Perth. 1886 wurde die Botschaft von einem deutschen Schiff ins Meer geworfen – und tauchte nun in an einem Strand im Westen Australiens auf.

Im Juni 1886 hieß Deutschlands Reichskanzler Bismarck, die Herren Daimler und Benz bauten an ihren Motorkutschen, und im Starnberger See wurde der Leichnam des Bayern-Königs Ludwig II. entdeckt. Und vom deutschen Segler „Paula“, der gerade im Indischen Ozean unterwegs war, warf jemand eine Flaschenpost ins Meer mit der freundlichen Bitte, der Finder möge sich melden. Die Erfüllung des Wunsches hat etwas länger gedauert, aber jetzt ist es passiert.

An einem Strand an Australiens Westküste entdeckte eine Spaziergängerin namens Tonya Illman die Nachricht aus dem vorvergangenen Jahrhundert. Wenn man den Schifffahrts-Experten glauben darf, hat es noch nie länger gedauert, bis eine Flaschenpost gefunden wurde: von 1886 bis 2018, also 132 Jahre. Der bisherige Rekord laut Guinness-Buch stand bei etwas mehr als 108 Jahren.

Finderin Tonya Illman hielt die Flasche zunächst für Müll

An jenem Tag war Illman, eine Fotografin, mit der Freundin ihres Sohnes am Strand von Wedge Island unterwegs, einer sehr einsamen Insel an Australiens ohnehin einsamer Westküste. Aus dem Sand ragte zur Hälfte eine dunkelgrüne Flasche heraus. Anfangs hielt die Australierin das Ding für Müll. „Dann dachte ich, das könnte gut in mein Bücherregal passen.“

Als sich dann die Freundin des Sohnes die Flasche noch einmal genauer ansah, erkannte sie darin einen Zettel. Zu Hause angekommen öffnete Illman die Flasche und trocknete den leicht feuchten Zettel. Illmans Mann Kym, der etwas Deutsch spricht, erkannte dann schnell, worum es sich handelt – um einen wahren Schatz.

Auf dem Zettel stand, teils als Druck, teils in verblichener Handschrift: „Diese Flasche wurde über Bord geworfen am 12ten Juni 1886 In 32° 49’ Breite Süd Und 105° 25’ Länge Süd Greenwich Ost. Vom: Bark Schiffe: Paula Heimath: Elsfleth“. Und dann noch: „Der Finder wird ersucht den darin befindlichen Zettel, nachdem die auf umstehender Seite gewünschten Angaben vervollständigt sind, an die Deutsche Seewarte in Hamburg zu senden oder auch an das nächste Konsulat zur Beförderung an jene Behörde abzugeben.“

Der Kapitän des Seglers „Paula“ warf die Buddel über Bord

Illman ging mit ihrem Fund zum Museum des Bundesstaats Western Australia, das die weiteren Recherchen übernahm und auch das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven sowie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie in Hamburg einschaltete, die Nachfolge-Organisationen der Seewarte. Ziemlich schnell zeigte sich, dass es an der Echtheit der Flaschenpost keine Zweifel gab.

Die Flasche wurde tatsächlich von der „Paula“ ins Wasser geworfen, die damals mit Kohle aus Wales von Cardiff nach Makassar (heute: Indonesien) unterwegs war. Kapitän des Seglers mit Heimathafen Elsfleth bei Bremen war ein Mann namens O. Diekmann. Die Handschrift auf dem gefundenen Zettel stimmt mit der seinigen im Bordbuch überein. Und dort ist mit Datum 12. Juni 1886 auch vermerkt: „Stromflasche über Bord“.

Auch der angegebene Ort im Indischen Ozean – etwa 950 Kilometer von der Fundstelle entfernt – passt zur Reiseroute der „Paula“. Die Experten haben auch keine Zweifel daran, dass die Flasche – eine Genever-Flasche mit holländischer Schrift – und das Papier aus jener Zeit stammen.

Wissenschaftler wollten Strömungen bestimmen

Dass Handelsschiffe in wissenschaftlichem Auftrag Flaschenpost auswarfen, war keine Seltenheit. Dahinter stand die Idee, Richtung und Geschwindigkeit der Meeresströmungen genauer bestimmen zu können.

Ideengeber war der Geophysiker Georg von Neumayer, erster Direktor der Deutschen Seewarte. Zwischen 1864 und 1933 wurden in deren Auftrag mehr als 6000 Flaschen ins Meer geworfen. Allerdings kamen nur 662 Nachrichten zurück – die bislang letzte im Januar 1934 in Dänemark. Das neue Fundstück von der „Paula“ ist jetzt Nummer 663.

Für die kommenden zwei Jahre wird die Flasche im Western Australia Museum gezeigt. Wie es dann weitergeht, ist noch nicht entschieden. Aber vielleicht kommt die Post irgendwann einmal tatsächlich in die Flaschenpostsammlung nach Hamburg – wenn auch Jahrzehnte später als erhofft.