlerweile widerlegt ist. Und auch nicht zum Zweck der Tarnung vor Raubtieren, wie noch Charles Darwin vermutet hatte.

Jetzt haben Forscher der Universität von Bristol herausgefunden: Mit ihren Streifen halten sich Zebras Fliegen, genauer gesagt: lästige Bremsen vom Leib.

Als Zebras (Hippotigris) werden die drei Arten Grevyzebra (Equus grevyi), Bergzebra (Equus zebra) und Steppenzebra (Equus quagga) aus der Gattung der Pferde (Equus) bezeichnet. Sie sind besonders durch ihr schwarz-weißes Streifenmuster gekennzeichnet. Alle Vertreter der Zebras kommen ausschließlich in Afrika vor, wo sie zumeist offene Landschaften bewohnen.

Bremsen landen deutlich seltener auf Zebras als auf Pferden

Martin How und Tim Caro haben mit ihren Studenten ein Experiment gemacht. Auf einer Farm in der Nähe von Bristol haben sie neun Hauspferde und drei Zebras mit Videokameras gefilmt und gezählt, wie oft sie von Bremsen belästigt und gestochen wurden. Dabei stellte sich heraus, dass einerseits Zebras zwar genau so oft wie Pferde von Insekten angeflogen werden, dass andererseits aber eine signifikant geringere Anzahl von Blutsaugern auch auf den afrikanischen Huftieren landen.

Ein Pferd im Zebra-Kleid: So funktioniert der Insektenschutz auch für Pferde.
Ein Pferd im Zebra-Kleid: So funktioniert der Insektenschutz auch für Pferde. © Reuters | Handout

Um auszuschließen, dass nicht etwa der unterschiedliche Geruch der jeweiligen Tiere eine Rolle spielt, wurden den Pferden Zebra-Kostüme übergestreift. Auch hier konnten die Forscher feststellen: Deutlich weniger Bremsen landen auf den streifen-bewehrten Tieren.

Martin How sieht in der geringen Auflösung des Sehvermögens der Insekten einen möglichen Grund. „Von einer Distanz aus mehr als zwei Metern“, sagt der Biologe, „sieht für sie ein Zebra genau wie ein graues Pferd aus – sie würden die Streifen gar nicht sehen.“ Das würde erklären, warum die Blutsauger die afrikanischen Pferde genauso oft anfliegen wie die europäischen Kollegen.

Streifen überraschen Insekten und stört sie bei der Landung

Doch sobald die Bremsen den Tieren näher kommen gibt es einen auffallenden Unterschied im Verhalten. Bei einfarbigen Hauspferden drosseln die Bremsen ihre Geschwindigkeit und setzen sicher auf deren Fell auf. Sobald Streifen ins Spiel kommen, ist das anders, weil sie die visuelle Wahrnehmung in den letzten Momenten vor der Landung stören.

Dann rasten die Bremsen entweder am Tier vorbei oder prallten mit voller Geschwindigkeit ins Fell. Die für die Insekten „plötzliche Offenbarung“ der Streifen, erklärt How, würde sie überraschen, vom Kurs abbringen und die Landefähigkeit beeinträchtigen.

Pferdebremsen verbreiten gefährliche Krankheiten

Pferdebremsen im heißen Klima Afrikas, so Martin How weiter, verbreiten ziemlich gefährliche Krankheitskeime. Die Evolution habe Tiere bevorteilt, die weniger krank und deshalb fitter für die Fortpflanzung waren. So ließe sich die Streifenbildung bei Zebras entwicklungsgeschichtlich erklären: ein natürlicher Insektenschutz.

Andere Studien haben übrigens belegt, dass der Effekt auch bei Menschen funktioniert. Ureinwohner in Australien oder in Afrika bemalen sich gerne mit hellen Streifen. Ein Feldexperiment von ungarischen Wissenschaftlern fand heraus, dass eine gestreifte Plastikpuppe nur halb so viele Pferdebremsen anzog wie eine Puppe mit heller Hautfarbe und sogar zehnmal weniger als bei dunkler Hautfarbe. Damit haben Eltern noch eine weitere praktische Nutzanwendung: Sie können ihren Kindern im Sommer gestreifte T-Shirts tragen lassen zwecks Mückenschutz.