Auckland. In einem Gefängnis in Neuseeland können Häftlinge in geräumigen Zellen Yoga machen. Sieht so die neue Generation der Haftanstalten aus?

Der Besucherraum erinnert an ein schickes Café. Der Sinnes-Garten mit Pflanzen und Wasserspielen wäre auch in einem Luxus-Resort nicht fehl am Platz. Doch der lichtdurchflutete Bau ist nicht für Erholung suchende Urlauber konzipiert, sondern für Gefangene, die sich hier auf gepflegtem Rasen sonnen und in den geräumigen Zellen Yogaübungen machen.

300 Millionen neuseeländische Dollar (174 Millionen Euro) hat das neue Hochsicherheitsgefängnis gekostet, das seine Insassen mit ganzheitlichen und therapeutischen Programmen versorgen will. Am Stadtrand von Neuseelands größter Stadt Auckland gelegen, ersetzt es in Teilen das berüchtigte Paremoremo-Gefängnis, das den Riesen-Haftanstalten in den USA, Marion und Alcatraz, nachempfunden war.

Altes Gefängnis war ein Ort der Gewalt

Yvonne Jewkes, Professorin für Kriminologie an der britischen Universität von Kent, die als Beraterin für das neue Gefängnis arbeitete, nannte die alte Einrichtung gegenüber der Zeitung „Guardian“ eine „nationale Schande“ und „das grimmigste Gefängnis“, das sie je auf der Welt gesehen habe.

Im Paremoremo-Gefängnis saßen bisher Neuseelands gefährlichste Verbrecher, die auch vor Gewalt gegen die Wärter nicht zurückschreckten. Im Oktober 2016 wurden sechs Wärter verletzt, nachdem Insassen über sie hergefallen waren. Und im Juni dieses Jahres berichteten Medien erneut von organisierter Gewalt durch Gefängnis-Gangs gegen die Angestellten.

Maori überproportional häufig inhaftiert

„Das alte Hochsicherheitsgefängnis wurde vor 50 Jahren gebaut und war für eine ganz andere Zeit und einen anderen Zweck bestimmt“, sagte Ray Smith, der Leiter des neuseeländischen Strafvollzugs. „Die Technologie hat sich verändert, ebenso die Art und Weise, wie wir Rehabilitation und Unterstützung für Häftlinge mit psychischen Problemen leisten.“

Neuseeland hat eine der höchsten Inhaftierungsraten der entwickelten Welt. Auf 100.000 Einwohner kommen 220 Sträflinge, wobei die neuseeländischen Ureinwohner – die Maori – überproportional vertreten sind. Sie machen mehr als 50 Prozent aller Gefangenen aus, obwohl von den 4,8 Millionen Neuseeländern gerade mal etwas über 700.000 Maori sind.

Gefängnis auf Bedürfnisse von Suchtkranken ausgelegt

Dabei gelten mehr als 90 Prozent der Gefangenen als psychisch krank, die meisten litten unter Suchtproblemen, so eine Sprecherin des Strafvollzugs. In der neuen Anlage konzentriere sich das Management deswegen auf die Behandlung akuter psychischer Probleme. „Die neue Anlage ist für unsere Mitarbeiter wesentlich sicherer, und es gibt deutlich bessere Möglichkeiten für die Umsetzung von Bildungs-, Beschäftigungs- und Rehabilitationsprogrammen.“

Die Rehabilitationsprogramme werden individuell auf die einzelnen Häftlinge und ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Um jenen mit mentalen Problemen oder Drogenabhängigkeit zu helfen, stehen Entspannungsübungen wie Yogakurse inmitten der Pflanzenpracht des Gartens auf dem Programm, den sie selbst pflegen.

Zudem gibt es noch einen „sensorischen“ Garten mit Kräutern wie Thymian oder grüner Minze, die beruhigen und gleichermaßen stimulieren sollen. Horizontale statt vertikale Streben ermöglichen den Insassen von ihren Zellen aus einen besseren Blick auf die Natur. Außerdem sind die Zellen mit neun statt knapp sechs Quadratmetern deutlich geräumiger, verfügen über eigene Duschen und Fernseher.

Auch andere Länder haben „humane“ Gefängnisse

Neuseelands „humanes“ Gefängnis ist dabei aber nicht das erste oder einzige der Welt. Auch in der Jugendstrafanstalt De Maasberg in den Niederlande erinnert nichts mehr an ein Zuchthaus: Hier können sich die Inhaftierten zwischen den architektonisch schön gestalteten Haft- und Arbeitsplätzen frei bewegen.

Als das „humanste“ Gefängnis der Welt wird jedoch meist ein norwegisches Gefängnis in der Nähe von Oslo bezeichnet, wo die Insassen in Blockhütten mit eigenem Bad leben und sich in einem Musikstudio oder beim Sport austoben können.