Berlin. Er posierte auf dem Werbefoto einer Krankenkasse – und wurde völlig unerwartet Opfer eines Shitstorms. Doch Philipp Awounou wehrt sich.

„Mörder.“ „Neger.“ „Vergewaltiger“: Die Hass-Kommentare, die Philipp Awounou wochenlang über sich ergehen lassen musste, kannten keine Grenzen. Der Auslöser des Shitstorms gegen den Sohn einer deutsch-beninischen Familie: Ein Werbeplakat der Krankenkasse DAK, auf dem das Hobby-Model mit seiner Freundin zu sehen ist, im Vordergrund ein Ultraschallbild und der Spruch: „Auf einmal steht das Leben Kopf!“

Ein junges Paar freut sich auf das gemeinsame Baby – ein eigentlich harmloses Motiv. Doch der in Deutschland geborene Awounou ist dunkelhäutig, seine Freundin hat helle Haut. Anlass genug für Hunderte Nutzer der sozialen Netzwerke, Awounou in rassistischen Posts und Kommentaren zu beleidigen und zu diffamieren.

AfD-Kreisverband bebildert fremdenfeindlichen Post mit Plakat

Das Foto hatte vor mehr als einem Jahr ein Fotograf für seine Datenbank gemacht. Ein paar Monate später kaufte eine Hamburger Werbeagentur für die Krankenkasse DAK eines der Fotos und nutze es für deren deutschlandweite Kampagne. Die hässlichen Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten.

Anfang Februar veröffentlichte der AfD-Kreisverband Nordwestmecklenburg einen Facebook-Post, in dem von „Asylchaos“, der „Flutung unseres Landes mit Migranten“, von „triumphierenden“ Krankenkassen und „deutschen Bürgern“, welche die Beiträge der meisten Migranten zahlen müssten, die Rede ist. Bebildert wurde der Post mit dem DAK-Plakat, darunter häuften sich bald rassistische und fremdenfeindliche Kommentare.

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Was dann geschah, hat Awounou nun in einem sehr persönlichen Beitrag bei „Spiegel Online“ geschildert. Untätig blieb er nicht gegenüber den Urhebern des Posts. Er habe die Moderatoren der AfD-Seite kontaktiert und zur Rede stellen wollen, warum rassistische Beiträge nicht gelöscht würden.

Einige Stunden später habe er eine technisch gehaltene Antwort ohne jede Entschuldigung erhalten. Darin heißt es, wegen personeller Engpässe seien die Seiten-Betreiber bei der Moderation der Kommentare nicht mehr hinterhergekommen. Awounou fand weitere fremdenfeindliche und beleidigende Inhalte auf der AfD-Seite, die rund 37.000 Menschen gefällt. Er meldete all das den Administratoren. Auf eine Reaktion warte er bis heute vergeblich, schreibt Awounou.

DAK äußert sich empört über Hetze

Die DAK hat inzwischen ihre Solidarität mit dem jungen Mann betont. Die Krankenkasse twitterte am Ostersonntag „Respekt an @King_Awou für die Offenheit. Danke an alle Unterstützer hier gegen rechte Hetze.“

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Auch Awounou selbst drückte in einem Post bei Facebook erneut seine Fassungslosigkeit aus.

„Leider bin ich einigen Menschen, unter anderem denen von der AfD Nordwestmecklenburg, offenbar nicht „einheimisch“ genug“, schreibt er dort.

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Die dortigen Reaktionen passten „absolut nicht“ zu seinem Eindruck von Deutschland und seinen Bürgern. „Mein Alltag ist geprägt von toleranten, vernunftbegabten und weltoffenen Menschen, Menschen mit heller und dunkler Haut, mit deutschem oder ausländischem Pass – mit dem Herz am rechten Fleck“, schreibt er. Dass er und seine Freundin wegen einem Werbefoto Zielscheibe rechter Parolen geworden sind, habe ihm aber deutlich gemacht, dass das nicht selbstverständlich sei. (nsa)