Berlin. BTS wurde von vielen belächelt. Heute ist die Boyband ein weltweites Phänomen. Nun kommen die sieben Südkoreaner nach Deutschland.

Wie konnte aus einer gecasteten Pop-Band aus Südkorea innerhalb von wenigen Jahren ein weltumspannendes Phänomen namens BTS werden? BTS waren gerade auf dem Cover des „Time“-Magazins, die Sänger sprachen kürzlich vor der UN-Vollversammlung, sie forderten Jugendliche in der Welt auf, ihre Stimme zu erheben und Missstände anzusprechen.

Und als BTS vor einigen Wochen zwei Konzerte in der Mercedes-Benz-Arena (17.000 Sitze) in Berlin ankündigte, die in dieser Woche stattfinden, waren die Tickets innerhalb von neun Minuten ausverkauft. Wer all das verstehen will, sollte sich zunächst das Lied „Love Myself“ anhören.

Es ist ein seichter, unauffälliger Pop-Song. Die sieben Sänger der Band, sie sind zwischen 21 und 26 Jahren alt, fordern den Zuhörer abwechselnd auf Koreanisch und Englisch auf, „sich selbst öfter die Fehler zu verzeihen“, denn: „Narben machen erst den Charakter.“

Und weil die Sänger aus Südkorea kommen, dem Land mit der höchsten Selbsttötungsrate in der OECD, wird in einer Liedzeile auch ein versuchter Suizid erwähnt. BTS endet optimistisch: „Vom Anfang bis zum Ende, es gibt nur eine Antwort: meinen Atem.“

Die Melodien erinnern an die Euro-Trash-Zeit der 90er-Jahre

BTS Ende September vor der UN-Vollversammlung in New York.
BTS Ende September vor der UN-Vollversammlung in New York. © REUTERS | CAITLIN OCHS

Allein durch den poetischen Text, dessen deutsche Übersetzung für Jugendliche von heute nur einen Klick auf dem Smartphone entfernt ist, lässt sich der Erfolg nicht erklären. Die einfachen Pop-Melodien erinnern zudem entfernt an die Euro-Trash-Zeit der 1990er-Jahre.

Als das Lied aber im November 2017 erschien, startete BTS zusammen mit dem Kinderhilfswerk Unicef eine weltweite Medienkampagne, um Kinder vor der Gewalt von Erwachsenen zu schützen. Hinter den Hashtags #BTSLoveMyself und #ENDViolence versammelten sich Millionen von Fans und erzählten von ihren Kriegs- oder Gewalterfahrungen.

Die Fans stehen miteinander in Kontakt und nennen sich „Army“

Moderne Musik aus Korea, gern unter „K-Pop“ zusammengefasst, war über Jahre hinweg ein Nischenphänomen von Jugendlichen. Doch BTS schafften es, dass daraus ein Massenmarkt für Millionen Fans wurde, die auf sozialen Medien die Texte der Lieder diskutieren, die Videos interpretieren und auch mit der Band selbst in Kontakt stehen.

BTS bei ihrem Auftrott bei den Billboard Music Awards in der MGM Grand Garden Arena in Las Vegas.
BTS bei ihrem Auftrott bei den Billboard Music Awards in der MGM Grand Garden Arena in Las Vegas. © Getty Images | Kevin Winter

Dieser enge Kontakt zwischen Künstlern und Fans ist letztlich das Rezept des BTS-Hypes. Die Fans sind auch mehr als nur Anhänger von Musik, sondern BTS gab ihnen einen Namen: „Army“, also: „Armee“. Gecastet wurde die Band BTS im Jahr 2010: Die Abkürzung steht für „Kugelsichere Pfadfinder“ oder „Bangtan Boys“ – wird aber auch im koreanischen Original nie ausgeschrieben.

BTS hatte keine große Musikfirma im Rücken

Im Jahr 2013 erschien ihr Debüt-Album: „2 Cool 4 Skool“ – begleitet von Kampagnen auf Youtube, Twitter und Soundcloud. Viele der Zuhörer machten sich anfangs über die sieben Jungen lustig, der jüngste Sänger war gerade 16 Jahre alt. Sie sehen aus wie Kinder, hieß es, ihre Texte seien naiv und tatsächlich hatte BTS keine große Musikfirma im Rücken.

Fünf Jahre später organisieren sie eine Welttournee, haben eine Hit-Single mit US-Sängerin Nicki Minaj veröffentlicht und im November läuft ein Film über ihr Leben im Kino, wieder weltweit. Darin wiederholen sie ihr Motto: „Glaub an deine Träume“ – es gibt schlimmere Impulse, die von Pop-Musik ausgehen können.