Berlin. Einst Pop-Göre, dann Aktivistin und nun preisgekrönte Musical-Komponistin – die New Yorkerin Cyndi Lauper feiert ihren 65. Geburtstag.

„Madonna“, so war sich der Musikkritiker Jon Pareles 1984 in der „New York Times“ sicher, „wird bald vergessen sein.“ Es war Cyndi Lauper, der er eine lange Karriere prophezeite. Die Presse liebte es damals, die beiden Sängerinnen gegeneinander auszuspielen. Knallige Popsongs, große Klappe, zerfetzte Punk-Outfits – die beiden besetzten tatsächlich dieselbe Nische. Lauper aber schrieb man mehr Talent zu, Madonna vor ­allem Kalkül. „Die Medien haben diese Rivalität erfunden“, sagt Lauper heute. „Sie hätten nicht zwei Männer verglichen, die zur selben Zeit ein Album herausgebracht hätten.“

Tatsächlich war es Cyndi Lauper, die zeitweise fast in Vergessenheit geraten wäre. Doch wer sie totsagte, lag auch wieder falsch. Am Freitag wird Lauper 65 – und feiert als Musical-Komponistin einen neuen Karriere-Höhepunkt. „Girls Just Wanna Have Fun“ hieß die feministische Hymne, die Lauper zum Star machte. Wie ein zerzauster Papagei, der sich gerade aus seinem Käfig befreit hatte, flatterte sie durch das Video und zettelte einen Frauenaufstand gegen das Spießbürgertum an.

Später Durchbruch erst mit 30 Jahren

Ein Mädchen war sie da nicht mehr, sondern 30 Jahre alt. Uralt nach Pop-Maßstäben der heutigen Zeit, in der Stars bereits im Teenager-Alter gezielt aufgebaut werden. Die New Yorkerin aber ist eine Selfmadefrau, sie tingelte durch die damals anarchische Musikszene von Downtown Manhattan, jobbte im Secondhandladen, ehe sie endlich einen Plattenvertrag unterschrieb. Es sind diese Jahre, die ihr Echtheit und Unabhängigkeit verschafften – Dinge, die man in keiner Castingshow lernen kann. „Ich habe mein Leben immer selbst gestaltet“, sagt sie heute.

16 Millionen Mal verkaufte ­sich ihr Debütalbum „She’s So Unusual“. Um noch einmal den Madonna-Vergleich zu bemühen: Die bessere Tänzerin war Lauper nicht. Weiß sie selber. „Ich wollte aber auch nicht einfach rumstehen wie ein Idiot. Also habe ich meine Beine live im Fernsehen mit Farbe besprüht, das fanden die Leute zum Schreien“, erzählt sie im „Telegraph“.

Inszenierung als Vamp für drittes Album

Doch Lauper wollte nicht nur auffallen, sie wollte ernst genommen werden – und gegen Verklemmtheit kämpfen. Lange vor Madonna thematisierte sie weibliche Masturbation – vor ihrer Single „She Bop“ wurden Eltern mit einem Sticker auf der Plattenhülle gewarnt.

Als die 1980er ausklangen, gelang es Lauper nicht, sich neu zu erfinden. „Meine Plattenfirma wollte, dass ich immer wieder ‚Girls‘ schreibe. Ich wollte das nicht“, sagt sie. Für ihr drittes Album „A Night To Remember“ (1989) ließ sie sich als Vamp inszenieren – die Fans folgten dem Imagewandel nicht. Ein kreativer Tiefpunkt war erreicht, als sie 1994 ihren eigenen ,Girls‘-Hit coverte; ihre bisher letzte Platzierung in den deutschen Single-Charts.

Lauper spielte Gastrollen in Serien und trat am Broadway auf

Rückhalt fand Lauper in der Schwulenszene mit ihrem Faible für Heldinnen zwischen Glamour und Tragik – Lauper dankte es, ­indem sie sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzte. Mit ihrer Stiftung „True Colors“ sammelte sie Millionen. Lauper selbst ist seit 1991 mit dem Schauspieler David Thornton verheiratet. Der gilt als gut aussehend, aber Lauper liebt ihn aus einem anderen Grund: „Er ist sehr lustig.“ 1997 kam ein Sohn zur Welt.

Lauper machte weiter Musik, tourte, spielte Gastrollen in Serien und trat am Broadway auf. An ihren wüsten Outfits hält sie bis heute fest, doch weil die zu ihrer freigeistigen Energie passen, lief sie nie Gefahr, zur Karikatur ihrer selbst zu werden. Eine Möglichkeit, „mal nicht ich selbst zu sein, sondern einfach nur Songs zu schreiben“, fand sie, als sie das Musical „Kinky Boots“ komponierte. Lauper bekam dafür den Musical-Oscar Tony Award.

Seit 2013 läuft es am Broadway und auf der ganzen Welt. Bis September wird es noch in Hamburg aufgeführt. „Man soll aufhören, wenn es am schrillsten ist“, bewirbt das Theater die letzten Shows. Aufhören? Lauper selbst denkt gar nicht dran. „Man sagt, dass nach einem Atomkrieg nur noch Kakerlaken und Cher überleben“, sagt sie. „Und ich wäre dann die Vorband von Cher.“