Marseille. Mehrere Häuser sind in Marseille eingestürzt. Vier Menschen sind tot. Weitere sind wohl von den Trümmern begraben. Es wird gesucht.

Nach dem Einsturz mehrerer baufälliger Wohnhäuser im südfranzösischen Marseille ist am Dienstagabend eine tote Frau und damit die vierte Leiche in den Ruinen gefunden worden. Zuvor wurden bereits zwei Männer und eine Frau in den Trümmern der maroden Wohnhäuser entdeckt.

Nach dem Einsturz waren mindestens acht Menschen vermisst worden. Auch sie könnten von den Trümmern der Gebäude begraben worden sein. Zwei Häuser waren am Montag im Zentrum Marseilles eingestürzt.

Eines der Häuser stand leer, weil es baufällig war. Das zweite, in dem ebenfalls Bauarbeiten anstanden, war bewohnt. Ein drittes wurde am Montagabend zerstört, weil es ebenfalls einzustürzen drohte.

Stiftung kritisiert die Stadt für Wohnungspolitik scharf

Zunächst war vermutet worden, dass auch zwei Passanten von den Trümmern erschlagen worden sein könnten. Hier konnten die Behörden jedoch Entwarnung geben: Die Straße wurde geräumt, Leichen wurden dort nicht gefunden. Dutzende Bewohner anliegender Häuser wurden am Montag in Sicherheit gebracht.

Polizisten und Feuerwehrleute am Unglücksort in Marseille.
Polizisten und Feuerwehrleute am Unglücksort in Marseille. © REUTERS | JEAN-PAUL PELISSIER

Innenminister Christophe Castaner versprach am Unglücksort, die Ursache zu klären. „Dieser dramatische Unfall könnte auf die heftigen Regenfälle zurückzuführen sein, die in den vergangenen Tagen auf Marseille gefallen sind“, hieß es am Montag von der Stadt.

Die Stiftung Abbé Pierre, die sich für bessere Wohnbedingungen einsetzt, kritisierte die Stadt scharf für ihre Wohnungspolitik. „Es ist das Ergebnis jahrzehntelanger öffentlicher Untätigkeit“, sagte Regionaldirektor Florent Houdmon der AFP. Auch der Sprecher eines Einwohnervereins sieht demnach die Verantwortung für das Unglück bei der Stadt. „Die Situation, in der die beiden eingestürzten Gebäude waren, war lange bekannt“, sagte Patrick Lacoste.

Viele Häuser im betroffenen Stadtteil sind marode

Viele Häuser in dem betroffenen Stadtteil Noailles sind in einem besorgniserregenden Zustand. AFP zufolge gibt es mehrere Berichte, die auf die gefährliche Situation hinweisen. Auf Fotos bei Google Maps war zu sehen, dass die eingestürzten Häuser riesige Risse an der Fassade hatten. „Es sind die Häuser der Armen, die zusammenstürzen - und das ist kein Zufall“, sagte der führende Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon nach Angaben mehrerer Medien. Mélenchon hat in Marseille seinen Wahlkreis und reiste am Montag ebenfalls zum Unglücksort.

Eine 25-jährige Bewohnerin eines der beiden eingestürzten Häuser berichtete AFP, dass seit einigen Tagen die Türen in ihrer Wohnung nicht mehr richtig geschlossen hätten. Am Sonntag - eine Nacht vor dem Einsturz - verließ sie ihre Wohnung und fuhr zu ihren Eltern. „Ich hatte Angst, zu Hause eingeschlossen zu sein.“ (dpa/moi/ba)