Sankt Augustin. Ein junger Mann hat den Mord an einem Mädchen aus Sankt Augustin gestanden. Die Polizei will die Stunden vor der Tat rekonstruieren.

In Sankt Augustin ist am Sonntag eine vermisste 17-Jährige tot in einem Heim für Flüchtlinge und Obdachlose gefunden worden. Die Eltern hatten das Mädchen am Freitag vermisst gemeldet.

Die Polizei nahm am Sonntagabend einen Tatverdächtigen fest. Er hat die Tat bereits gestanden. Es handelt sich um einen 19-Jährigen, der sowohl die deutsche als auch die kenianische Staatsangehörigkeit besitzt. Der Mann sei kein Flüchtling. Seit seiner „frühesten Kindheit“ lebe er in Deutschland, sagte der Bonner Oberstaatsanwalt Robin Faßbender.

17-Jährige tot gefunden – das Wichtigste in Kürze:

  • In einer Unterkunft für Flüchtlinge und Obdachlose ist eine 17-Jährige tot entdeckt worden
  • Die Polizei hat einen Tatverdächtigen festgenommen
  • Er habe die Tat bereits gestanden

„Der Beschuldigte räumt ein, Gewalt gegen das Mädchen ausgeübt zu haben“, sagte Faßbender am Montagabend der Deutschen Presse-Agentur. „Wir gehen von einem vorsätzlichen Tötungsdelikt aus.“ Gegen den Mann sei Haftbefehl wegen Mordes beantragt worden.

Polizei prüft, ob See abgepumpt werden muss

Die genauen Tatumstände sind jedoch noch nicht geklärt. Um weitere Anhaltspunkte zu erhalten, denkt die Polizei nun darüber nach, einen See abzupumpen. An dem See waren private Gegenstände des Opfers gefunden worden.

Der 19-jährige Verdächtige räumte nach Angaben der Staatsanwaltschaft ein, die Sachen dorthin geschafft zu haben. Für die Ermittler stellt sich aber die Frage, ob er sie dort verstecken wollte – oder ob er bewusst eine falsche Fährte legen wollte.

Bisher hatten Taucher nach weiteren Gegenständen gesucht. Nun soll geklärt werden, ob die Taucher bei der Arbeit an ihre Grenzen stoßen und so eine Trockenlegung des Sees nötig wird. „Wir sprechen mit den Tauchern“, sagte Polizeisprecher Robert Scholten am Donnerstag in Bonn.

Mutmaßlicher Täter und Opfer waren offenbar gemeinsam in einer Kneipe

Der Verdächtige habe bei seiner Vernehmung ausgesagt, dass er das aus Rheinland-Pfalz stammende Opfer am Freitagabend kennengelernt habe. Sie seien dann zusammen in einer Kneipe gewesen.

Später habe die 17-Jährige ihn in die städtische Unterkunft für Flüchtlinge und Obdachlose in Sankt Augustin begleitet, in der er wohnte. Dort sei es in der Nacht zum Samstag zu einem Streit gekommen, in dessen Verlauf der Mann gewalttätig geworden sei.

Die 17-Jährige starb. Genauere Angaben zu den Umständen der Tat wollte der Oberstaatsanwalt bisher nicht machen, es sei aber keine Waffe benutzt worden.

Polizei befragt Zeugen

Durch Gespräche mit Zeugen versucht die Polizei, die Stunden vor der Tat zu rekonstruieren. Mehrere Befragungen hätten bereits stattgefunden, sagte Oberstaatsanwalt Faßbender am Dienstag.

Nach Angaben der Ermittler geht es unter anderem darum, die von dem Verdächtigen gelieferte Version zum Tathergang zu überprüfen. Nach seinem Termin beim Ermittlungsrichter habe der 19-Jährige keine Angaben mehr zu dem Fall gemacht.

Bürgermeister: „Die ganze Region ist gelähmt“

Im Heimatort der 17-Jährigen löste die Nachricht Bestürzung aus. „Hier herrscht eine tiefe Betroffenheit“, sagte der Bürgermeister der Kleinstadt Unkel an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen, Gerhard Hausen (SPD). „Unsere Gedanken sind natürlich bei der Familie. Wir haben halbmast geflaggt.“

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Unkel, Karsten Fehr (parteilos), ergänzte: „Wir sind erschüttert, die ganze Region ist gelähmt. Es ist ganz dramatisch, wenn Eltern ihr Kind beerdigen müssen.“

Polizei kam über Kurznachrichten auf die Spur

© dpa | Thomas Kraus

Nach Informationen des WDR soll die Polizei über soziale Netzwerke und von Opfer und mutmaßlichem Täter verschickte Kurznachrichten auf die Spur des 19-jährigen Tatverdächtigen gekommen sein. „Wir haben den jungen Mann als Kontaktperson ausfindig gemacht, besucht – und dort auch die Leiche gefunden“, sagte der Polizeisprecher.

Die Polizei war zu der kommunalen Unterkunft gefahren, um den jungen Mann zu überprüfen. Er habe dann gegenüber den Beamten angegeben, dass sich die vermisste 17-Jährige leblos in seiner Wohnung befindet. Der alarmierte Notarzt konnte vor Ort nur noch den Tod feststellen.

Die Unterkunft, die einem Containerdorf ähnelt, liegt am Rande eines bei Nacht kaum beleuchteten Gewerbegebiets neben einer Bahntrasse.

Eltern hatten Tochter am Freitag als vermisst gemeldet

Die Eltern der Jugendlichen hatten ihre Tochter am Freitagmittag als vermisst gemeldet. Der WDR berichtet, sie habe eine Freundin besuchen wollen, sei dort aber nie angekommen. Die Polizei leitete daraufhin eine große Suchaktion ein. So verläuft die Suche nach Vermissten.

Per Handy habe sich das Mädchen in den zwei Tagen nach seinem Verschwinden mehrmals bei Bekannten gemeldet, berichtet der WDR unter Berufung auf die Polizei.

Auch an diesem See suchten die Einsatzkräfte nach dem vermissten Mädchen.
Auch an diesem See suchten die Einsatzkräfte nach dem vermissten Mädchen. © dpa | Oliver Berg

An der Suche nach der Vermissten hatten sich am Wochenende laut Polizei etwa 200 Einsatzkräfte beteiligt, darunter Dutzende Polizisten und Feuerwehrleute, aber auch Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks und Rettungskräfte. Sie suchten unter anderem mit zehn Tauchern in einem See.

Das Technische Hilfswerk leuchtete den See im Stadtteil Meindorf und dessen Ufer aus. Auch eine Hundestaffel war beteiligt. Zudem wurden ein Hubschrauber der Bundespolizei und eine Drohne mit Wärmebildkamera eingesetzt.

Notfallseelsorger betreuten Angehörige des Opfers. Auch der Bürgermeister der Stadt, Klaus Schumacher, machte sich vor Ort ein Bild der Lage.

Die Suche am See wurde dann aber eingestellt, als man das Mädchen in der Unterkunft in Sankt Augustin entdeckt hatte. Einsatzkräfte fanden die Tote gegen 20 Uhr. (sdo/dpa)

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes haben wir geschrieben, dass das Mädchen in einer Flüchtlingsunterkunft gefunden wurde. Die kommunale Unterkunft in Sankt Augustin ist aber kein reines Flüchtlingsheim. Dort werden neben Asylsuchenden auch Wohnungssuchende untergebracht. Wir haben das geändert.