Cannes. Ben Stiller ist Regisseur der Ausbruchsserie „Escape at Dannemora“. Der Hollywoodstar über Image, Idole und innovatives Fernsehen.

Ben Stiller überzeugte in „Verrückt nach Mary“ mit jungenhaftem Charme, den er – obwohl inzwischen bereits 53 – nach wie vor versprüht. Stiller ist aber nicht nur Schauspieler, sondern auch Filmemacher. Doch auch die von ihm verantworteten Filme wie „Zoolander“ sind samt und sonders Komödien. Umso erstaunlicher ist, dass sich Stiller nun an einen düsteren Stoff herangewagt hat.

Er ist Produzent und Regisseur der siebenteiligen Serie „Escape at Dannemora“, die in Deutschland am 19. Dezember im Bezahlsender Sky anläuft. Dabei handelt es sich um ein Ausbruchsdrama, das sich 2015 tatsächlich im Städtchen Dannemora im US-Bundesstaat New York zugetragen hat.

Herr Stiller, Sie gelten als Experte für das komische Fach. Wollen Sie mit der eher düsteren Ausbruchsserie „Escape at Dannemora“ Ihr Image ändern?

Ben Stiller: Nein, definitiv nicht. Ich mache nur das, was ich machen will. Ich möchte nicht in irgendeine Schublade gesteckt werden. Ich bin nicht auf Komödien festgelegt.

Wie haben Sie sich vorbereitet?

Stiller: Ich besuchte Dannemora, sah mir das Gefängnis dort an und sprach mit allen Leuten, die irgendwie mit dem Ausbruch zu tun hatten. Diese Recherchen haben mir das Selbstvertrauen gegeben, die Sache anzugehen. Meine größte Sorge war, dass ich diese ganz spezielle Knastatmosphäre nicht hinbekomme. Ich bin zuvor noch nie in einem Gefängnis gewesen.

Haben Sie die reale Joyce Mitchell getroffen, die Leiterin der Nähwerkstatt des Gefängnisses, die mit beiden Ausbrechern ein Verhältnis hatte, ihnen bei der Flucht half und in der Serie von Patricia Arquette gespielt wird?

Stiller: Leider nicht. Sie war die einzige Person, an die wir nicht herangekommen sind. Ich habe mir jedoch die Vernehmungen mit ihr angeschaut und hatte danach so meine Zweifel, ob man ihren Angaben zu dem Fall Glauben schenken kann. Aber es war sehr interessant, David Sweat ...

... einen der Ausbrecher ...

Stiller: ... zu treffen. Ich habe sechs Stunden mit ihm gesprochen. Mir hat das sehr geholfen. Er hat uns viele Details des Ausbruchs verraten. Natürlich weiß auch ich nicht, wie sehr man sich auf das verlassen kann, was er gesagt hat. Aber wir haben nicht nur mit ihm gesprochen, sondern auch mit dem Wachpersonal. In Dannemora arbeitet praktisch jeder für das Gefängnis, das größer als die Stadt selbst ist. Und jeder hat zu dem Ausbruch seine eigene Meinung.

Befürchten Sie nicht, dass Ihre Serie einer Glorifizierung der beiden Ausbrecher Vorschub leistet?

Stiller: Die beiden sind Verbrecher, die Menschen getötet haben. Uns war wichtig, sie so realistisch wie möglich darzustellen. Richard Matt ist ein kaltblütiger Killer gewesen, dem seine Opfer egal waren. Bei Sweat war das etwas anders. Aber natürlich ist auch er ein Mörder. Wir haben die beiden als Menschen dargestellt, die nicht auf freiem Fuß sein sollten.

Ihre Serie ähnelt in vielem einem Kinofilm.

Stiller: Es gibt heute so viele Möglichkeiten, im Fernsehen interessante Geschichten zu erzählen – das war früher nur in Kinofilmen möglich. Umgekehrt ist es heute schwieriger denn je, im Mainstream-Kino Erfolg mit anspruchsvollen Stoffen zu haben. In den 70er-Jahren war das noch anders. Damals gab es interessante und vertrackte Kinofilme. Und zwar in nahezu allen Genres. Heute bietet das Fernsehen interessante Sujets.

Haben Sie ein Vorbild?

Stiller: Eine meiner allerersten Rollen habe ich in Steven Spielbergs Film „Das Reich der Sonne“ gespielt. Zu ihm habe ich stets aufgeschaut.

Haben Sie etwas von Spielberg gelernt, das Ihnen bei „Escape at Dannemora“ geholfen hat?

Stiller: Er ist ein Genie. Der Spaß, den er am Filmemachen hat, hat sich auf mich übertragen.