Ute Lemper empfängt in der nächsten Staffel der Vox-Reihe „6 Mütter“ prominente Frauen. Im Interview spricht sie über ihre Kindheit.

Ob mit Musicalauftritten oder Konzerten auf internationalen Bühnen, zahlreichen Musikplatten oder ihren Filmrollen – seit fast drei Jahrzehnten begeistert Ute Lemper (55) das Publikum. Die Wahl-New-Yorkerin, die in Münster aufwuchs, ist Mutter von vier Kindern.

Ihren jüngsten Sohn bekam sie mit 48 Jahren. Ab 14. Januar ist Lemper wieder Gastgeberin der neuen Staffel von „6 Mütter“ (Vox, 20.15 Uhr). Hier empfängt sie fünf Promi-Mütter: Sila Şahin, Anouschka Renzi, Sarah Kern, Jessica Stockmann und Elna-Margret Prinzessin zu Bentheim und Steinfurt. Mit ihnen redet sie über Job, Nachwuchs und Beziehung.

Mit vier Kindern war es sicher nicht einfach, Beruf und Familie gleichermaßen gerecht zu werden.

Ute Lemper: Ich glaube, jede arbeitende Mutter muss kämpfen. Insofern bin ich froh, dass mein Job mir eine relativ freie Zeiteinteilung ermöglicht. Ich genieße es, dass ich mir meine Arbeitszeiten aussuchen kann. Trotzdem habe ich als berufstätige Mutter immer den inneren Konflikt, weil ich nicht permanent für die Kinder da sein kann, wie ich möchte. Im Kopf bin ich oft mit anderen Dingen beschäftigt.

Sind Sie eine strenge Mutter – oder drücken Sie auch schon mal ein Auge zu?

Ich bin nie streng, ganz im Gegenteil. Ich bin eine sehr leidenschaftliche Mutter und immer auf der Gratwanderung zwischen Freude, Verrücktheit und freiheitlichem Denken. Gerade für die älteren Kinder bin ich eher Freundin als Mutter und gehe mit ihnen durch dick und dünn. Bei uns wird alles ausdiskutiert. Ich versuche meine Kinder neugierig aufs Leben zu machen und ihre Freude und Lebenslust zu wecken.

Und wie war Ihre Mutter zu Ihnen?

Meine Mutter war immer sehr warmherzig und liebevoll. Als ich mich dann später als Jugendliche von zu Hause abgenabelt habe, hatte sie allerdings ihre Schwierigkeiten damit. Das war keine leichte Phase, meine Eltern wollten mich einfach nicht meinen eigenen Weg gehen lassen. Da entstanden dann natürlich Konflikte.

Dann konnten Ihre Eltern wie die meisten Eltern schlecht loslassen?

Ja, und haben es nicht fertig gebracht, mir in meiner Jugend freundschaftlich beizustehen. Teilweise gab es sogar moralische Kon­trollen und es wurde sehr autoritär, worauf ich äußerst allergisch reagiert habe. Als Teenager war ich ein echter Rebell.

Manchmal muss das wohl sein, um weiterzukommen.

Ja, meine Rebellion war Nahrung für mich und meine künstlerische Identität. Ich bin ein Mensch, der gelernt hat zu kämpfen, für meine Freiheit, meine Vision und meine Ideen, ich lasse mir ungern etwas sagen. Ich habe ganz eigene Vorstellungen von der Welt und meinem Leben, das ich genießen möchte. Und diese Kraft habe ich sicher auch durch den Befreiungskampf als Teenager entwickelt. Witzigerweise sind meine eigenen Kinder gar keine Rebellen.

Liegt es daran, dass es bei einer so freundschaftlichen Beziehung nichts zu rebellieren gibt?

Ja, aber sie sind auch in New York aufgewachsen, wo es nichts Provinzielles gibt. Ich musste mir mein Weltbild damals noch selber entwickeln durch das Leben in den unterschiedlichen Großstädten und den Kontakt mit den verschiedenen Gesellschaften und Kulturen. Ich bin in Münster ja noch sehr provinziell aufgewachsen. Das brauchten meine Kinder alles nicht, sie sind in der Schule mit Hunderten von Rassen und Religionen aufgewachsen. Das hat sie sehr früh reifen lassen. Sie mussten keine Zeit mit irgendwelchen Kämpfen verbringen. Mich hat es dagegen Jahre gekostet, mich neu zu definieren.

War es eine Genugtuung Ihren Eltern gegenüber, dass Sie eine so steile Karriere gemacht haben?

Es war schon eine Überraschung für meine Eltern, als die erste große Karrierewelle Ende der 80er-Jahre kam, und ich in Riesenhallen wie dem ausverkauften Münchner Olympiastadion oder der dreimal ausverkauften Westfalenhalle mit 30.000–40.000 Leuten gespielt habe, das konnten sie nicht glauben. Als ich zwei- oder dreimal die Münsterlandhalle ausverkauft hatte, ein Heimspiel, dort bin ich aufgewachsen, da haben meine Eltern schon ein paar Tränen vor Überwältigung und Stolz geweint.

Haben Sie eigentlich Ihre alten Klassenkameraden aus Münster wiedergesehen?

Aber ja! Ich war auf einer katholischen Klosterschule, wo es zwar keine Schwestern mehr gab, dafür aber ausschließlich Mädchen. Und diese Mädchen kommen auch heute noch zu meinen Konzerten, ich bin ja auch oft im Westfalenraum bei den Ruhrfestspielen oder in Bochum , da heißt es dann immer „Hallo!“, wenn die Mädels aus meiner ehemaligen Klasse kommen.