Berlin/Hamm. Deutschland ist laut aktuellen Daten eine Trinkernation. Im Vergleich zu anderen Staaten wird hier übermäßig viel Alkohol getrunken.

Jeder Deutsche ab 15 Jahren trinkt durchschnittlich 10,7 Liter Reinalkohol pro Jahr. Das ist weniger als noch vor Jahrzehnten, aber laut Experten noch zu viel.

Die aktuellen Zahlen gehen aus dem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Jahrbuch Sucht 2018 der im westfälischen Hamm ansässigen Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) hervor. Grundlage für die aktuellen Berechnungen waren Daten aus dem Jahr 2015. Im Jahr 1970 habe der Reinalkohol-Verbrauch pro Bundesbürger ab 15 Jahren demnach noch bei 14,4 Litern jährlich gelegen.

Der Alkoholkonsum in Deutschland sinke zwar minimal, „doch nur von einem extrem hohen zu einem sehr hohen Verbrauch“, betonte DHS-Geschäftsführer Raphael Gaßmann. Im internationalen Vergleich sei Deutschland ein „Hochkonsumland Alkohol“.

Deutschland bei Alkoholkonsum unter den Top 10 der OECD-Staaten

Unter den OECD-Staaten liege die Bundesrepublik unter den Top 10. Rund 95 Prozent der deutschen Bevölkerung würden Alkohol trinken, „vom maßvollen kleinen Schluck bis zum maßlosen regelmäßigen Konsum“.

Warum Bier beim Studium helfen könnte

weitere Videos

    Der Gesamtverbrauch an alkoholischen Getränken sank nach Berechnungen des Münchner ifo Instituts für Wirtschaftsforschung im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr um 1,25 Prozent auf 133,8 Liter pro Kopf, hieß es weiter. Davon entfielen – gemessen in Reinalkohol pro Kopf – 5 Liter auf Bier, 2,3 Liter auf Wein, 1,8 Liter auf Spirituosen und 0,4 Liter auf Schaumwein.

    Die DHS verwies zudem auf Hochrechnungen des Statistischen Bundesamtes, wonach 3,38 Millionen Erwachsene in Deutschland von einer alkoholbezogenen Störung in den zurückliegenden zwölf Monaten betroffen waren. Rund 74.000 Todesfälle würden zudem jährlich durch Alkoholkonsum oder den kombinierten Konsum von Tabak und Alkohol verursacht, hieß es weiter.

    Experten fordern Verkauf erst ab 18 und einheitliche Steuer

    Gaßmann forderte einen strengeren Jugendschutz in Deutschland auf internationalem Niveau, wonach Alkohol grundsätzlich erst ab einem Alter von 18 Jahren gekauft werden dürfte. Bislang ist der Kauf von Wein und Bier in Deutschland schon für 16-Jährige möglich.

    Zudem müsse Deutschland eine einheitliche Alkoholsteuer gemessen am Alkoholgehalt einführen. Bislang gelten für alkoholische Getränke unterschiedliche Steuersätze, auf Wein gebe es gar keine spezielle Besteuerung. „Der Kauf von 1 Liter Wodka für 3,99 Euro sollte in Deutschland nicht mehr möglich sein“, betonte Gaßmann.

    Was man über das Luxusgetränk Champagner wissen muss

    weitere Videos

      Die stellvertretende DHS-Geschäftsführerin Christina Rummel warnte vor den Folgen des Passivtrinkens für Unbeteiligte. So würden in Deutschland pro Jahr rund 10.000 Babys mit irreversiblen Alkoholschäden (Fetale Alkohol-Spektrum Störung - FASD) geboren. Rund 2,65 Millionen Kinder würden in Deutschland zudem in einer Suchtfamilie aufwachsen. Auch seien 2016 im Straßenverkehr insgesamt 225 Menschen bei einem alkoholbedingten Unfall ums Leben gekommen und 16.770 Menschen dabei verletzt worden.

      Die DHS ist nach eigenen Angaben ein bundesweiter Zusammenschluss von Verbänden, die in der Suchthilfe und Suchtprävention tätig sind. Der Verein wurde 1947 gegründet und wird durch Mittel aus dem Bundeshaushalt, von Renten- und Krankenversicherungen, durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert. (epd)