Berlin. In Deutschland drohen Sand-Lieferengpässe. Der Preis steigt bereits. Im Ausland stehlen Kriminelle mittlerweile ganze Strandabschnitte.
„Des heiligen römischen Reiches Streusandbüchse“, lästerten die alten Preußen über Brandenburgs sandigen Boden. Rein rechnerisch wären die Brandenburger heute wohl genau dadurch ein reiches Land. Denn Sand wird überall gebraucht, die Nachfrage wächst, das Angebot aber nicht in gleichem Maße.
Engpässe sind für die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) daher absehbar. „Für 2018 wird eine Verstärkung der Lieferengpässe vorausgesagt“, warnte bereits BGR-Experte Harald Elsner in einer zu Jahresbeginn veröffentlichten Studie.
Dabei ist der Rohstoff hierzulande reichlich vorhanden. Sand, Kies und Schotter gibt es in verschiedenen Qualitäten im Boden. Der BGR zufolge reichen die Vorkommen an Quarzsand noch Jahrzehnte, Bausand hat die Eiszeit praktisch über das gesamte Land verteilt – mit Ausnahmen der Mittelgebirge und Alpen. Doch ein Großteil der Vorkommen ist nicht nutzbar.
Kosmetik, Zahnpasta und Klebstoff – für alles wird Sand gebraucht
Die Flächen sind bebaut, werden von Gewerbe oder Landwirtschaft genutzt oder stehen unter Naturschutz. In Baden-Württemberg sind der BGR zufolge beispielsweise 85 Prozent der Flächen anderweitig verplant. Und weil Ackerland immer wertvoller wird, stellen auch Bauern ihre Flächen seltener für den Abbau von Sand zur Verfügung.
Gleichzeitig wächst der Bedarf an den Mineralien, die in vielen Branchen zum Einsatz kommen. Quarzsande benötigt die Industrie für Computerchips. Auch in Kosmetika oder Zahnpasta, in Klebstoffen und Bindemitteln wird der Rohstoff verwendet. Und natürlich beim Bau. Es ist schon überraschend, wie viel Sand in einem Gebäude steckt.
208 Tonnen Sand für ein Einfamilienhaus mit Keller
Für ein Einfamilienhaus mit Keller werden nach Angaben des Bundesverbands Mineralische Rohstoffe (Miro) 208 Tonnen Sand benötigt, für einen Kilometer Autobahn 216.000 Tonnen. Allein für die Sanierung zweier Magistralen braucht die Deutsche Bahn 700.000 Tonnen Schotter.
Fast 250 Millionen Tonnen Bausand und zehn Millionen Tonnen Quarzsand und Kies wurden 2016 in Deutschland verkauft. Der Umsatz ist gemessen an der Menge mit 1,8 Milliarden Euro gering. Eine Tonne Sand kostete im Schnitt 6,43 Euro, Quarzsand 21,38 Euro.
Doch die Preiskurve zeigt nach oben. Um fünf Prozent sei der Preis für Bausand seit Jahresbeginn gestiegen, sagt Iris Grundmann, Sprecherin des Bauindustrieverbands. Dies müsse die Industrie an die Bauherren weitergeben.
Immerhin ist es bisher nicht zu den von der BGR befürchteten verstärkten Lieferengpässen gekommen. Ob dies so bleibt, bezweifelt der Branchenverband Miro. Die Nachfrage steige, die Kapazitäten der Werke seien begrenzt.
Der Verband sieht vor allem die Politik in der Pflicht, die neue Abbaufelder nur schleppend genehmige. „Gut zwölf Jahre muss man im Schnitt von der ersten Antragstellung bis zum Bescheid warten“, klagt Sprecherin Gabriela Schulz.
Dubai importiert Sand aus Australien
International sieht es noch dramatischer aus. Weltweit wird immer mehr gebaut, vor allem in den Schwellenländern. Aus einer Anfrage der Grünen im Bundestag geht hervor, dass allein China zwischen 2008 und 2010 mehr Zement verbraucht hat als die USA im gesamten 20. Jahrhundert.
Die für den Beton benötigten Sandqualitäten gibt es längst nicht in jedem Land. Das von Wüste umgebene Dubai etwa importiert für seine Wolkenkratzer Sand aus Australien. Der eigene Wüstensand ist für die Verarbeitung ungeeignet. Wie auch in der Sahara sind die Sandkörner von Wind und Wetter zu rund geschliffen.
Das knappe Gut hat längst auch die organisierte Kriminalität auf den Plan gerufen. In Indien und Indonesien tragen Kriminelle über Nacht ganze Strandabschnitte ab. Auch in Afrika wird, etwa aus dem Victoriasee in Uganda, illegal Sand für den Schwarzmarkt abgegraben.
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