Berlin. Berufsbetreuer können in Grundrechte eingreifen, kontrolliert werden sie nicht. Wie entkommt man dem Betrug, fragte „Maischberger“.

„Berufsbetreuerin soll Klienten ausgenommen haben“, „Betreuer fälscht Vorsorgevollmacht“, „Hilfspfleger soll sechs Senioren tot gespritzt haben“. Wer solche Schlagzeilen liest, kann sich nur fürchten vor perfiden Betrugsmethoden, die bei der Betreuung von Hilfsbedürftigen inzwischen an der Tagesordnung zu sein scheinen.

Dem alarmierenden Tenor schloss sich am Mittwochabend auch der neueste „Maischberger“-Talk an. Thema der Sendung: „Die Betreuungsfalle: hilflos, ausgenutzt, betrogen?“

Denn: Immer wieder würden sich Betreuer Vorsorgevollmachten erschleichen und sich Zugang zum Vermögen von älteren Menschen verschaffen.

„Maischberger“: Wütende Kommentare schon vor der Sendung

Dass das Talk-Thema mit einem Fragezeichen versehen war, um dem auf Publikumswirksamkeit getrimmten Titel einen seriöseren Anstrich zu geben, half wenig. Schon Stunden vor Beginn des Talks sammelten sich wütende Kommentare auf der Website der Sendung.

http://Skandale_und_Gäste-Rankings-_Diese_fünf_Dinge_muss_man_über_Polit-Talkshows_wissen

weitere Videos

    „Ich arbeite als Berufsbetreuerin und finde es schlimm, dass der Titel so tendenziös-marktschreierisch ist“, schrieb eine Zuschauerin. Der Beruf sei verantwortungsvoll und anstrengend. Ein anderer Kommentar monierte, hier werde leider mit pauschalen Unterstellungen auf Quotenfang gegangen.

    „Maischberger“: Es hätte ein guter Talk werden können

    Als Talk-Gäste geladen hatte Sandra Maischberger Betroffene und deren Angehörige sowie unter anderen auch eine Berufsbetreuerin und eine mit dem Thema Betrug in der Betreuung vertraute Kriminaloberkommissarin. Keine schlechten Voraussetzungen für eine interessante und informative Diskussion. Eigentlich.

    Miese Bezahlung, prekäre Arbeitsbedingungen

    In der Sendung
    In der Sendung "Die Betreuungsfalle: hilflos, ausgenutzt, betrogen?" diskutierten Betroffene und Betreuer. © WDR/Max Kohr | WDR/Max Kohr

    Schließlich werden immer mehr Menschen pflegebedürftig und können nicht mehr eigenständig über ihr Leben entscheiden. Wenn nicht die Angehörigen die Betreuung übernehmen, teilen Gerichte einen Berufsbetreuer zu.

    Wie wichtig das in einer zunehmend alternden Gesellschaft ist, zeigen die Zahlen: Mehr als 1,3 Millionen Menschen in Deutschland werden laut dem Bundesverband der Berufsbetreuer/innen e.V. rechtlich betreut – ein großer Teil von gesetzlich gestellten Betreuern.

    Wäre es da nicht sinnvoll zu erwähnen, welche Rechte und Pflichten Berufsbetreuer haben und wer sie einsetzt? Und dass der Stundensatz der geschätzt 11.000 in diesem Beruf Tätigen in Deutschland seit Langem unverändert ist – bei zunehmend prekären Arbeitsbedingungen?

    So prekär, dass das Justizministerium 2018 einen Diskussionsprozess dazu initiierte. Ein Gesetzentwurf von Justizministerin Katarina Barley schlägt nun eine 17-prozentige Vergütungserhöhung vor – nach 14 Jahren ohne Anpassung.

    Eine jahrelang Zwangsbetreute erzählt

    Von all dem kein Wort. Stattdessen sprach Maischberger zum Einstieg der Sendung eine geschlagene Viertelstunde mit der NDR-Moderatorin Bettina Tietjen über die schwierige Auseinandersetzung mit deren demenzkranken Vater – eine persönliche Geschichte ohne nennenswerten Erkenntnisgewinn.

    Anschließend kamen die wirklich frappierenden Fälle zu Wort. Die 72-jährige Christa Lange berichtete, wie sie nach einer fälschlichen Demenz-Diagnose im Pflegeheim landete und vom Amtsgericht eine gesetzliche Betreuerin erhielt, die Langes gesamtes Hab und Gut veräußerte.

    Danach schilderte Harry Hartwig, wie sein dementer Vater Opfer einer vermutlich betrügerischen Betreuerin wurde, die mithilfe einer Vorsorgevollmacht dessen gesamtes Vermögen beiseite schaffte.

    Unterschiedliche Fälle sorgten eher für Verwirrung

    Hier verlor sich die Gesprächsrunde jedoch in einer missverständlichen und wirren Diskussion. Die Fälle wurden nicht verständlich voneinander abgegrenzt, es ging einiges durcheinander. Zumindest kam der Zuschauer nicht ganz mit.

    Gut, dass zumindest ein Gast selbst aus der Branche kam und für etwas Aufklärung sorgte.

    „Maischberger“ – Die letzten Sendungen

    • „Maischberger“ zu Abgas-Werten: Umwelthilfe ist die Dumme

    • „Maischberger“: AKK mag Queen lieber als Helene Fischer

    Berufsbetreuerin Andrea Schwin-Haumesser erklärte, warum und unter welchen Bedingungen Berufsbetreuer den Besitz eines Schutzbefohlenen veräußern dürfen. Aber auch sie forderte, dass rechtliche Betreuung einen geregelten Zugang bekommen müsse, damit nicht jeder Betreuer werden kann.

    „Betreuer können in Grundrechte eingreifen, ohne kontrolliert zu werden“, warnte sie. „Aber es gibt niemanden, der die Arbeit der Berufsbetreuer inhaltlich kontrolliert.“

    Im besten Fall nimmt Sandra Maischberger diese Feststellung als Inspiration für eine Fortsetzung der Diskussion. Dann aber bitte auch mit Gästen aus Politik und Justiz.

    Hier finden Sie die aktuelle Ausgabe von „Maischberger“ in der ARD-Mediathek.