Köln. Alexanders Gersts Lieblingsspeisen wurden extra für den Astronauten weltraumtauglich gemacht. So funktioniert die Zubereitung im All.

Vitamin-Tabletten, Pülverchen zum Anrühren und mal ein Brei aus dem Schlauch: Unter „Astronautenessen“ stellt sich der gemeine Erdenbewohner so einiges vor, doch Genuss gehört ganz sicher nicht dazu.

Doch das stimmt heute so nicht mehr: Wenn der deutsche Astronaut Alexander Gerst am 6. Juni zum zweiten Mal in den Weltraum aufbricht, dann wird er sich nicht nur auf seine spannende Aufgabe als Kommandant der Internationalen Raumstation freuen können, sondern auch auf sechs eigens für ihn gekochte Leibgerichte.

Alexander Gerst liebt es offenbar bodenständig

Welche genau, das zeigten die Europäische Weltraumagentur (Esa) und die Lufthansa-Catering-Tochter LSG Group am Montag gemeinsam im Europäischen Astronautenzentrum in Köln.

Kässpätzle, Maultaschen mit Spinat oder Linsen mit Spätzle und Saitenwürstle – Alexander Gerst liebt es offenbar bodenständig. Insgesamt sechs dieser Gerichte, verpackt in flachen Konservendosen, reisen bereits in den kommenden Wochen als sogenanntes Bonus Food zur ISS.

