Ellwangen. Nach der gescheiterten Abschiebung eines Mannes in Ellwangen hat die Polizei den Togolesen gefunden. Mehrere Menschen wurden verletzt.

Die Polizei hat den gesuchten 23 Jahre alten Asylsuchenden aus Togo bei ihrer Großrazzia in einer Flüchtlingsunterkunft in Ellwangen gefunden und identifiziert. Der Togolese wurde nach seiner Festnahme in eine andere Unterkunft verlegt. Er soll gemäß dem Dublin-Abkommen nach Italien als Erstaufnahmeland abgeschoben werden.

15 Unruhestifter sollen laut Polizei in andere Aufnahmeeinrichtungen verlegt werden. „Solche Maßnahmen zur Trennung von Unruhestiftern haben bereits in der Vergangenheit zum Erfolg der Befriedung in der Landeserstaufnahmeeinrichtung geführt“, teilte die zuständige Polizei in Aalen mit.

Mehrere Männer in Gewahrsam genommen

Nach der gescheiterten Abschiebung des Mannes hatte die Polizei am Donnerstagmorgen in dem Wohnheim mehrere Afrikaner in Gewahrsam genommen. Der Einsatz hatte um 5.15 Uhr mit einem Aufgebot von mehreren Hundert Polizisten sowie Spezialkräften mit Dutzenden Fahrzeugen begonnen.

Polizeieinsatz in Landeserstaufnahmeeinrichtung Ellwangen

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    Bei der Razzia wurden mehrere Menschen verletzt, darunter ein Polizist und drei Bewohner des Flüchtlingsheims. Acht weitere Menschen wurden von Rettungskräften vor Ort versorgt, unter anderem wegen Prellungen.

    Nach dpa-Informationen waren mehrere Bewohner aus den Fenstern der Flüchtlingsunterkunft gesprungen. Dabei hätten einige von ihnen Blessuren erlitten. Auch drei Polizisten seien leicht verletzt worden, konnten ihren Dienst aber fortsetzen. Ein Polizeibeamter befand sich am Donnerstagvormittag noch zur Behandlung in der Klinik.

    In der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (LEA) in Ellwangen wird ein Mann von einem maskierten Polizisten eskortiert.
    In der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (LEA) in Ellwangen wird ein Mann von einem maskierten Polizisten eskortiert. © dpa | Stefan Puchner

    Polizei rechtfertigt Rückzug am Montag

    Afrikanische Asylbewerber hatten am Montag die Abschiebung des Mannes aus dem westafrikanischen Kleinstaat Togo mit Gewalt verhindert. Die Polizei brach die Aktion in der Nacht zum Montag ab.

    Etwa 150 bis 200 Menschen sollen bei der Aktion laut Zeugen die Streifenwagen umringt und die Polizisten bedrängt haben. Später sollen sie mit Hilfe einer Drohung erreicht haben, dass die Schlüssel zu den Handschellen des Togolesen überreicht wurden. Der Mann soll danach untergetaucht sein. Die „Bild“ will mit dem Mann jedoch noch am Mittwoch ein Interview geführt haben. Die Zeitung habe den Mann in der Unterkunft angetroffen.

    Bei einer Pressekonferenz am Donnerstagvormittag sagte der Aalener Polizeivizepräsident Bernhard Weber, der Rückzug der Polizei am Montag sei nötig gewesen, weil man eine Situation „in dieser Ausprägung noch nie“ erlebt habe. „Die Polizeibeamten mussten bei dem Einsatz am Montag den Togolesen zurücklassen, weil die Situation zu gefährlich gewesen war.“

    Polizei äußert sich zum Einsatz in Ellwangen

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      Hinweise auf Planung eines „rechtsfreien Raumes“

      Es habe Hinweise gegeben, dass sich in der Unterkunft Strukturen gebildet hatten, die einen rechtsfreien Raum etablieren wollten, so Weber. Daraufhin habe die Polizei entschieden, zuerst Maßnahmen zu planen, um diese Strukturen aufzubrechen.

      Peter Hönle, Leiter des Polizeieinsatze am Donnerstag sagte, die Polizei hätte am Montag nicht angemessen spontan reagieren können. „Wir wollten entschlossen, professionell, aber sehr filigran vorgehen“, sagte Hönle. Statt Rückzug lautete der Befehl am Donnerstag dann Zugriff.

      Andreas Stenger, Vizepräsident des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, verwies darauf, es habe bei dem Einsatz am Montag Hinweise gegeben, dass sich die damals an dem Widerstand beteiligten Flüchtlinge bewaffnen wollten. Bei der Razzia seien aber letztlich keine Waffen gefunden worden.

      Hunderte sollen Streifenwagen umringt haben

      Im Nachhinein nimmt die Polizei an, dass sich während der geplanten Rückführung am Montag einige der Bewohner der Unterkunft via Handy miteinander abgesprochen haben, um dann Widerstand zu leisten.

      Nach ersten Ermittlungen am Donnerstag gibt es laut Bernhard Weber insgesamt fünf Beschuldigte, drei davon seien im Rauschgiftbereich tatverdächtig, zwei im Eigentumsbereich. 27 Personen hätten sich zudem den Maßnahmen der Polizei widersetzt.

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      „Mehr spürbare Härte im Vorgehen“

      Als Reaktion auf den Vorfall forderte der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster ein härteres Durchgreifen der Sicherheitsbehörden. „In unserem Rechtsstaat gibt es eindeutige rote Linien, die mittlerweile beinahe täglich von Asylbewerbern vorsätzlich überschritten werden“, sagte Schuster „Focus Online“.

      Am frühen Morgen rollten erste Polizeifahrzeuge in Ellwangen an.
      Am frühen Morgen rollten erste Polizeifahrzeuge in Ellwangen an. © dpa | Stefan Puchner

      Er erwarte politische Rückendeckung auf allen Ebenen für mehr spürbare Härte im Vorgehen unserer Exekutivbehörden.“

      Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verteidigte den Polizeieinsatz in Ellwangen . Das Vorgehen der Behörden nach der Anfang der Woche gescheiterten Abschiebung eines Togolesen habe seine Unterstützung, sagte Seehofer am Donnerstag in Berlin. Es müsse mit Härte vorgegangen werden. Die gescheiterte Abschiebung bezeichnete Seehofer als „Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung“. „Das Gastrecht darf nicht in dieser Weise mit Füßen getreten werden“, sagte er.

      Seehofer sichert Behörden in Ellwangen volle Unterstützung zu

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        Polizeigewerkschaft fordert Abschiebung

        Die Deutsche Polizeigewerkschaft verlangte die Abschiebung der Angreifer. „Die Flüchtlinge, die in Ellwangen Polizisten angegriffen haben, müssen unverzüglich abgeschoben werden“, sagte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt laut einer Mitteilung der Gewerkschaft. „Wer Polizeikräfte angreift, darf keine Stunde mehr in Freiheit sein, bis er zurück in seinem Herkunftsland ist.“

        Die Asylbewerber wüssten in der Regel, dass sie so gut wie keine Chance haben, in Deutschland ein dauerhaftes Bleiberecht zu erhalten, sagte Wendt unserer Redaktion. „Sie haben also nichts zu verlieren und riskieren deshalb alles.“ Die Polizei habe sich beim Einsatz absolut richtig verhalten. Taktischer Rückzug sei „keine Kapitulation, sondern Klugheit zum Schutz der Einsatzkräfte“. (dpa/nsa)