Berlin. Die Sorge vor Armut und sozialem Abstieg bewegt viele Menschen. Doch eine Umfrage zeigt, dass sie auch ein anderes Phänomen umtreibt.

Einsamkeit wird von vielen Bundesbürgern als Problem wahrgenommen. Laut dem neuen „Deutschlandtrend“ der ARD sehen 51 Problem der Befragten Einsamkeit als „ein großes Problem“, weitere 17 Prozent sogar als „sehr großes Problem“.

Dieses Gefühl ist demnach bei Frauen besonders stark ausgeprägt. 76 der weiblichen Bevölkerung spricht in dem Zusammenhang von einem großen oder sehr großen Problem. Bei den Männern sind es 61 Prozent.

Einsamkeit ist auch für Jüngere ein Thema

Ein Blick auf die Verteilung nach Alter zeigt, dass sich vor allem die 50- bis 64-Jährigen Gedanken machen um das Thema – laut Umfrage sind es 80 Prozent in der Altersgruppe. Und selbst in der Gruppe der 18- bis 34-Jährigen sorgt sich jeder Zweite um das Thema.

Bei der Frage, ob sich die Politik um das Phänomen kümmern soll, ist die Mehrheit der Befragten skeptisch. Mit 57 Prozent sehen die meisten Umfrageteilnehmer Einsamkeit als persönliches Problem an – lediglich 38 Prozent sind der Auffassung, dass es Aufgabe der Politik sein sollte, Maßnahmen dagegen in der Gesellschaft zu ergreifen.

Vor allem Anhänger der Linkspartei (64 Prozent) und der AfD (57 Prozent) sehen die Politik in der Pflicht. Am wenigsten sind die Wähler von Union (28 Prozent) und FDP (32 Prozent) dieser Ansicht.

Briten schufen Ministerium für Einsamkeit

Nicht allein in Deutschland wird die Einsamkeit zunehmend als gesellschaftliches Problem wahrgenommen. In Großbritannien etwa machte die Regierung Anfang 2018 das Thema zu ihrer Sache: Tracey Crouch, bislang Staatssekretärin für Sport und Ziviles, kümmert sich nun auch um den Kampf gegen die Einsamkeit. Die Regierung schuf für dieses Ziel extra einen Ministerposten.

„Einsamkeit ist die traurige Realität des modernen Lebens“, begründete Premierministerin Theresa May den Schritt. Laut einer Untersuchung des Roten Kreuzes fühlen sich von den gut 65 Millionen Briten neun Millionen häufig oder immer einsam. Vor allem betroffen: alte Menschen, von denen viele laut der Untersuchung nur einmal im Monat Besuch von einem Freund oder Verwandten bekommen. Das Rote Kreuz spricht von einer „Epidemie im Verborgenen“.

Deutsche Politiker sprachen sich ebenfalls für eine „Enttabuisierung“ des Themas aus, das Experten zufolge der Gesundheit schadet. So schlug etwa der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach vor, es müsse einen Beauftragten geben, der den Kampf gegen die Einsamkeit koordiniert.

Auch Verbände und Hilfseinrichtungen sehen Handlungsbedarf. Die Zahl der Menschen, die sich alleingelassen fühlten, wachse in den Städten wie auch auf dem Land, erklärte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. (W.B./epd)