Berlin. Warum hast du eigentlich Kinder bekommen? Die Frage von kinderlosen Freunden kann ziemlich nerven. Was geht in diesen Leuten nur vor?

Es gibt ganz themenunabhängig immer diese etwas seltsam anmutenden Fragen von Weggefährten und Zeitgenossen in Bezug auf Kinder. Die Gesprächs-Opener lauten dann: Warum hast du eigentlich Kinder bekommen? Und gleich zwei? Also, ich könnte das nicht.

Mich würde das wahnsinnig anstrengen. Ich könnte nicht mehr auf meinem Level arbeiten. Wahrscheinlich wäre mein Leben ungenießbar, ein ziemliches Chaos. Sheila Heti schrieb einen internationalen Bestseller über den Findungsprozess einer Frau hin zu Mutterschaft oder auch nicht.

Das Buch erscheint im Februar auf Deutsch. Schlechte Familienpolitik, wie sie vorherrscht, trägt ein Übriges zur natürlichen Verhütung bei. Es scheint deshalb gerade so, als würde die ganze Welt in bedeutungsarmen Zeiten einen philosophischen Diskurs aus der Kinderfrage machen wollen.

Bekomme ich die Frage gestellt, bin ich dann meistens perplex. Ich frage mich dann, was in den Leuten vorgeht. Erkundige ich mich nach der Sinnhaftigkeit ihres Partners, der nur nervt, oder ihres Hundes, der auf Steuerzahlerkosten die ganze Stadt vollscheißt? Ich gebe mich aber auch verdutzt, um Zeit zu gewinnen. Denn was antwortet eine korrekte Mutter dann wohl? Hier ein Versuch.

Der Versuch einer Antwort

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, warum ich Kinder bekommen habe. Ich war bei meinem ersten Kind 28 Jahre alt, ich habe es mir gewünscht, und sechs Wochen später hielt ich einen positiven Test in der Hand. Beim zweiten Kind ist die Genese vergleichbar. Seit sieben Jahren war ich nicht mehr alleine, habe selten ausgeschlafen und Unsummen meines hart verdienten Geldes für Holzspielzeug, Ballettkurse, Geburtstagspartys, Klamotten und nächtliche Taxifahrten in die Notaufnahme ausgegeben.

Ich war in den vergangenen Jahren nie alleine, doch recht viel einsam. Ich sah Leute um mich herum, die wohl viel mehr Spaß hatten als ich. Aber hatten sie das wirklich? Das Paar, das da Händchen haltend im Café neben mir saß, kam es vielleicht gerade aus einer Kinderwunschklinik?

Über das Leben, das ich nicht haben werde

Aber was soll ich sagen, Kinder lähmen. Es gibt da all die Reisen, die ich nicht machen werde, Jobpositionen, die ich als Frau mit Kindern schwerlich erreichen kann. Ich werde nie mit meinem Freund das Pärchenleben haben, das ich vor den Kindern gehabt hätte. Wir fahren nicht spontan ins Wochenende oder gehen abends essen, ohne die Babysitter-Frage zu beantworten.

Ich schlafe nicht aus, ich lebe niemals in den Tag hinein, ohne an Frühstück für drei zu denken. Und nur wenn ich Glück habe, ist beim Aufstehen mein iPhone noch da, die Gummibärchen-Vorräte nicht geplündert und im Geheimversteck (sie halten sich für so schlau) mein Lady­shaver nicht in dem Fell eines Plüschtiers eingegraben.

Kinder sind ein schlechtes Investment

Nein, mit Glamour und Müßiggang hat das alles nichts mehr zu tun. Auch nicht mit einem Weltbestseller, den ich in tausend Tagen und Nächten unter meiner Bettdecke geschrieben habe, weil ich spätestens nach zwei Zeilen von einem „Maaama“ unterbrochen werde.

Kinder sind Egoisten, sind nicht rentabel, gehören outgesourct (Kita, Schule), so oft es geht. Den fragenden Kinderlosen ist nur zu sagen, dass sie bloß keine kriegen sollten. Schlechtes Investment, Raubbau an Körper und Geist. Ich sage das noch einem Bekannten, der fragte, und hole dann eine Stunde später meine Tochter vom Kindergarten ab.

Ihre kleinen Arme umschließen meinen Hals, und ich bekomme einen Erdbeerquark-Kuss. Und ich denke dabei, wie dämlich doch diese ganze philosophische Debatte à la Sheila Heti ist. Dass ich die Hälfte meines Lebens für meine Tochter hergebe und jederzeit die zweite gleich mit hinterherwerfen würde. Dass ich jeden Augenblick für sie sterben würde, den grausamsten, schlimmsten Tod. Aber warum sollte ich das jemandem, der rational fragt, erzählen?