Bangkok. Vor 36 Stunden wurden zwölf Jungen und ihr Trainer in der Höhle in Thailand gefunden – lebend. Doch einen Ausweg gibt es bislang nicht.

Die neue Botschaft aus der Finsternis der kleinen Grotte tief in den Eingeweiden der Tham Luang Höhlen im Norden Thailands stimmte zuversichtlich. Die schmalen Jungen im Alter von 11 bis 16 Jahren traten einzeln vor die Kamera der thailändischen Navy Seals, grüßten respektvoll und stellten sich mit Namen vor.

Die Zähne leuchteten weiß, ihre Münder schienen riesig in den abgemagerten Gesichtern. Die Alu-Folien, mit denen sie sich zum Schutz gegen Kühle und Feuchtigkeit eingewickelt hatten, waren ihnen von draußen gebracht worden.

Gut 36 Stunden nach dem Auffinden der zwölf Jungen und ihrem 25 Jahre alten Trainer war auch keine Rede mehr von Hunger. In der Grotte vier Kilometer vom Eingang des Höhlenkomplexes entfernt stapeln sich jetzt Vorräte für vier Monate.

Evakuierung scheint vorerst ausgeschlossen

Ob die jungen Fußballer solange bleiben müssen, ist unklar. Denn bei aller Aufregung und Freude über das Auffinden der Jungen, von denen geschlagene zehn Tage jedes Lebenszeichen fehlte, herrscht weiter Ungewissheit über ihre Zukunft.

Eine Evakuierung scheint vorerst ausgeschlossen. Wie schwierig es ist, die Kinder in der Dunkelheit durch enge, überflutete Gänge zu lotsen, führten am Dienstag just die Retter bei ihren hektischen Bemühungen vor Augen. Die Geräte, mit denen eine unterirdische Telefonleitung zu der Grotte aufgebaut werden sollten, fielen ins Wasser und verschwanden auf Nimmerwiedersehen in den trüben, dunklen Fluten. Deshalb gibt es noch immer keine direkte Verbindung zu den Kindern.

