Rottweil. Ein 41-Jähriger soll drei Menschen – darunter seinen sechsjährigen Sohn – getötet haben. Vor Gericht kommen beklemmende Details heraus.

Wie tickt ein Mensch, der sein eigenes Kind hinrichtet? Der drei Morde begeht, um sich an seiner Ex-Freundin zu rächen? Der Mann, dem das vorgeworfen wird, versteckt sich vor den Kameras, als er am Freitagmorgen in den Gerichtssaal geführt wird. Erst nachdem die Fotografen den Raum verlassen haben, entblößt er sein Gesicht. Er wirkt völlig emotionslos.

Drazen D., 41 Jahre alt, wird ein Verbrechen zur Last gelegt, das ob seiner Grausamkeit für viele Prozessteilnehmer kaum fassbar ist. Villingendorf im Schwarzwald: Dort soll sich der Kroate am Abend des 14. September 2017, ein halbes Jahr nach ihrer Trennung, gegen 21.30 Uhr auf die Terrasse seiner ehemaligen Lebensgefährtin geschlichen haben. Die Stimmung war ausgelassen – die 31-Jährige hatte Gäste, zusammen mit ihrem neuen Freund und weiteren Angehörigen feierte sie die Einschulung ihres Sohnes.

Drazen D. soll vor ihren Augen mit einem Repetiergewehr mit abgesägtem Lauf erst auf ihren neuen Partner (34) geschossen haben, dann auf dessen Cousine (29). Während seine ehemalige Freundin flüchtete, ging er laut Anklage schließlich in die Wohnung, wo der sechsjährige gemeinsame Sohn im Wohnzimmer spielte. Den Ermittlungen zufolge richtete er die Waffe auf das Kind und drückte dreimal ab.

Drazen D. hatte schreckliche Pläne

In einer Sporttasche trug er laut Staatsanwaltschaft Benzin, Kabelbinder und Klebeband bei sich. Damit habe er seine ehemalige Lebensgefährtin fesseln wollen, damit sie die Tat in allen grausamen Details mitansehen müsse. Am Ende soll Drazen D. geplant haben, ihr die Augen auszustechen. Ihr Leben aber habe er verschonen wollen, damit sie für immer unter dem Verlust ihres Sohnes und des Freundes leiden müsse. Das alles, weil er offenbar nicht damit klarkam, dass die 31-Jährige ihn verlassen hatte.

Beim Prozessauftakt herrscht eine beklemmende Stimmung, als das Gericht den aufgezeichneten Notruf mit der panischen Stimme der Mutter des Kindes abspielt. „Er hat geschossen“, sagte sie am Telefon zu einem Polizisten. „Mein Sohn ist zu Hause.“ Sie war zu Nachbarn gerannt, die mit ihr die Polizei riefen.

Eine 33-jährige Beamtin weint, als sie schildert, wie sie die Leichen fand. „Wer ein schutzloses Kind erschießt, hat keine Skrupel“, stellt die geschockte Zeugin fest. Sie habe vor Betreten des Grundstücks nie mit diesem Ausmaß gerechnet. Später fand die Polizei in der Wohnung die unverletzte dreijährige Tochter der getöteten Frau. Sie hatte sich im Badezimmer versteckt.

Schon einmal habe er gedroht, ein Kind umzubringen

Der Angeklagte selbst schweigt. „Ich mache im Moment keine Angaben“, sagt er nur. Sogar sein Verteidiger findet: „Wir haben es mit einem Tatgeschehen zu tun, das fassungslos macht.“ Möglicherweise werde er nach einigen Verhandlungstagen eine Erklärung für seinen Mandanten abgeben – wenn sich der Prozess „versachlicht“ habe. Es gebe Hinweise auf Persönlichkeitsstörungen des Angeklagten. Das bedeute indes nicht automatisch, dass dessen Schuldfähigkeit gemindert gewesen sei. Im Prozess treten neun Angehörige der Opfer als Nebenkläger auf – unter ihnen die Ex-Partnerin des Angeklagten, die aber zum Auftakt nicht im Gerichtssaal war.

Der Mann soll die Frau schon öfter bedroht und geschlagen haben. Nach den tödlichen Schüssen war er geflüchtet und konnte erst fünf Tage später zwölf Kilometer vom Tatort entfernt festgenommen werden. Das Gewehr hatte er bei sich.

Insgesamt sind mehr als 90 Zeugen geladen. Auch die Ex-Frau des Angeklagten soll aussagen, mit der der Mann früher liiert gewesen ist und mit der er ebenfalls ein Kind hat. Laut „Spiegel Online“ hat Drazen D. auch dieser Frau gegenüber gedroht, die gemeinsame Tochter umzubringen, damit die Mutter leide. Das Landgericht hat 18 Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil wird im Juni erwartet. (mit dpa)