Berlin . Wölfe in Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben Nutztiere wie Schafe, Pferde und Rinder gerissen. Wie kann das verhindert werden?

Nach dem Auftauchen von Wölfen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein wächst bei Schäfern und Behörden die Sorge vor den Raubtieren. Die zuständigen Behörden haben eine Ausnahmegenehmigung für den Abschuss von zwei Tieren erteilt.

Der Leitrüde (GW717m) des Rodewalder Rudels im niedersächsischen Landkreis Nienburg hat zahlreiche Nutztiere getötet, darunter sogar Pferde und Rinder, die Wogen schlagen hoch. Das Umweltministerium hat nun eine Ausnahmegenehmigung für einen Abschuss von GW717m erwirkt, erteilt hat sie der Landesbetrieb NLWKN. In Schleswig-Holstein soll Rüde GW924m getötet werden.

Ebenfalls in Schleswig-Holstein wächst die Sorge vor einem Rüden mit der Bezeichnung GW900. Er ist aus Dänemark eingewandert und reißt seitdem nahezu jede Nacht Schafe, meist im Kreis Dithmarschen, wie das „Hamburger Abendblatt“ berichtet. Als Reaktion darauf will der Kieler Umweltminister Jan Philipp Al­brecht (Grüne) sogenannte „Wolfspräventionsgebiete“ ausweisen und Schafsweiden einzäunen lassen.

Welche Handhabe haben die Behörden noch, um die Gefahr einzudämmen? In Deutschland gelten klare gesetzliche Regelungen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wann darf ein Wolf geschossen werden?

Wölfe sind in Deutschland streng geschützt. Außer dem Bundesnaturschutzgesetz ist das auch in EU-Vorgaben geregelt. Die Tiere dürfen in Deutschland nicht gejagt werden. Eine Abschussgenehmigung kann aber im Ausnahmefall nach Paragraf 45 des Bundesnaturschutzgesetzes erteilt werden.

Bestimmte Tiere dürfen dann getötet werden, wenn von ihnen eine Gefahr für den Menschen ausgeht oder erheblicher wirtschaftlicher Schaden durch sie zu erwarten ist. Immer wieder werden Wölfe auch illegal getötet. Im Landkreis Celle ist im vergangenen Jahr zum Beispiel eine junge Wölfin mit 18 Schrotkugeln getötet worden.

Welche Möglichkeiten zum Schutz gibt es noch?

Die sogenannte Esel-Methode: Esel können mit ihren Schreien Beutegreifer wie Wölfe verjagen.
Die sogenannte Esel-Methode: Esel können mit ihren Schreien Beutegreifer wie Wölfe verjagen. © imago

Immer wieder diskutiert wird auch die sogenannte Esel-Methode. „Generell lassen sich Esel ohne spezielles Training als Herdenschutztiere einsetzen, da ihre Schutzwirkung auf der besonders hohen Aufmerksamkeit und angeborenen Abneigung gegen Hundeartige beruht“, schreibt das Fach-Portal agrarheute. Die Esel alarmieren mit ihren lauten Schreien die Herde und schrecken Feinde ab. Nähert sich ein Beutegreifer, schreibt das Portal, wehren sie sich mit Schreien, Zähnen und Hufattacken.

Wie sieht es rechtlich bei GW717m in Niedersachsen aus?

Juristisch stützt sich die Ausnahmegenehmigung in Niedersachsen auf den Tod von mehreren ausreichend geschützten Rindern. Das Umweltministerium hat GW717m nach eigenen Angaben mehr als 40 Risse von Nutztieren nachgewiesen, darunter Ponys und Rinder. Einen Eilantrag von Wolfsschützern hat das Verwaltungsgericht Oldenburg abgelehnt. Alternativen zur Tötung seien nicht erkennbar.

Was ist die juristische Grundlage bei GW924m in Schleswig-Holstein?

Die Genehmigung zum Abschuss hat das dem Umweltministerium in Kiel zugeordnete Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Ende Januar erteilt. Der aus Dänemark nach Schleswig-Holstein gekommene Rüde ist für mehrere Schafsrisse hinter vermeintlich wolfssicheren Zäunen im Kreis Pinneberg verantwortlich.

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Wurden in Deutschland schon Problemwölfe geschossen?

Ja. Seit der Rückkehr von Canis lupus nach der Wiedervereinigung wurden in Deutschland bereits zwei Wölfe legal getötet. Der bundesweit erste war der im Internet Kurti genannte MT6. Er wurde im April 2016 in der Lüneburger Heide geschossen. Dieses Schicksal ereilte im Februar vergangenen Jahres auch einen Wolf in Sachsen.

Wer soll GW717m töten?

Dazu möchte das Umweltministerium in Hannover nichts sagen. MT6 war von einem Scharfschützen der Polizei getötet worden. Und in Schleswig-Holstein? „Eine Gruppe ausgewiesener Fachleute unter intensiver Einbeziehung des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein wird nun mit der schwierigen Aufgabe betraut, den Wolf zu erlegen“, sagte Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) Ende Januar.

Wie lange dauert es, bis die Tiere geschossen werden?

Schafe, die in Bad Wildbad (Baden-Württemberg) wohl bei einem Wolfsangriff ums Leben gekommen sind.
Schafe, die in Bad Wildbad (Baden-Württemberg) wohl bei einem Wolfsangriff ums Leben gekommen sind. © dpa | Christoph Schmidt

Über einen Zeitrahmen kann niemand verlässliche Angaben machen. GW717m muss in Schussweite kommen und identifiziert werden. Der Rüde war außer im Landkreis Nienburg auch im Heidekreis und der Region Hannover unterwegs. Anders als seinerzeit MT6 trägt er kein Senderhalsband, das Ortung und Identifizierung erleichtern würde.

Auch GW924m in Schleswig-Holstein trägt kein Halsband, die Gefahr einer Verwechslung ist dort aber geringer. In Niedersachsen soll es nach Angaben der Landesjägerschaft rund 250 Wölfe geben, im nördlichsten Bundesland dagegen nur vier. In Niedersachsen sind 22 Rudel nachgewiesen, in Schleswig-Holstein noch keine.

Warum heißen die Wölfe GW717m und GW924m?

„GW“ steht für einen Grauwolf (engl.: Grey Wolf). Danach kommt die Codenummer des Senckenberg-Institutes, im Falles des Rodewalder Rüden ist es 717, beim Schleswig-Holsteiner 924. Das kleine „m“ am Ende zeigt, dass es sich um ein männliches Tier handelt (engl.: male).

Wie viele Wölfe leben in Deutschland?

In Deutschland werden immer mehr Wölfe heimisch. Nach aktuellen Daten lebten Ende 2018 73 Wolfsrudel in Deutschland – 13 mehr als im Vorjahr. Die meisten davon leben im Osten.

Auch in Sachsen machte im Oktober 2018 ein Fall Schlagzeilen, bei dem Wölfe eine Schafherde angegriffen hatten. 40 Tiere starben. Wenige Monate zuvor hatte sich im selben Bundesland ein Unbekannter gegen eine Wölfin gewehrt. Er erschoss das Tier und versenkte es mit einem Betongewicht in einem See. (dpa/les)