Fußballer aus Höhle in Thailand gerettet

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© REUTERS | REUTERS / SOE ZEYA TUN
Die Sorge um die Vermissten war bei Angehörigen und Freunden groß. Schüler der Mae-Sai-Prasitsart-Schule in Nordthailand beteten vor Schulbeginn für sechs ihrer Schulkameraden, die zu der eingeschlossenen Jugendfußballmannschaft gehörten.
Die Sorge um die Vermissten war bei Angehörigen und Freunden groß. Schüler der Mae-Sai-Prasitsart-Schule in Nordthailand beteten vor Schulbeginn für sechs ihrer Schulkameraden, die zu der eingeschlossenen Jugendfußballmannschaft gehörten. © REUTERS | REUTERS / SOE ZEYA TUN
© dpa | Thai Navy Seals
Wechselbad der Gefühle: Familienangehörige erfahren am 2. Juli die frohe Botschaft, dass die Vermissten gefunden wurden.
Wechselbad der Gefühle: Familienangehörige erfahren am 2. Juli die frohe Botschaft, dass die Vermissten gefunden wurden. © dpa | Sakchai Lalit
Ein junger Familienangehöriger freut sich sehr über die guten Nachrichten.
Ein junger Familienangehöriger freut sich sehr über die guten Nachrichten. © dpa | Sakchai Lalit
Doch ob die Rettung gelingen kann, bleibt lange ungewiss. Familienangehörige harren in der Nähe der Tham-Luang-Höhle aus.
Doch ob die Rettung gelingen kann, bleibt lange ungewiss. Familienangehörige harren in der Nähe der Tham-Luang-Höhle aus. © REUTERS | SOE ZEYA TUN
Zunächst werden die Jugendlichen und ihr Trainer mit Lebensmitteln versorgt. Sie müssen zu Kräften kommen und auf den Befreiungstauchgang vorbereitet werden. Sie haben massiv an Gewicht verloren. Viele der Jungen sind Nichtschwimmer.
Zunächst werden die Jugendlichen und ihr Trainer mit Lebensmitteln versorgt. Sie müssen zu Kräften kommen und auf den Befreiungstauchgang vorbereitet werden. Sie haben massiv an Gewicht verloren. Viele der Jungen sind Nichtschwimmer. © REUTERS | HANDOUT
Die zwölf Jungen im Alter zwischen 11 und 16 Jahren und ihr Trainer wickeln sich in Alufolie ein, um sich warm zu halten.
Die zwölf Jungen im Alter zwischen 11 und 16 Jahren und ihr Trainer wickeln sich in Alufolie ein, um sich warm zu halten. © REUTERS | REUTERS TV
Tagelang wird nach dem besten Weg gesucht, die Eingeschlossenen zu retten.
Tagelang wird nach dem besten Weg gesucht, die Eingeschlossenen zu retten. © dpa | -
Helfer bereiten kleine Tauchmasken vor, die die Jungen bei ihrer Rettung tragen sollen. Es besteht die Gefahr, dass die Jungen bei ihrem Tauchgang aus der Höhle eine Panikattacke erleiden.
Helfer bereiten kleine Tauchmasken vor, die die Jungen bei ihrer Rettung tragen sollen. Es besteht die Gefahr, dass die Jungen bei ihrem Tauchgang aus der Höhle eine Panikattacke erleiden. © Getty Images | Linh Pham
Weitere Regenfälle erschweren die Bergungsarbeiten. In der Region am 20. nördlichen Breitengrad ist zwischen Juni und Oktober Regenzeit.
Weitere Regenfälle erschweren die Bergungsarbeiten. In der Region am 20. nördlichen Breitengrad ist zwischen Juni und Oktober Regenzeit. © REUTERS | ATHIT PERAWONGMETHA
Welchen enormen Gefahren Retter und Eingeschlossene ausgesetzt sind, beweist ein dramatischer Zwischenfall am 5. Juli: Bei den Rettungsbemühungen kommt ein Taucher ums Leben. Der 37-Jährige starb aufgrund von Sauerstoffmangel. Das ehemalige Mitglied der thailändischen Spezialeinheit Navy Seals wollte Behälter mit Atemluft in der Höhle platzieren und verlor auf dem Rückweg das Bewusstsein. Dennoch müssen die Vorbereitungen für die Rettung der Jungen weitergehen.
Welchen enormen Gefahren Retter und Eingeschlossene ausgesetzt sind, beweist ein dramatischer Zwischenfall am 5. Juli: Bei den Rettungsbemühungen kommt ein Taucher ums Leben. Der 37-Jährige starb aufgrund von Sauerstoffmangel. Das ehemalige Mitglied der thailändischen Spezialeinheit Navy Seals wollte Behälter mit Atemluft in der Höhle platzieren und verlor auf dem Rückweg das Bewusstsein. Dennoch müssen die Vorbereitungen für die Rettung der Jungen weitergehen. © REUTERS | ATHIT PERAWONGMETHA
Narongsak Osatanakorn, Gouverneur von Chiang Rai, erklärt bei einer Pressekonferenz, dass die Jungen und ihr Trainer körperlich und seelisch für die Rettung bereit seien. Das Zeitfenster für den Rettungsversuch ist klein, weil wieder starke Regenfälle erwartet werden.
Narongsak Osatanakorn, Gouverneur von Chiang Rai, erklärt bei einer Pressekonferenz, dass die Jungen und ihr Trainer körperlich und seelisch für die Rettung bereit seien. Das Zeitfenster für den Rettungsversuch ist klein, weil wieder starke Regenfälle erwartet werden. © dpa | Uncredited
18 Rettungstaucher sind an dem Einsatz beteiligt, fünf aus Thailand, 13 aus anderen Ländern. Jeder der Eingeschlossenen soll von zwei Tauchern auf dem Weg aus der Höhle begleitet werden.
18 Rettungstaucher sind an dem Einsatz beteiligt, fünf aus Thailand, 13 aus anderen Ländern. Jeder der Eingeschlossenen soll von zwei Tauchern auf dem Weg aus der Höhle begleitet werden. © REUTERS | TYRONE SIU
Es geht los: Medienvertreter und alle Rettungskräfte, die nicht unmittelbar für die Rettung im Einsatz sind, müssen das Areal verlassen.
Es geht los: Medienvertreter und alle Rettungskräfte, die nicht unmittelbar für die Rettung im Einsatz sind, müssen das Areal verlassen. © dpa | Sakchai Lalit
Nach Stunden dann die Nachricht: Die ersten Jungen sind gerettet.
Nach Stunden dann die Nachricht: Die ersten Jungen sind gerettet. © REUTERS | SOE ZEYA TUN
Sie werden mit Rettungswagen und Helikoptern ins Krankenhaus gebracht.
Sie werden mit Rettungswagen und Helikoptern ins Krankenhaus gebracht. © REUTERS | SOE ZEYA TUN
Die letzten Gefangenen können die Höhle zwei Tage später verlassen. Das glückliche Ende des Höhlendramas grenzt für viele an ein Wunder. Auch Experten hatten es kaum für möglich gehalten, das Team des Fußballvereins „Wildschweine“ aus ihrem Zufluchtsort in vier Kilometern Tiefe sicher nach draußen zu bringen.
Die letzten Gefangenen können die Höhle zwei Tage später verlassen. Das glückliche Ende des Höhlendramas grenzt für viele an ein Wunder. Auch Experten hatten es kaum für möglich gehalten, das Team des Fußballvereins „Wildschweine“ aus ihrem Zufluchtsort in vier Kilometern Tiefe sicher nach draußen zu bringen. © Getty Images | Lauren DeCicca
17 Tage lang waren zwölf Jugendfußballer und ihr Trainer in einer Höhle in Thailand eingeschlossen. Sie waren am 23. Juni von schweren Regenfällen überrascht worden. Weil die Höhle durch die Wassermassen überflutet wurde, war der Rückweg aus der Höhle abgeschnitten. Die Fußballer mussten sich immer tiefer in die Höhle zurückziehen. Die Rettung verlief dramatisch. Schließlich konnten die Rettungskräfte am 10. Juli alle Eingeschlossenen befreien. Wir zeigen die Bilder der Rettung.
17 Tage lang waren zwölf Jugendfußballer und ihr Trainer in einer Höhle in Thailand eingeschlossen. Sie waren am 23. Juni von schweren Regenfällen überrascht worden. Weil die Höhle durch die Wassermassen überflutet wurde, war der Rückweg aus der Höhle abgeschnitten. Die Fußballer mussten sich immer tiefer in die Höhle zurückziehen. Die Rettung verlief dramatisch. Schließlich konnten die Rettungskräfte am 10. Juli alle Eingeschlossenen befreien. Wir zeigen die Bilder der Rettung. © REUTERS | SOE ZEYA TUN
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„Es war einer der extremsten Tauchgänge, die ich je gemacht habe“, verdeutlichte Ben Reyemenants, der einzige noch verbleibende britische Höhlenrettungsexperte vor Ort, gegenüber Medien. „Es ist eng, der Weg ist weit und dann haben wir die Strömung. Die Sicht ist Null und das Risiko, dass einer der Junge Panik bekommt, ist da. Außerdem kann keiner von ihnen schwimmen.“

