Berlin/Wiesbaden. Jedes Jahr verschwinden in Deutschland Menschen. Insgesamt gelten etwa 11.000 als vermisst, manchmal bleiben die Fälle ungeklärt.

Es ist schwer, die genaue Zahl zu nennen – aber mehr als 11.000 Menschen gelten in Deutschland offiziell als vermisst. Das teilte das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden mit. Die Dunkelziffer dürfte jedoch noch höher liegen.

Die meisten Vermissten sind unter 18 Jahren – es sind mehr als 7000. Etwa die Hälfte der vermissten Minderjährigen sind junge, unbegleitete Flüchtlinge. Das BKA registrierte 3500 unbegleitete Flüchtlinge (Stand 1. Oktober 2018). 902 davon sind Kinder unter 13 Jahren.

250 bis 300 Fahndungen nach Vermissten täglich

Das BKA kann nur von den gemeldeten Fällen ausgehen. Es sei schwer, die tatsächliche Zahl zu erheben, sagte eine BKA-Sprecherin. Die Zahlen könnten deshalb „lediglich als Annäherung dienen“. Einige Flüchtlinge seien beispielsweise wegen verschiedener Schreibweisen ihres Namens mehrfach erfasst worden, oft fehlten außerdem Papiere.

Die Zahl der Vermissten umfasst sowohl Fälle, die sich innerhalb weniger Tage aufklären, als auch Vermisste, die bis zu 30 Jahren verschwunden sind.

Pro Tag werden nach BKA-Angaben etwa 250 bis 300 Fahndungen nach Vermissten neu erfasst und auch gelöscht.

Spektakulärer Fall: Peggy aus Oberfranken

Die seltensten Fälle sind dabei so spektakulär wie beispielsweise die jahrelange Suche nach Peggy aus Oberfranken, die nach 15 Jahren mit dem Fund ihrer Leiche endete und deren Tod auch nach der Festnahme eines Tatverdächtigen vor knapp zwei Wochen noch immer nicht geklärt ist.

Was man über den Fall Peggy Knobloch wissen muss

weitere Videos

    Der Verdächtige ist inzwischen wieder auf freiem Fuß, er wurde an Heiligabend freigelassen. Er hatte sein Teilgeständnis widerrufen, das Amtsgericht Bayreuth hob den Haftbefehl gegen den 41-Jährigen schließlich auf.

    Auch die Rückkehr der jahrelang verschwundenen Maria H. nach Freiburg in diesem Jahr gilt als einer der aufregenden Vermissten-Fälle.

    Wann gilt eine Person aus Sicht der Polizei als vermisst?

    • wenn die Person ihren gewohnten Lebenskreis verlassen hat
    • wenn der derzeitige Aufenthalt unbekannt ist
    • wenn eine Gefahr für Leib oder Leben angenommen wird
    • Minderjährige, die ihren Aufenthaltsort nicht selbst bestimmen dürfen, gelten bereits als vermisst, wenn die ersten beiden Punkte zutreffen

    Im Krankenhaus oder im Urlaub – und nicht vermisst

    Viele Vermissten-Fälle können allerdings schnell aufgeklärt werden. „Erfahrungsgemäß erledigen sich etwa 50 Prozent der Fälle innerhalb der ersten Woche“, heißt es beim BKA.

    Armin Gartelmann, Leiter der Vermisstenstelle bei der Bremer Polizei, sagte: „Es gibt Menschen, die gehen eine Woche ins Krankenhaus und sagen es keinem. Andere fahren in Urlaub und erzählen es niemandem.“

    Nach einem Monat sind den BKA-Angaben zufolge mehr als 80 Prozent der Fälle erledigt. Der Anteil der Menschen, die länger als ein Jahr vermisst werden, liegt nur bei rund drei Prozent.

    Knapp zwei Drittel aller Vermissten sind laut BKA männlich. Etwa die Hälfte aller Vermissten sind Kinder und Jugendliche, für deren Verschwinden es die unterschiedlichsten Gründe gebe: „Probleme in der Schule oder mit den Eltern, Liebeskummer“ – und so weiter.

    Viele Hinweise nach „Aktenzeichen XY“

    Oft sind es aber auch Senioren. Ein Fall in Niedersachsen ging in diesem Jahr tragisch aus. Mitte November entdeckte ein Angler in Uelzen die Leiche einer fast zwei Wochen lang vermissten 80-Jährigen. Opfer einer Straftat wurde die Frau laut Polizei vermutlich nicht. Sie war an Demenz erkrankt.

    Doch immer wieder gibt es auch die großen, mysteriösen Fälle, in denen ein Mensch von einem Tag auf den anderen spurlos verschwindet. Dazu gehören auch Mutter Sylvia und ihre beim Verschwinden zwölf Jahre alte Tochter Miriam aus Drage im Kreis Harburg, die im Sommer vor gut drei Jahren plötzlich von einen Tag auf den anderen weg waren.

    Die Polizei geht nach Angaben eines Sprechers davon aus, dass der Familienvater die beiden umgebracht hat. Nach einem Vermissten-Spezial von „Aktenzeichen XY“ gingen bei der Polizei viele Hinweise ein.

    Manche Fälle beschäftigen die Polizei Jahrzehnte

    Seit fast 18 Jahren beschäftigt die Ermittler in Lüneburg der Fall von Katrin Konert. Das Mädchen verschwand als 15-Jährige am Neujahrstag 2001 in Bergen an der Dumme im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Vor Kurzem hat die Polizei den Fall neu aufgerollt.

    In Bremen gibt es von rund 15 Menschen keine Spur, berichtete Polizist Gartelmann. „Um drei davon mache ich mir ernsthafte Sorgen. Ich befürchte, dass sie tot sind.“

    Einige Landeskriminalämter haben Zahlen von vermissten Personen veröffentlicht. So gelten in Hessen derzeit 6646 Personen als vermisst, in Niedersachsen sind es etwa 1240, das LKA in Sachen-Anhalt nennt eine Zahl von 275 vermissten Personen. (dpa/sdo)