Aix-en-Provence. Vor vier Jahren wurde die Milliardärin und Immobilienkönigin Hélène Pastor von Killern erschossen. Ein Auftrag aus der eigenen Familie?

Warum musste die monegassische Immobilienkönigin Hélène Pastor sterben? Stecken Tochter Sylvia und deren Ehemann Wojciech Janowski dahinter, weil ihnen ein monatlicher Scheck der Milliardärin in Höhe von 500.000 Euro nicht großzügig genug erschien?

Das jedenfalls glaubt der Staatsanwalt des Gerichtshofes von Aix-en-Provence, wo seit Montag einer der spektakulärsten französischen Kriminalfälle der vergangenen Jahre aufgerollt wird. Zehn Personen, unter ihnen die beiden mutmaßlichen Auftragsmörder, sitzen auf der Anklagebank, doch das Hauptaugenmerk gilt dem Ehepaar Pastor-Janowski.

Matriarchin eines der angesehensten Clans

Das Renommee der Familie Pastor wird in Monaco nur von dem der Fürstendynastie Grimaldi übertroffen. Entsprechend groß war der den Ministaat erschütternde Schock, als die 77-jährige Dame und ihr Chauffeur Mohamed Darwich am 6. Mai 2014 nach dem Verlassen eines Krankenhauses in Nizza von Unbekannten mit einem abgesägten Gewehr niedergeschossen wurden. Beide erlagen später im Krankenhaus ihren Verletzungen.

Die Auswertung der Überwachungskameras des Krankenhauses bringt die Kripo rasch auf die Spur der mutmaßlichen Täter. Es handelt sich um zwei in Marseille lebende Männer aus dem Inselstaat Komoren, die Hélène Pastor unvermummt auf dem Parkplatz vor der Klinik auflauerten und dann auf einem Motorrad das Weite suchten.

Doch da die Ermittler von einem Auftragsmord ausgehen, werden die beiden Männer zunächst nicht verhaftet, sondern rund um die Uhr beschattet. Erst sechs Wochen später greift die Polizei in der Überzeugung zu, alle Helfer und die Drahtzieher des Doppelmordes identifiziert zu haben.

Bekannte der Familie berichten von finanziellen Differenzen

Die ursprüngliche Annahme, dass die italienische oder die russische Mafia hinter der Bluttat stecken könnte, bestätigte sich im Laufe der Ermittlungen bisher nicht. Stattdessen rücken Sylvia Pastor (56) und ihr Ehemann, der polnischer Honorarkonsul in Monaco war, in das Visier der Fahnder.

Im Gegensatz zu ihrem Bruder Gildo, der ein enges Verhältnis zu seiner Mutter pflegte, soll sich Sylvia mit ihrer Mutter zerstritten haben. Von finanziellen Differenzen wissen Bekannte der Familie zu berichten.

Angeblich sah Sylvia Pastor den von der Mutter an ihre beiden Kinder gezahlten Anteil (eine halbe Million Euro im Monat) an den stattlichen Gewinnen des familiären Bau- und Immobilienkonzerns als „viel zu niedrig“ an. Hélène Pastor ihrerseits wollte trotz ihres hohen Alters die Verwaltung der nach ihr benannten Gesellschaft „Hélène Pallanca Pastor“ noch nicht aus der Hand geben.

Familienvermögen wird auf 19 Milliaraden Euro geschätzt

Ebenso energisch wie ­diskret zählte sie bis zuletzt zu den mächtigsten Wirtschaftsführern Monacos. Schätzungen zufolge wiegt das von Hélènes Vater Gildo während der Regentschaft von Prinz Rainier II. angehäufte Familienvermögen 19 Milliarden Euro. Es besteht hauptsächlich aus ­luxuriösen Mietshäusern, die in dem von Platzmangel und Wohnungsnot geplagten Fürstentum astronomisch hohe Renditen abwerfen.

Im Verhör gestand der 69-jährige Janowski im Herbst 2014, die Auftragskiller dank der Kontakte seines Sporttrainers Pacale Dauriac (49) gefunden zu haben – für 140.000 Euro. Allerdings hat der in Monaco zwar angesehene, aber eher glücklose Geschäftsmann dieses Geständnis kurz darauf widerrufen. Er habe gelogen, um seine Frau vor den Vorwürfen zu schützen. Außerdem hätte es Sprachprobleme gegeben. Sein ehemaliger „Personal Trainer“ hingegen ist bei seinem Geständnis geblieben und gilt als Hauptbelastungszeuge der Anklage.

Unklar ist derweil, ob Sylvia Pastor tatsächlich nichts von den Mordplänen ihres von gleich zwei Staranwälten vertretenen Gatten gewusst hat. Sie bestreitet jedenfalls jegliche Mitwisserschaft.