Bochum. In einer Tankstelle in Bochum hat ein Mann eine Kassiererin als Geisel genommen. Nun wurde bekannt: Der Täter arbeitet als Polizist.

Ab 7.45 Uhr herrschte Ausnahmezustand in Bochum-Langendreer. Ein 46-jähriger Bochumer, der eventuell eine Pistole bei sich trug, war in die „Total“-Tankstelle an der Hauptstraße/Ecke Langendreerer Straße gegangen und hatte eine 54-jährige Mitarbeiterin in seine Gewalt gebracht. Laut Polizei drohte er, eine „Wasserstoffbombe“ zu zünden.

Dreieinhalb Stunden lang war die Lage im Verkaufsraum der Tankstelle ungewiss. Erst dann konnten die Frau und die Polizei aufatmen. Der Täter wurde festgenommen. Niemand wurde verletzt. Wie sich herausstelle, ist der Täter ein Polizeibeamter aus Bochum.

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Polizisten riegeln alle Straßen um den Tatort ab

Nichts geht mehr auf der Hauptstraße. Die Polizei riegelt alles ab, auch Seitenstraßen. Anwohner dürfen nicht auf die Straße – zu gefährlich. Polizeibeamte achten akribisch darauf. Viele Anwohner stehen aber an ihren Fenstern und gucken auf das großen Blaulicht-Aufgebot. Auch Rettungswagen sind da. Noch zwei Stunden später denkt ein Fußgänger, dass der Täter ein Räuber ist. Als er hört, dass die Tat familiäre Hintergründe hat, sagt er: „Noch schlimmer.“

Täter und Opfer kennen sich nicht. Laut Polizei hatte der Mann der Frau gesagt, sie solle die Polizei rufen. Als die Beamten in großer Zahl erscheinen, können sie Täter und Opfer im Verkaufsraum sehen. Frühzeitig nehmen die Beamten Telefonkontakt zu dem Mann auf.

Polizei rätselt über Motiv für Geiselnahme

Längst ist auch ein Spezialeinsatzkommando (SEK) vor Ort. Startklar zu einem Zugriff. Angeblich will der Täter mit seiner Aktion erzwingen, dass er sein Kind sehen kann. Gegen 11.15 Uhr kommt Bewegung in die angespannte Lage. SEK-Beamte gehen in voller Sicherheitsmontur zur Tankstelle. Gleichzeitig fährt ein Rettungswagen dorthin. Der Täter gibt auf.

„Im Rahmen der Gespräche konnte er dazu überredet werden, die Angestellte rauszulassen“, sagt Polizeisprecher Marco Bischoff. „Der Frau geht es den Umständen entsprechend.“ Wenige Minuten später lässt sich der Täter widerstandslos mitnehmen. SEK-Kräfte bringen ihn ins Präsidium zum Verhör.

Auch die Schüler der rund 200 Meter vom Tatort entfernten Waldorfschule durften ihr Gebäude nicht verlassen – auch wegen eines zweiten Polizeieinsatzes. Es war nicht auszuschließen, dass der Täter einen Sprengsatz in einer Wohnung in der benachbarten Straße „Witte Wie“ platziert hatte. Dort wurde aber zumindest bis zum frühen Abend keine Bombe gefunden, auch nicht in der Tankstelle, eine Schusswaffe ebenfalls nicht. Wem die Wohnung gehört, sagte die Polizei nicht.

Täter hatte laut Polizei keinen Zugriff auf Dienstwaffen

Das Tatmotiv ist rätselhaft. Polizeisprecher Bischoff sagt jedoch, dass der 46-Jährige sich aus „gesundheitlichen Gründen“ in einem Laufbahnwechsel zum Verwaltungsdienst befinde. Einen Zugriff auf Dienstwaffen hatte er deswegen nicht, so der Polizeisprecher weiter.

„Nach bisherigen Ermittlungen sind neben der Erkrankung familiäre Probleme das Motiv der Tat.“ Nun wird auch ermittelt, ob es einen Sorgerechtsstreit gab. Nach der Aktion kommen einige Anwohner auf die Straße und unterhalten sich über den Einsatz. „Ich hatte Mitleid mit der Frau“, sagt eine Nachbarin.

Aus Neutralitätsgründen übernimmt das Polizeipräsidium Essen die weiteren Ermittlungen.

Dieser Text ist zuerst auf waz.de erschienen.