Bonn. Caro Maurer hat eine schwere und jahrelange Ausbildung als Wein-Expertin hinter sich. Heute vermittelt sie ihr Wissen in vier Jobs.

Rechts, vor dem Regal in Caro Maurers Wohnzimmer in Bonn-Ippendorf, stehen an die 40 Flaschen auf dem Boden; links, neben dem Flügel, drängen sich gut 30; und die unter der Treppe: das werden wohl einige weitere Dutzend sein. Keller oder Küche – will man gar nicht sehen. Willkommen im Haus einer Master of Wine.

Seit 1955 vergibt das IWM, das Londoner Institute of Masters of Wine, diese Auszeichnung. Es ist so etwas wie das Oxford der Weinwelt. Nur elitärer. Neun von zehn, die die Ausbildung beginnen, halten nicht bis zum Ende durch. Caro Maurer (55) war die erste Deutsche, die die Abschlussprüfung bestand. Seit 2011 ist sie „Meisterin des Weins“ – und noch heute die einzige Frau in Nordrhein-Westfalen die den begehrten Titel trägt.

Dass ihr die Arbeit ausgeht, darum muss sie sich seither nicht sorgen: Maurer jettet dienstlich rund um die Welt. In Argentinien hat sie im Februar Weingüter angeschaut, in Russland wird sie im Mai auf einem Kongress erwartet, derzeit ist sie in London. „Ich habe vier Berufe“, sagt Caro Maurer: Sie arbeitet als freie Journalistin u.a. für den „General-Anzeiger“ in Bonn; unterrichtet an einer Weinakademie, moderiert Seminare für Profis und berät Edeka in Sachen Wein.

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    „Wein trinkt man nicht, Wein spuckt man!“

    Darüber hinaus ist ihre Expertise bei Wettbewerben gefragt. Auf der „Decanter“ in London etwa, der weltweit wichtigsten Veranstaltung der Branche, saß sie gerade der Jury für mediterrane Weine vor. „Meine liebste Woche im Jahr“, erzählt die Bonnerin, die im Allgäu aufwuchs. Der Vater leitete ein Dentallabor, die Mutter sein Büro. Alkohol tranken beide nicht.

    Auf der Decanter werden Maurer Flights (Tabletts) mit je zwölf Gläsern Wein serviert, zur Blindverkostung. Die Jury probiert, diskutiert und vergibt Punkte für die Qualität, im besten Fall eine Platinum-Medaille. 20 Minuten brauchen die Profis, bis sie mit einem Flight durch sind, dann geht’s ans nächste – und das von neun bis 17 Uhr, fünf Tage lang. Wie sie das schafft? „Wein trinkt man nicht, Wein spuckt man!“, erklärt die Expertin trocken.

    So oder so, am Abend ist sie in der Regel „fertig“. Und dann hockt sie sich mit einem Glas Roten aufs Sofa? „Nein“, lacht die Meisterin, „das wird ein Gin Tonic an der Hotelbar.“

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      Maurer machte jahrelange Wein-Ausbildung

      In Amerika, wo die Kommunikationswissenschaftlerin nach ihrem Magister als Burda-Korrespondentin arbeitete, kam sie aufs Thema Wein – „weil ich da zu viel schlechten trinken musste“. Die kalifornischen Weine waren noch nicht „erfunden“, in den Lokalen kam „billigste, italienische Plörre“ auf den Tisch ... Zurück in Deutschland, machte sie „Essen und Trinken“ zu ihrem Fachgebiet, arbeitete für „Forbes“ und „Welt“ lebte in München und Berlin; zog 1994 mit Ehemann Uli (Pilstrinker!) nach Bonn.

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        20 Jahre lang war sie da schon als Restaurantkritikerin unterwegs. Doch über Wein wollte sie mehr wissen, sie wollte ihn „verstehen“ lernen, wie sie sagt. Es folgten ein Diplom-Studium an einer Weinakademie, dann die Ausbildung am IMW. Nach drei Jahren lud man sie zur viertägigen Abschlussprüfung. Ihre Abschlussarbeit, Maurer nennt sie Dissertation, widmete sie ein weiteres Jahr.

        Mühe und Einsatz hätten sich „mehr als gelohnt“, meint die Master of Wine. Der Titel habe geholfen, „als blonde Frau in dieser Branche ernst genommen zu werden“; er sei ein „wahrer Türöffner“. Weltweit tragen ihn ja gerade einmal 370 Menschen.

        „Leberwurscht-Brot schmeckt auch“

        Dabei ist Maurer niemand, der sagt, nur teurer Wein sei gut. So wie es manchmal „ein Leberwurscht-Brot“ sein müsse, so dürfe es bei ihr gern mal ein einfacher Riesling Kabinett sein (oder ein Eiswürfel im Rosé). Allerdings wartet in ihrem Keller auch ein 2003er Nacionale der Quinta do Noval auf den richtigen Augenblick, ihn zu würdigen. 1000 Euro zahlt man für ein Fläschchen dieses Portweins.

        Einmal im Jahr übrigens lädt Caro Maurer alle Volontäre des Bonner „General-Anzeigers“ zu sich nach Hause ein. „Und sie dürfen erst wieder gehen, wenn ihre Kofferräume voller Flaschen sind!“

        Der Wein ist ihr Leben, aber der Platz in ihrem Haus dafür: endlich.