London. Für seine Rolle in „Green Book“ ist Viggo Mortensen für einen Oscar nominiert. Der „Herr der Ringe“-Star über die Botschaft des Films.

Von königlichen Würden ist Viggo Mortensen als „Aragorn“ in den „Herr der Ringe“-Filmen. Ganz anders seine Rolle, für die er jetzt als Oscar-Favorit gilt: In dem Roadmovie „Green Book – Eine besondere Freundschaft“ (ab Donnerstag im Kino) spielt der 60-Jährige einen groben Klotz von einem Mann, der von einem kultivierten afroamerikanischen Pianisten als Chauffeur angeheuert wird. Es ist schon die dritte Oscar-Nominierung des gebürtigen New Yorkers mit dänischen Wurzeln.

In „Green Book“ lernen zwei Männer unterschiedlicher Ethnien und Kulturkreise einander zu verstehen. Wie sind Sie selbst im Umgang mit anderen Menschen?

Viggo Mortensen: Nicht immer vorbildlich. Jeder macht Fehler. Es gibt Beispiele, wo ich die Art und Weise, in der ich mit jemand spreche, nachher bedauere. Denn ich kann auch schon mal ungeduldig werden. Aber ich versuche zumindest, mich richtig zu verhalten.

Ich bin mir bewusst, dass ich mit jedem Menschen nur begrenzte Zeit habe. Also versuche ich, mich bewusst aufmerksam zu verhalten. Wenn du vergisst, „es tut mir leid“ oder „Dankeschön“ zu sagen oder ihm in die Augen zu schauen, dann bekommst du diesen Moment nicht wieder zurück.

Außerdem weiß ich, dass erste Eindrücke immer trügen. Das heißt, ich will versuchen, die Kulturen und Hintergründe der Betreffenden zu verstehen, ohne vorschnell Schlüsse zu ziehen.

Sie haben vor einigen Jahren schon mal in Italien einen Obdachlosen gegen Schläger verteidigt. Machen Sie so etwas häufiger?

Mortensen: Manchmal trete ich für andere ein. Aber in anderen Fällen habe ich genauso viel Angst wie andere. Das hängt davon ab, wie viele Menschen da beteiligt sind und wie bedrohlich die Situation ist.

Manchmal habe ich da auch ziemlich unüberlegt gehandelt. Ich werde da recht impulsiv, wenn Schwächere bedroht sind, die sich nicht verteidigen können. Einerseits war ich in solchen Situationen froh, wenn ich’s getan habe, aber das waren schon ziemlich chaotische Erlebnisse.

Wie können wir uns das vorstellen? Was haben Sie gemacht?

Mortensen: Ich gehe da ungern ins Detail. Nur so viel: Es ging nicht nur um Handgreiflichkeiten – sondern zum Beispiel auch um Fälle, in denen die Jobs von Leuten bedroht waren. Aber es gibt viele Leute, die das wesentlich häufiger und zielgerichteter machen. Damit gebe ich ungern an. Und wie ich schon sagte: Es gab auch Fälle, wo ich nichts getan habe. Und danach hatte ich das klassische Reuegefühl: „Ich hätte da doch etwas sagen sollen.“

Seit über einem Jahr beschäftigt das Thema sexuelle Belästigung Hollywood. Mussten Sie in der Hinsicht schon mal eingreifen?

Mortensen: Ich wurde nie direkt mit Fällen von sexueller Belästigung konfrontiert, hörte nur Geschichten. Das Einzige, was ich erlebt habe, waren sexistische Sprüche, und da habe ich gelegentlich etwas dagegen gesagt.

Wichtig ist aber auch grundsätzlich die gleiche Bezahlung. Wenn jemand für denselben Job ein niedrigeres Honorar bekommt, dann bin ich immer dagegen vorgegangen, wenn ich rechtzeitig davon erfahren habe.

Kann eigentlich ein Filme wie „Green Book“ mit seiner Botschaft von Toleranz etwas erreichen?

Mortensen: Ja, weil er keine ideologischen Predigten hält, sondern eine unterhaltsame Geschichte erzählt. Das ist wie eine Medizin, die mit Zucker geschluckt wird. Und ich bin mir sicher, dass die Botschaft des Films dann letztlich dann auch durchsickert. Sie ist auch einfach nachvollziehbar. Denn sie besagt letztlich nur: ‚Gebt mehr aufeinander acht.’

Sie haben einen 30-jährigen Sohn. Hat der eine ähnliche Mentalität?

Mortensen: Teilweise. Wir haben beide den gleichen Humor und finden die gleichen Dinge absurd. Wie ich kommt er gut damit klar, mal längere Zeit alleine zu sein. Aber in vielerlei Hinsicht unterscheidet er sich von mir. Zum Beispiel lässt er sich nicht von Leuten stressen, er ist viel geduldiger als ich.