Berlin. Der Toniebox-Hersteller zieht eine Jim-Knopf-Figur zurück: Sie bediene rassistische Klischees. So erklärt die Firma ihre Entscheidung.

Ist Jim Knopf als Figur rassistisch? Diese Frage stellen sich aktuell viele Hörspiel-Fans zu dem Helden ihrer Kindheit. Denn der Hersteller des interaktiven Lautsprechers Toniebox hat nun eine zuvor angekündigte Jim-Knopf-Figur auf Eis gelegt – weil es Kritik an der „stereotypen Darstellung“ der Figur gab, wie der Hersteller mitteilte.

Diese Version von Jim Knopf als Tonie wird nicht für die Toniebox erscheinen.
Diese Version von Jim Knopf als Tonie wird nicht für die Toniebox erscheinen. © twitter.com/tonies_de | Boxine

Die nun gestoppte Variante der Figur ähnelte dabei sehr dem Charakter, den Kinder und Eltern aus den Abenteuern von Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer, aus der Augsburger Puppenkiste kennen. Jim Knopf wird mit übertrieben großen Lippen und Augen dargestellt, wie es auch in diffamierenden und rassistischen Karikaturen der Fall ist.

In einem Blog-Beitrag auf der Firmen-Website und auf Facebook hat sich der Hersteller der Tonies am 30. Oktober erklärt. Die Figur sei Ende September fertig gewesen, für November ein Erscheinungsdatum anvisiert worden. Es habe viel Vorfreude auf die Figur gegeben, „es gab jedoch auch einige kritische Stimmen hinsichtlich der Gestaltung der Figur, die wir sehr ernst nehmen“, heißt es in dem Blog-Beitrag.

Update: Im Februar 2019 gab Toniebox bekannt, dass der neue Jim Knopf am 21. März erscheint. Wie die Figur aussieht, gibt es hier zu sehen: Nach Rassismus-Vorwurf: Toniebox bringt neue Jim-Knopf-Figur.

Was passiert mit den alten Tonies von Jim Knopf?

Nach der Ankündigung des Unternehmens zur Umgestaltung der Jim-Knopf-Figur kam unter Fans die Frage auf: Was geschieht mit den bereits produzierten Tonies? Werden sie dennoch als B-Ware verkauft oder gar verschenkt?

Das Unternehmen antwortete auf Facebook: „Die bisher produzierten Tonies werden weitestgehend recycelt und nicht erhältlich sein.“

So reagieren Fans der Toniebox auf die Entscheidung zu Jim Knopf

Die Kritik habe man zum Anlass genommen, Jim Knopf zu überarbeiten. „An dieser Stelle entschuldigen wir uns bei allen, deren Gefühle wir durch die aktuelle Darstellung des Jim Knopf verletzt haben.“, ergänzte das Unternehmen Boxine aus Düsseldorf, das hinter der Toniebox steht. Die Kritik kam vor allem aus der „Community“, also von Kunden und Fans, wie das Unternehmen unserer Redaktion mitteilte.

Und wie reagieren die Tonie-Fans nun auf die Ankündigung? Die meisten Kommentatoren unter dem Blogpost zeigen sich enttäuscht darüber, dass die Figur vorerst nicht erscheint. Einige können die mutmaßlichen Gründe für die Verschiebung nicht nachvollziehen. „Ich verstehe nicht warum man immer alles umändern muss nur weil mache Leute ein Problem damit haben.“, schreibt eine Kommentatorin unter den Namen Kerstin.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch Verständnis. „Super Entscheidung. Wir sollten weg von ‘rassespezifischen’ Stereotypen - Rasse in Anführungszeichen, weil wir alle hoffentlich wissen, dass es keine unterschiedlichen Menschenrassen gibt.“, schreibt Selina Noack.

