Berlin. Trotz Antisemitismus-Vorwürfen: Die wegen ihrer Texte kritisierten Rapper Farid Bang und Kollegah dürfen zur Echo-Verleihung antreten.

Es ist eine Entscheidung für die Freiheit der Kunst, dennoch dürfte sie auf viel Widerspruch stoßen: Trotz eines als antisemitisch kritisierten Songs bleiben die Rapper Kollegah (33) und Farid Bang (31) für den Musikpreis Echo nominiert. Der Ethik-Beirat des Preises entschied sich mehrheitlich gegen einen Ausschluss der Künstler, wie der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) am Freitag in Berlin mitteilte. Die Auszeichnungen werden am kommenden Donnerstag in Berlin vergeben.

Farid Bang reagierte mit einem breiten Smiley auf seiner Facebookseite: „Wir sehen uns beim Echo“.

Kollegah und Farid Bang sind für ihr Album „Jung, brutal, gut aussehend 3“ in der Kategorie „Album des Jahres“ nominiert. Das Album hatte schon vor seinem Erscheinen Anfang Dezember mit mehr als 100.000 Verkäufen Goldstatus erreicht. Auf der Bonus-EP des Albums heißt es im Song „0815“: „Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen“. Der BVMI hatte nach einem kritischen Bericht der „Bild“-Zeitung in der vergangenen Woche den siebenköpfigen Echo-Ethikbeirat eingeschaltet.

„Respektlos und voller Gewalt“

Bei der Nominierung der Künstler handele es sich um einen „absoluten Grenzfall zwischen Meinungs- und Kunstfreiheit und anderen elementaren Grundrechten“, sagte nun der Vorsitzende des Beirats, der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Börnsen. Die Wortwahl einiger Texte, etwa in „0815“, sei „provozierend, respektlos und voller Gewalt“, betonte er. „Sie als Stilmittel des Battle-Raps zu verharmlosen, lehnen wir ab.“

Nach intensiver und teilweise kontroverser Diskussion sei der Rat dennoch mehrheitlich zu dem Ergebnis gekommen, dass ein formaler Ausschluss nicht der richtige Weg ist, sagte Börnsen. Nicht nur in der Musik, auch in anderen Kunstbereichen gebe es zunehmend „eklatante Tabubrüche“. Dies müsse jedoch in einer breiten gesellschaftlichen Debatte aufgegriffen werden.

Vergabe des Echo basiert auf Verkaufszahlen

Für den Bundesverband Musikindustrie erklärte der Vorsitzende Florian Dücke: „Wir respektieren die Entscheidung (des Beirats), auch wenn die Sprache des Albums nicht unsere ist und wir Verständnis dafür haben, dass es viel Betroffenheit gibt.“ Allerdings sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass die Vergabe des Echo auf Verkaufszahlen basiere.

Nominiert werden für den Echo je Kategorie die Künstler oder Bands, die in den Deutschen Charts auf den fünf besten Rängen platziert sind. Wer auf dem Index für jugendgefährdende Medien landet, fällt automatisch von der Liste. Charterfolg und die Stimmen von Fachjuroren werden am Ende zusammengezählt und entscheiden so über die Echo-Preisträger.

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    Schon einmal wurde eine Nominierung gestrichen

    Einen Ethikbeirat gibt es beim Echo seit 2013: Damals hatte eine Echo-Nominierung von Frei.Wild für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Der Südtiroler Band wird von Kritikern vorgeworfen, rechtsextremistische Motive zu verbreiten. Frei.Wild wurde 2013 nach Protesten kurzfristig wieder von der Liste der Nominierten gestrichen, erhielt 2016 aber dennoch eine Auszeichnung in der Kategorie „Gruppe Rock/Alternative National“.

    Der Ethikrat kann in Zweifelsfällen vom Vorstand des Bundesrates Musikindustrie eingeschaltet werden. Laut dem Verband soll die Kommission unter Abwägung der künstlerischen Freiheit „die Vereinbarkeit eines Werkes mit grundlegenden gesellschaftlichen Normen“ beurteilen und entscheiden, ob ein Künstler nominiert oder ausgezeichnet werden darf.

    Das Gremium setzt sich aus Vertretern des öffentlichen Lebens, von Religionsgemeinschaften, des Deutschen Musikrats, der Lehrerschaft und des Deutschen Kulturrats zusammen. Der Echo wird seit 1992 jährlich von der Deutschen Phono-Akademie, dem Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie, vergeben. (epd/dpa)