In fünf Thüringer Kirchen soll es Glocken mit NS-Bezug geben. Jetzt ist ein Strafantrag wegen anhaltender Nutzung gestellt worden.

Gegen die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland ist bei der Staatsanwaltschaft Erfurt ein Strafantrag gestellt worden. Sie soll in ihren Gotteshäusern weiterhin Glocken mit Nazi-Symbolik verwenden, so der Vorwurf.

Die Forderung nach einer strafrechtlichen Verfolgung richte sich auch gegen Landesbischöfin Ilse Junkermann, wie die „Thüringer Allgemeine Zeitung“ berichtet, die wie diese Redaktion zur Funke Mediengruppe gehört. Eine offizielle Bestätigung durch die Erfurter Ermittlungsbehörde stand zunächst aber noch aus.

Die Zeitung bezieht sich auf den Saarländer Gilbert Kallenborn, der erst vor zwei Wochen auf die andauernde Nutzung von sechs Glocken in Kirchen auf dem Gebiet der Landeskirche hingewiesen hatte. Per Einschreiben habe er Anfang Februar die Erfurter Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Auf Beanstandungen nicht reagiert

Mit der Bewahrung und Weiterbenutzung der Glocken verstoße die Landeskirche aus Kallenborns Sicht gegen das Strafgesetzbuch, das ein Vorrätighalten und Nutzen von verfassungsfeindlichen, verbotenen Nazidevotionalien unter Strafe stellt. Auf mehrere Beanstandungen in der Adventszeit soll die mitteldeutsche Kirche nicht reagiert haben.

Die Landeskirche hatte jüngst sechs Glocken mit NS-Bezug in fünf Thüringer Kirchen bestätigt und deren Benutzung nicht ausgeschlossen. Nach früheren Meldungen trägt eine dieser Glocken die Inschrift „Gegossen im zweiten Jahre der nationalen Erhebung unter dem Fuehrer und Kanzler Adolf Hitler“. Daneben befinde sich ein Kranz mit Hakenkreuz.

Standorte der Kirchen nicht öffentlich

Die Kirchenzeitung „Glaube und Heimat“ hatte berichtet, dass auf einer Bronzeglocke aus dem Jahr 1934 mit Brustbildern von Adolf Hitler und Martin Luther das Hitler-Bildnis unkenntlich gemacht worden sei. Die jüdische Landesgemeinde forderte, die Glocken ganz abzuhängen.

Die mitteldeutsche Kirche hatte erst in der vorigen Woche erklärt, sehr sensibel mit diesem Thema umzugehen. Deshalb würden auch die Standorte der Kirchen nicht öffentlich gemacht, um einen Missbrauch ausschließen zu können.

Gemeinden brauchen Zeit

In den Kirchengemeinden laufe eine sehr bewusste und verantwortungsvolle Auseinandersetzung mit diesem schmerzhaften Kapitel ihrer Geschichte, hieß es.

Für die Entscheidung, ob die Aufschriften abgeschliffen, die Glocken stillgelegt oder eingeschmolzen und neu gegossen werden sollen, bräuchten die Gemeinden Zeit. Es gelte das Angebot der Landeskirche, sie auch finanziell zu unterstützen, hieß es. (jb/epd)