Auf der Facebook-Seite von Toniebox schreibt eine Nutzerin: „Zu Beginn erstmal ein großes Lob an Tonies, dass sie in Zeiten, in denen wieder Asylunterkünfte brennen, ..., das Rückgrat beweisen, zu ihrem Fehler zu stehen und diesen auszubessern! Ich bin wirklich gespannt auf die neue Figur.“

Neue Version von Jim Knopf wird „natürlich keine hellhäutige Figur“

Einige Fans fragen aber auch: Warum wurde die Figur so kurz vor der geplanten Veröffentlichung zurückgezogen? Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt eine Sprecherin: „Nachdem deutlich war, dass wir unserem Produktversprechen an Freude und Hör-Spiel-Spaß mit unserem ursprünglich geplanten Jim Knopf-Tonie nicht in dem Maße gerecht geworden sind, wie es unser Anspruch ist, haben wir uns intensiv Zeit genommen, eine Lösung zu finden.“

So kennt man Jim Knopf aus der Augsburger Puppenkiste.
So kennt man Jim Knopf aus der Augsburger Puppenkiste. © imago stock&people | imago stock&people

Ausreichend Zeit nimmt sich das Unternehmen nach eigenen Angaben nun auch bei der Neuauflage von Jim Knopf. „Weitere Details zur Gestaltung der Figur und den Inhalten des Hörspiels werden wir Anfang 2019 geben können“, so die Sprecherin. Spekulationen aus Fan-Kreisen zu einem weißen Jim Knopf räumt das Unternehmen aber schon jetzt aus: So „wird der Jim Knopf-Tonie natürlich keine hellhäutige Figur werden“, weil er möglichst nah am Original bleiben solle. Bisher war die Vorlage für viele Figuren auch die Umsetzung der Augsburger Puppenkiste.

Zur Originalfigur im Buch von Michael Ende hatte es rassistische Beschreibungen gegeben. Jim Knopf wurde als Neger beschrieben, Vergleiche zwischen seiner Hautfarbe und der seines vom Ruß gezeichneten Kollegen Lukas überschritten auch Grenzen. Doch Michael Ende Rassismus zu unterstellen, ginge wohl zu weit. Im Gegenteil: Die Berliner „taz“ beschrieb die Welt der Geschichte – vor allem Lummerland – als Ort, in dem Kinder jeglicher Herkunft friedlich zusammenleben.

Für die Toniebox sind bereits zahlreiche bekannte Hörspielfiguren erschienen, darunter „Benjamin Blümchen“, die „Tigerente“ von Janosch oder der Sandmann.

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Wie funktioniert die Toniebox?

Die Toniebox ist ein interaktiver Lautsprecher, der Hörspiele abspielt und für Kinder gedacht ist, die noch keinen MP3-Player oder andere Abspielgeräte wie CD-Player bedienen können. Die Handhabung ist simpel: Man stellt eine Figur (Tonie) auf die Toniebox und das Hörspiel startet.

Möglich macht dies ein NFC-Chip in der Figur. Nähert sich der Chip dem Gerät, nimmt dies die Box wahr und beginnt das Abspielen. Die Hörspiele kommen aus der Cloud – also aus einem Speicher im Internet auf Servern des Unternehmens.

Je nachdem, welche Figur man auf das Gerät stellt, wird ein anderes Hörspiel gestartet. Steht „Bibi Blocksberg“auf dem Würfel, hört man eine Geschichte über die kleine Hexe, steht die Tigerente auf der Box, kommt die Geschichte von Janosch. Zudem gibt es neutrale Tonies, die Eltern selbst bespielen können.

Um die Toniebox ist mittlerweile ein großer Hype entstanden. Kurz vor Weihnachten 2017 waren sämtliche Tonieboxen vergriffen – über mehrere Wochen sogar, wie das Unternehmen damals mitteilte. Es ist gut möglich, dass die Nachfrage in diesem Jahr noch höher sein wird als im vergangenen Jahr. Denn schon jetzt haben die Suchanfragen nach dem Gerät auf Google fast den Stand von Ende Dezember 2017 erreicht. Dabei ist es bis Weihnachten noch über einen Monat hin.

Ostern 2018 hatte das Unternehmen kurzzeitig mit Ausfällen eines Servers zu kämpfen. So konnten über die Feiertage teilweise keine Hörspiele geladen werden.