Alexander Gerst: Seine All-Bilder 2014

Im Juni 2014 startete Alexander Gerst ins All – als Kommandant der ISS-Crew. Während der Reise entstanden zahlreiche spektakuläre Fotos. Dieses Bild wurde auch sein erfolgreichstes – keines wurde auf Twitter häufiger weiterverbreitet und favorisiert: Über Gaza und Israel seien aus dem All die Raketen über Gaza und Israel und die Explosionen zu sehen. Oft wurden die Bilder des deutschen Astronauten Alexander Gerst auch als Botschaften aufgenommen. Wir haben die zehn beliebtesten und einige weitere eindrucksvolle zusammengetragen.
Im Juni 2014 startete Alexander Gerst ins All – als Kommandant der ISS-Crew. Während der Reise entstanden zahlreiche spektakuläre Fotos. Dieses Bild wurde auch sein erfolgreichstes – keines wurde auf Twitter häufiger weiterverbreitet und favorisiert: Über Gaza und Israel seien aus dem All die Raketen über Gaza und Israel und die Explosionen zu sehen. Oft wurden die Bilder des deutschen Astronauten Alexander Gerst auch als Botschaften aufgenommen. Wir haben die zehn beliebtesten und einige weitere eindrucksvolle zusammengetragen. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Das zweitbeliebteste Bild ist einfach nur schön: Gerst fliegt durch Polarlichter.
Das zweitbeliebteste Bild ist einfach nur schön: Gerst fliegt durch Polarlichter. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Dieses Bild nannte er sein schlichtestes – und doch ist es so faszinierend.
Dieses Bild nannte er sein schlichtestes – und doch ist es so faszinierend. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Und dann noch mit einem Sonnenaufgang dazu. Tränen in den Augen habe er gehabt. Gerst lässt seine Follower auch an seinen Gefühlen teilhaben.
Und dann noch mit einem Sonnenaufgang dazu. Tränen in den Augen habe er gehabt. Gerst lässt seine Follower auch an seinen Gefühlen teilhaben. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Faszinierender Schrecken – ein Supertaifun aus dem All.
Faszinierender Schrecken – ein Supertaifun aus dem All. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Ein weiteres Bild vom Flug durch Polarlichter landete unter den zehn beliebtesten.
Ein weiteres Bild vom Flug durch Polarlichter landete unter den zehn beliebtesten. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Dieses Fotos postete er in dem zweiten von drei Tweets mit den Worten: „Um zu erkennen, dass Menschen im All leben können, musste ich ein halbes Jahr hier oben verbringen. Um zu erkennen, wie schön die Erde ist, brauchte ich eine Minute. Um zu erkennen, wie zerbrechlich unser kleiner blauer Planet ist, brauchte ich nur einen Augenblick.“
Dieses Fotos postete er in dem zweiten von drei Tweets mit den Worten: „Um zu erkennen, dass Menschen im All leben können, musste ich ein halbes Jahr hier oben verbringen. Um zu erkennen, wie schön die Erde ist, brauchte ich eine Minute. Um zu erkennen, wie zerbrechlich unser kleiner blauer Planet ist, brauchte ich nur einen Augenblick.“ © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Unter den deutschsprachigen Tweets des Astronauten war das der populärste. Es ist kein Foto aus dem Fenster, sondern ein Bild auf der ISS: Nach dem WM-Finale schickte der Experte in Sachen Sterne den Gruß zum vierten Stern ans DFB-Team.
Unter den deutschsprachigen Tweets des Astronauten war das der populärste. Es ist kein Foto aus dem Fenster, sondern ein Bild auf der ISS: Nach dem WM-Finale schickte der Experte in Sachen Sterne den Gruß zum vierten Stern ans DFB-Team. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Das Foto von Schottland bei wolkenfreiem Himmel schaffte es auch unter seine zehn populärsten Fotos.
Das Foto von Schottland bei wolkenfreiem Himmel schaffte es auch unter seine zehn populärsten Fotos. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Erinnerungen, die bleiben werden: „Ich werde nie die goldenen Spiegelungen des Sonnenaufgangs auf der Hülle unseres Schiffs vergessen“.
Erinnerungen, die bleiben werden: „Ich werde nie die goldenen Spiegelungen des Sonnenaufgangs auf der Hülle unseres Schiffs vergessen“. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Wieder zurück auf der Erde twitterte er bald dieses Bild: „Gelandet. Die Erde riecht großartig. Und mir ist zum ersten Mal das Wort „Heimatplanet“ wirklich klar geworden.“
Wieder zurück auf der Erde twitterte er bald dieses Bild: „Gelandet. Die Erde riecht großartig. Und mir ist zum ersten Mal das Wort „Heimatplanet“ wirklich klar geworden.“ © ESA | ESA
Stunden vor seiner Landung postet er zum 25. Jahrestag des Mauerfalls das Foto von Berlin: „Hallo Berlin! Von hier oben sieht man keine Grenzen.“
Stunden vor seiner Landung postet er zum 25. Jahrestag des Mauerfalls das Foto von Berlin: „Hallo Berlin! Von hier oben sieht man keine Grenzen.“ © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
„Learning to fly“, kommentierte er dieses Selfie, das sich schwerlich toppen lässt.
„Learning to fly“, kommentierte er dieses Selfie, das sich schwerlich toppen lässt. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Nach seinem All-Spaziergang schrieb er, dass ihm die richtigen Worte fehlen, um ihr Tun zu beschreiben. „Aber dieses Foto vermittelt einen ganz guten Eindruck.“
Nach seinem All-Spaziergang schrieb er, dass ihm die richtigen Worte fehlen, um ihr Tun zu beschreiben. „Aber dieses Foto vermittelt einen ganz guten Eindruck.“ © ESA | ESA
Von Deutschland hatte der deutsche Astronaut etliche Bilder geschickt. Hier ist der Tagebau westlich von Köln zu sehen.
Von Deutschland hatte der deutsche Astronaut etliche Bilder geschickt. Hier ist der Tagebau westlich von Köln zu sehen. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Am Boden vielleicht öde. Aus dem All betrachtet seien Wüsten unter den abwechslungsreichsten Landschaften, erklärte er.
Am Boden vielleicht öde. Aus dem All betrachtet seien Wüsten unter den abwechslungsreichsten Landschaften, erklärte er. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Das Bild zeigt einen Sandsturm in Afrika und gewaltige Gewitterzellen.
Das Bild zeigt einen Sandsturm in Afrika und gewaltige Gewitterzellen. © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
Hier sah er einen Künstler am Werk: „Wie die Palette eines Malers. Das Wolgadelta.“
Hier sah er einen Künstler am Werk: „Wie die Palette eines Malers. Das Wolgadelta.“ © Alexander Gerst/ESA | @astro_alex
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Das sind besondere Leckereien, die nur etwa einmal im Monat auf dem Speiseplan der Raumfahrer stehen. Wenn im Juni die „Horizons“-Mission startet, sind Gersts Dosen mit indischem Butter-Hähnchen oder einem Zwetschgen-Dessert schon längst oben, sagt LSG-Chefkoch Jörg Hofmann.

Astronautenessen zuzubereiten ist anspruchsvoll

Hofmann entwickelt normalerweise Menüs, die Fluggästen in 10.000 Meter Höhe gereicht werden. Essen für Astronauten ist auch für ihn neu: „Das war eine große und spannende Herausforderung für uns – aber wir haben dabei viel gelernt.“ (Lesen Sie hier, wie sich Alexander Gerst auf seine Reise ins All vorbereitet.)