Weitere Regenfälle könnten bisherigen Erfolge zunichte machen

Die beste Option erscheint derzeit, das Wasser aus den Höhlen zu entfernen. 120 Millionen Liter Wasser, die inzwischen rund zwei Quadratkilometer Reisfelder in der Umgebung überschwemmen, wurden bislang aus Tham Luang gepumpt. Der Erfolg: Der Wasserspiegel sinkt um etwa einen Zentimeter pro Stunde.

Gouverneur Naronsak Osottanakorn spielte dennoch den Optimisten und spekulierte: „Vielleicht kriegen wir sie schon am Wochenende raus.“ Thailands Militärs sind vorsichtiger. Man nenne keine Termine.

Denn der Wasserspiegel hängt vom Wetter ab. Sollte die Regenzeit mit voller Wucht zuschlagen, werden viele Bemühungen der vergangenen Tage, das Wasser abzupumpen, innerhalb von Stunden wieder zunichte gemacht.

Navy Seals lassen die Jungen und ihren Trainer nicht allein

Trotz dieses Risikos glauben die Retter, dass die jungen Fußballer sicher sind. Zwei Freiwillige der Navy Seals bleiben permanent bei den Eingeschlossenen. Zudem haben die Suchmannschaften eine weitere, größere Grotte in unmittelbarer Nachbarschaft ausfindig gemacht. Dort, wo die Jungen entdeckt wurden, gibt es kaum Bewegungsspielraum.

Psychologen in aller Welt mögen derzeit Gratis-Ratschläge verteilen, laut denen die Kinder beschäftigt werden sollten. Bislang überlebten sie, weil sie auf dem engen Raum nahezu bewegungslos auf Hilfe warteten – und Wasser vom Felsen abschleckten.