Hamburg. Die Komikerin Käthe Lachmann musste ihre Bühnenkarriere beenden. Sie litt unter Angststörungen. Nun geht sie an die Öffentlichkeit.

Stets hat sie andere zum Lachen gebracht und war selbst nervlich am Ende: Die preisgekrönte Komikerin Käthe Lachmann („Quatsch Comedy Club“) hat wegen einer Angststörung ihre Bühnenkarriere beenden müssen. Erst seitdem sie offen über ihre Krankheit gesprochen hat, geht es ihr besser, sagt die Kabarettistin weiter. Die Gründe für ihren Abschied von der Bühne schildert die 46-Jährige jetzt in einem Buch. In „Keine Panik, liebe Angst“ erzählt Lachmann vom Leben mit Angststörung. Offen und humorvoll, wie es ihre Art ist.

Frau Lachmann, Sie haben bereits vier Romane geschrieben, bevor Sie mit „Keine Panik, liebe Angst“ ein autobiografisches Buch verfasst haben. Was hat Sie dazu motiviert?

Käthe Lachmann: Ich habe gemerkt, was für ein Riesenthema das Thema „Angst“ bei uns ist. Aber trotzdem wird kaum darüber geredet, Ängste zu haben, ist sehr mit Scham behaftet, viele Menschen trauen sich einfach nicht, darüber zu reden. Ich hoffe, dass ich mit meinem Buch ganz viele erreichen und ermuntern kann, über ihre Ängste zu sprechen und sich Hilfe zu holen. Ängste und andere psychische Krankheiten sollten in der Gesellschaft kein Tabu mehr sein.

War das Schreiben für Sie eine Art Therapie nach der Therapie?

Lachmann: Ein wenig schon. Ich habe natürlich während des Schreibens viel über mein Leben mit der Angst nachgedacht, außerdem hatte es auch etwas von einem Befreiungsschlag, weil ich meine Ängste nun nicht mehr verstecken muss. Verstecken ist nämlich viel anstrengender, als einfach zu sagen: Ich kann das jetzt nicht, ich traue mich das nicht. Daher hat mir diese Memoiren zu veröffentlichen tatsächlich auch sehr geholfen.

Sie berichten in Ihrem Sachbuch von Ihrer Panikstörung, die sich bei Ihnen vor allem durch Platzangst bemerkbar macht. Wie Sie Ihre Erfahrungen in der von Ihnen als „Meisenklinik“ bezeichneten therapeutischen Einrichtung beschreiben, in der alle ziemlich normal aussehen und „niemandem eine Palme aus dem Ohr wächst“, zeigt, dass der Humor Sie nicht verlassen hat. Kann Angst denn lustig sein?

Lachmann: Angst ist nicht lustig. Während es mir richtig schlecht ging, hat mir auch mein Humor nicht geholfen. Aber in weniger schlimmen Momenten konnte und kann ich mich mit meinem Humor ganz gut von den Ängsten abgrenzen.

Sie schreiben, Sie seien mehr als zwei Jahre lang mit Angst auf die Bühne gegangen.

Lachmann: Ja, die Auftritte mit Angst, vor allem „Angst vor der Angst“, also mit der Furcht davor, wieder eine Panikattacke auf der Bühne zu bekommen, waren wahnsinnig anstrengend. Aber ich war deswegen nicht schlechter, ich konnte mich auf meine Professionalität verlassen. Parallel während des Spielens lief im Hintergrund immer eine Selbstberuhigung in der Art von: „Ich schaffe das, gleich ist Pause, bei der nächsten Nummer brauche ich nicht so viel Luft zum Atmen“ und so weiter.

Was war schlimmer: Angstzustände und Panikattacken vor Hunderten von Zuschauern oder im Alltag, etwa beim Einkaufen, U-Bahn-Fahren oder Essen?

Lachmann: Erst war es auf der Bühne schlimmer, weil ich da ja nicht einfach wegkonnte. Später im Alltag, weil ich mich nicht einmal mehr dort noch frei bewegen konnte. Ich war komplett eingeschränkt durch Ängste.

Haben Sie bei Künstlerkollegen Ähnliches erlebt, haben Sie darüber sprechen können, oder ist das in den Kreisen ein Tabuthema mehr noch als in der Gesellschaft insgesamt?

Lachmann: Ich halte Angststörungen nicht für ein berufsspezifisches Problem. Natürlich hat man – und das hatte ich auch – Angst, nicht mehr gebucht zu werden, wenn man Ängste zugibt, weil man dann als unzuverlässig oder nicht belastbar gelten könnte. Aber das gilt ja für jeden Beruf.

Jetzt sind Sie auf Promotiontour für Ihr Buch. Ist die Angst vor Auftritten überwunden, folgt womöglich eine Lesetour?

Lachmann: Ich lasse es langsam angehen, ein paar Termine hatte ich schon, die haben auch Spaß gemacht, andererseits ist es auch ganz schön aufregend! Was ich aber von der Angst immer weiter lerne, ist, auf mich zu achten. Deshalb ist eine Lesetour nicht geplant.

Ihre Fans fänden es fantastisch, wenn Sie als Komikerin zurückkommen würden.

Lachmann: Ich dagegen weiß nicht, ob es für mich fantastisch wäre.