Vor allem das Garen verlief ganz anders als üblich. Statt im Ofen oder Dampfgarer wurden die Gerichte im sogenannten Autoklav zubereitet – einem Gerät, in dem Essen unter Druck sehr präzise auf gewünschte Temperaturen erhitzt und wieder abgekühlt werden kann. „Wir mussten für jedes Gericht individuell herausfinden, unter welcher Temperatur für wie lange die Gerichte gegart und wie schnell sie jeweils aufgeheizt und wieder abgekühlt werden durften. Das war sehr komplex“, so Hofmann.

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    Dabei musste einerseits gewährleistet sein, dass die Gerichte ungekühlt mindestens zwei Jahre haltbar sind, wie es die Esa fordert, andererseits sollten möglichst viele Mikronährstoffe – also etwa Vitamine und Mineralstoffe – erhalten bleiben. Ein kulinarischer Balanceakt.

    Gerst hat alle Menüs getestet

    Gerst habe alle Menüs anschließend getestet und für gut befunden. Ob sie ihm auf der ISS genauso munden werden, ist nicht klar: In der Schwerelosigkeit schmecke es anders als auf der Erde, sagte Raumfahrtmediziner Guillaume Weerts bei der Präsentation des „Space Foods“ in Köln. „Die Geschmacksempfindungen ändern sich. Warum, ist noch nicht genau geklärt.“

    Deshalb war besonders das Abschmecken eine Herausforderung, sagt Hofmann. „Wir kennen das natürlich vom Flugzeug – auch da schmeckt das Essen eher fad, weshalb stärker gewürzt werden muss. Im Weltraum ist dieser Effekt noch stärker – gleichzeitig gibt es die ernährungsphysiologische Vorgabe, eher weniger Salz zu verwenden. Da musste man dann einen guten Mittelweg finden.“

    Schon der erste Flug mit der Internationalen Raumstation ISS bescherte Alexander Gerst atemberaubende Ausblicke aus 400 Kilometern Höhe
    Schon der erste Flug mit der Internationalen Raumstation ISS bescherte Alexander Gerst atemberaubende Ausblicke aus 400 Kilometern Höhe © dpa | Nasa

    Natürlich haben die Mahlzeiten auch einen psychologischen und sozialen Aspekt, sagt Reinhold Ewald, der 1997 selbst ins All geflogen war. Bei „Horizons“ soll das Team in einem straffen Plan wissenschaftliche Experimente durchführen. „Mag sein, dass man sich da gar nicht über den Weg schwebt“, so Ewald.

    Astronauten können sich gegenseitig Essen spendieren

    Gemeinsames Speisen von Zeit zu Zeit sei umso wichtiger. Dafür rückt der Kommandant dann sein Bonus Food raus und lädt die Crew ein. Auch die anderen fünf Mitglieder haben ihre eigenen Container mit Lieblingsessen. Eine Gegeneinladung dürfte also folgen.

    Bevor Alexander Gerst seine schwäbischen Spezialitäten anbieten kann, muss er sie aber zunächst „kochen“. Das bedeutet in der ISS-Küche: die Dose zwischen zwei Wärmeplatten spannen und 30 Minuten warten – dann kann aufgetischt werden.

    Spätzle satt gibt es dann wohl aber nicht. Jede Konserve Bonus Food enthalte etwa 200 bis 220 Milliliter, sagt Hofmann. Sattessen geht dann eher mit den 16 Standardmenüs, die der Crew für die täglichen Mahlzeiten zur Verfügung stehen.

    Nach dem Aufräumen verglüht der Müll in der Atmosphäre

    Daneben gibt es auch Snacks, Nüsse, Getränke. Säfte, Tee und Kaffee sind in pulverisierter Form an Bord. Die Astronauten geben Wasser hinzu und trinken mit Strohhalmen. Wenn sich mal Krümel oder Reiskörner selbstständig machen, werden die spätestens am Putztag wieder aufgesammelt, erläutert die Esa.

    Ja, auch auf der ISS werde aufgeräumt wie in einer gut funktionierenden Wohngemeinschaft. Und wer bringt den Müll runter? Die Dosen und Päckchen werden komprimiert in Säcke verstaut und diese dann in einem sogenannten ATV-Vehikel – quasi einem fliegenden Müllcontainer – ins All geschickt. Dann verglüht alles in der Erdatmosphäre.

    Kulinarisch müssen sich die Erdenbürger also keine Sorgen um die Raumfahrer machen. Die Ernährung der Astronauten sei tatsächlich immer besser und reicher an Variationen geworden, versichert Ewald. Die Zeiten mit einem unansehnlichem Etwas aus der Tube seien definitiv vorbei. Der ESA-Experte betont: „Essen hält Leib und Seele zusammen, das gilt auch ganz da oben.“ (mit dpa)