Bangkok. Fünf Jahre nach dem Taliban-Anschlag kehrt Nobelpreisträgerin Malala Yousafzai nach Pakistan zurück. Hier setzt sie ihre Kampagne fort.

Die junge Frau, die am Wochenende in ihrer Heimatstadt Mingora im malerischen Swat-Tal von Pakistan aus dem Militärhubschrauber steigt und sich neugierig umblickt, hat äußerlich nur wenig mit dem Mädchen gemein, das vor knapp sechs Jahren dem Tod nahe und im Koma an fast der selben Stelle in einen Sanitätshelikopter der Streitkräfte geladen wurde. Doch ein Symbol ist Malala Yousufzai (20) geblieben.

Damals hatte ein radikalislamischer Talibankämpfer versucht, sie im Schulbus mit einem gezielten Kopfschuss umzubringen. Malala hatte öffentlich Schulbildung für Mädchen gefordert.

Heute bleibt die Pakistanerin trotz eines Friedensnobelpreis in ihrer Heimat ein oft verhasstes Symbol. Ihre Kampagne gegen Gewalt und für die Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen stößt bei der radikal-islamischen Miliz ihres Landes nach wie vor auf blinde Wut.

Malala will sich weiter für mehr Bildung in Pakistan einsetzen

„Ich bin erst 20 Jahre alt, aber ich habe viel erlebt“, sagte die Kinderrechtsaktivistin bei einem Treffen mit Ministerpräsident Shahid Khaqan Abbasi. „Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich dieses Land nie verlassen.“ Nun sei sie wiedergekommen, um ihr Volk zu sehen. Sie werde sich weiter für die Bildung von jungen Menschen in Pakistan einsetzen, versprach sie.

Ministerpräsident Abbasi sagte: „Ich bin sehr glücklich, unsere Tochter hier willkommen zu heißen.“ Malala sei „die stärkste der pakistanischen Stimmen gegen Extremismus“.

Und sie entgegnete: „Ich kann jetzt der ganzen Welt erklären, dass in ganz Pakistan Friede herrscht, meine Rückkehr in meine Heimat beweist das.“ Malala Yousufzai, deren Besuchsprogramm aus Sicherheitsgründen streng geheim gehalten und die auf Schritt und Tritt von Heerscharen von Sicherheitskräften beschützt wurde, dürfte sich wie auch schon als Uno-Friedensbotschafterin in Interviews mit internationalen Medien ihrer Wortwahl sehr bewusst sein.

Beleidigungen und Drohungen vor dem Besuch in Pakistan

Denn obwohl bei ihrer am Ostermontag beendeten Stippvisite friedlich vonstattenging, hagelte es auf den sozialen Medien des Landes Unterstellungen, Beleidigungen und Drohungen. Ein BBC-Reporter twitterte, dass einer Analyse des Senders zufolge die Reaktionen auf sozialen Medien in der Landessprache Urdu zu 60 Prozent negativ seien.

Malala Yousufzai sei eine Agentin des US-Geheimdienstes CIA, lautete eine der harmloseren Unterstellungen. Sie lasse sich als Werkzeug westlicher Propaganda missbrauchen, warfen ihr andere Kritiker vor. Erst im Mai des vergangenen Jahres behauptete ein Minister der Regierung, bei dem Mordanschlag habe es sich um eine „Schau“ gehandelt.

Vater Yousufzai lässt Malala kaum noch aus den Augen

Die 152.000 Privatschulen umfassende „All Pakistan Private Schools Federation“ verbot in ihren Lehranstalten gar das Buch „I am Malala“ („Ich bin Malala“). Die seltsame Begründung des Vorsitzenden Kashif Mirza, der Malala kurz nach dem Mordanschlag noch unterstützt hatte: „Dank des Buches ist sie jetzt kontrovers. Malala hat sich zum einem Werkzeug westlicher Mächte gemacht.”

Sechs Jahre nach dem Attentat auf Malala haben Pakistans Generäle das Swat-Tal in der Region zwischen Islamabad und Peshawar inzwischen weitgehend stabilisiert. „Es ist offensichtlich, dass viele Einwohner zurückgekehrt sind”, befand Ziauddin Yousufzai, der seine Tochter Malala seit dem Mordanschlag kaum noch aus den Augen lässt.

Malala Yousufzai möchte nach ihrem Abschluss heimkehren

„Ich konzentriere mich gegenwärtig auf mein Studium“, erklärte Malala bei der Pressekonferenz in ihrer Heimatstadt Mingora. Einst unterhielt ihr Vater hier eine Schule. Nach ihrem Abschluss wolle Malala heimkehren, sagte sie. „Es ist mein Land, und ich habe ebenso ein Anrecht drauf wie jeder andere Pakistaner.“ Einer ihrer Cousins aus Swat pflichtete ihr bei: „Wir freuen uns so sehr, sie nach so vielen Jahren wiederzusehen.“

Klug beruhigte die Aktivistin derweil auch das politische Establishment. „Ich plane nicht mehr, Premierminister von Pakistan zu werden“, erklärte sie noch zum Schluss ihrer Rede in Mingora.

Zudem trug sie auf der Reise ein Kopftuch und ein traditionelles pakistanisches Gewand. Im vergangenen Jahr hatte Malala bei Konservativen für Wirbel gesorgt, als sie sich in Jeans zeigte. Denn auch das gilt den Pakistanern als Verbrechen, die in ihrem Land am liebsten alte Zeiten zurückbringen wollen.