Berlin. Jan Böhmermann hat in seinem Podcast die Geschichte einer Bochumer Kult-Metzgerei thematisiert. Die muss sich jetzt rechtfertigen.

Für Bochumer ist sie eine Art lokales Heiligtum, eines der wenigen Dinge, die halt dazugehören in der Stadt mitten im Ruhrpott: Die Wurst der Fleischerei Dönninghaus, der einst sogar Herbert Grönemeyer ein Lied widmete.

Umso emotionaler wird gerade eine Debatte um die Geschichte der Kult-Metzgerei geführt, die von ZDF-Satiriker Jan Böhmermann angestoßen wurde.

Im Podcast „Fest und Flauschig“, den Böhmermann zusammen mit Musiker und Komiker Olli Schulz produziert, thematisierte Böhmermann die angebliche „Arisierung“ des Unternehmens zur Zeit des Nationalsozialismus. Zunächst in der vorletzten Ausgabe, dann noch mal bei einer Live-Aufzeichnung in Bochum in dieser Woche.

Dönninghaus-Chef kritisiert Jan Böhmermann

„Die Geschichte der Kultwurstmanufaktur sollte dringend mal ausführlich recherchiert werden“, sagte der Moderator. Die „taz“ hatte bereits 2006 über „Arisierungen“ von Bochumer Unternehmen berichtet – auch über den Fall von Dönninghaus.

Dass der Fall nun aber an so prominenter Stelle thematisiert wurde, überrumpelte den heutigen Dönninghaus-Chef – und macht ihn auch wütend, wie er der „WAZ“ mitteilte. Er habe kein Verständnis dafür, sagt Dirk Schulz (55), dass Böhmermann im Vorfeld „kein Wort mit uns gewechselt hat. Wir werden öffentlich an den Pranger gestellt, ohne uns wehren zu können“.

Dirk Schulz führt interessierte Bochumer im August 2017 durch seine Fleischerei.
Dirk Schulz führt interessierte Bochumer im August 2017 durch seine Fleischerei. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Die Veröffentlichung durch den ZDF-Mann habe Schulz „total überrascht“. „Weder mein Vater noch mein Großvater haben mir jemals etwas über eine ,Arisierung’ erzählt. Das wurde, wie in vielen Familien, ganz offensichtlich totgeschwiegen. Deshalb habe ich auch niemals eine Veranlassung gesehen, mich damit zu befassen oder unsere Chronik zu verändern. Für unsere Generation sind diese schlimmen Dinge ja ganz weit weg“, sagte Dirk Schulz der Zeitung.

Auf eine Anfrage der „WAZ“ habe Jan Böhmermann bislang nicht reagiert, heißt es in dem Bericht.

Fleischerei-Chef will Vergangenheit nun aufarbeiten

Gegenüber der Zeitung bestätigte Historiker Hubert Schneider, dass die Fleischerei zu den 28 Bochumer Betrieben gehörte, die ihren jüdischem Besitzern zur NS-Zeit genommen wurden. Für Schneider sei das allerdings „ein alter Hut“.

Fleischerei-Chef Dirk Schulz wolle nun aber mehr über die Historie seines Unternehmens wissen, berichtet die „WAZ“. Er stehe seit einigen Tagen in Kontakt mit einem Historiker. „Ich werde mich nun intensiver mit unserer Historie beschäftigten.“

(ba)