Freiburg/Blomberg. Wende im Kriminalfall Maria H.: Die 18-Jährige änderte ihre Aussage und gab zu, nach ihrem Verschwinden nicht allein gelebt zu haben.

Es ist ein Vermissten- und Kriminalfall, der noch immer Fragen offen lässt – und in dem Widersprüche die Polizeiarbeit erschweren. Die nach mehr als fünf Jahren wieder aufgetauchte Freiburgerin Maria H. hat ihre erste Aussage korrigiert und gegenüber den Ermittlern neue Angaben gemacht, wie die Polizei am Dienstag mitteilte.

Die 18-Jährige hat demnach zugegeben, jahrelang nicht alleine, sondern gemeinsam mit ihrem rund 40 Jahre älteren Begleiter aus Blomberg (Kreis Lippe) gelebt zu haben und quer durch Europa gereist zu sein. Es ist eine weitere Episode in dem Fall, der ungewöhnlich ist.

Maria H., die im Mai 2013 gemeinsam mit dem Mann untertauchte, ist seit einigen Tagen wieder daheim bei ihrer Mutter in Freiburg. Sie kam überraschend und freiwillig zurück, wie die Mutter und die Polizei berichten. Ihr Begleiter wurde am vergangenen Donnerstag in Sizilien festgenommen und soll nun nach Deutschland ausgeliefert werden, sagt Martina Wilke, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Freiburg, wo der heute 57-Jährige vor Gericht gestellt werden soll.

Angaben der 18-Jährigen weckten früh Zweifel

„Wir haben nun ein etwas klareres Bild“, sagte die Freiburger Polizeisprecherin Laura Riske am Dienstag, nachdem der Fall eine neue Wendung genommen hat. Anfangs habe der Teenager erzählt, sich früh von dem Mann getrennt zu haben und dann mit Fahrrad und Zelt jahrelang alleine unterwegs gewesen zu sein. Doch an diesen Angaben gab es früh Zweifel.

Am Montag sagte die 18-Jährige nun erneut aus. Sie hat demnach erstmals zugegeben, von Mai 2013 bis zuletzt mit ihrem Begleiter zusammen gewesen zu sein. Anfangs in Polen und weiter in Osteuropa. Und schließlich in Italien. Niemand, so die Polizei, wurde auf das ungleiche Paar aufmerksam und schöpfte Verdacht. Trotz internationaler Fahndung blieben Maria und der Mann unentdeckt.

Vor rund zwei Jahren bezog das Duo in Sizilien laut Polizei eine gemeinsame Wohnung – in dem Ort, in dem der Mann nun festgenommen wurde, wie Riske bestätigt. Der Mann habe dort als Gelegenheitsjobber gearbeitet und so das Leben der beiden im Wesentlichen finanziert. Der entscheidende Hinweis, der zur Festnahme führte, sei nicht von Maria gekommen, sagt Riske. Die italienische Polizei habe den 57-Jährigen von sich aus gefunden. Festgenommen wurde er in einem leerstehenden Haus, nicht weit entfernt von der Wohnung.

Maria hatte ihren Begleiter im Internet kennengelernt

Marias Angaben seien nun glaubwürdiger, sagt Riske. Die 18-Jährige habe ihre bisherige Aussage nicht komplett revidiert – sondern lediglich um die Tatsache erweitert, dass sie nicht, wie anfangs behauptet, alleine war. Weitere Einzelheiten nennen die Ermittler nicht. Als Grund geben sie den Schutz des Teenagers an, der in dem Fall als Opfer eines Verbrechens gilt.

Maria, damals 13, hatte den Mann den Angaben zufolge im Internet kennengelernt. Die Polizei ging damals davon aus, dass sie sich verliebt hatte und freiwillig mitging. In Internet-Chats hatte sich der Mann den Ermittlungen zufolge als Teenager ausgegeben.

Zur Frage, ob Maria jahrelang freiwillig bei dem Mann blieb, wie die Beziehung des Paares aussah und ob es den Verdacht von Sexualverbrechen gibt, wollen sich Polizei und Staatsanwaltschaft nicht äußern. Auch die Familie von Maria, die jahrelang öffentlichkeitswirksam nach dem Teenager suchte, hält sich bedeckt.

Mutter: Maria ist abhängig von dem Mann

Maria müsse nun zur Ruhe kommen und das Geschehene verarbeiten, teilt die Mutter mit. Dafür solle ihr Zeit eingeräumt werden. In früheren Aussagen hatte die Mutter vermutet, ihre Tochter sei abhängig von dem rund 40 Jahre älteren Mann, dieser habe Maria gefügig gemacht.

International gesucht worden war der Mann, der nun in Italien in Haft sitzt, wegen Kindesentzugs und sexuellen Missbrauchs. Sollte er nach Deutschland ausgeliefert werden, werde er hier von der Polizei befragt, kündigt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft an.

Verantworten müsse er sich, weil er ohne Einwilligung der Eltern mit einer Minderjährigen untergetaucht sei. Auch wenn Maria freiwillig mitgegangen sei, stelle dies eine Straftat dar. Bei Kindesentzug drohen laut Strafgesetzbuch Angeklagten den Angaben zufolge bis zu fünf Jahre – in schweren Fällen bis zu zehn Jahre – Haft. (dpa)