Berlin. Dieter Degowski hatte gemeinsam mit seinem Komplizen Hans-Jürgen Rösner tagelang die Bundesrepublik in Atem gehalten. Nun ist er frei.

Der Gladbecker Geiselnehmer Dieter Degowski ist aus der Haft in der Justizvollzugsanstalt Werl (Nordrhein-Westfalen) entlassen worden. Ein Sprecher des Landgerichts Arnsberg bestätigte, dass Degowski das Gefängnis verlassen hat. Im vergangenen Monat bereits hatte er einen Antrag auf Verlegung in den offenen Vollzug beantragt. Zuerst hatte die „Bild“ über die Freilassung berichtet.

Das Landgericht Arnsberg hatte bereits im Oktober vergangenen Jahres die Freilassung Degowskis beschlossen. Ein Termin hatte zu diesem Zeitpunkt nicht festgestanden.

Laut Gutachten sei der 61-Jährige „nachgereift, psychisch stabil“ und ohne Alkohol- und sonstige Suchtprobleme, hatte Justizminister Peter Biesenbach (CDU) im November erklärt. Degowski habe alle Lockerungen der Justizvollzugsanstalt Werl beanstandungsfrei absolviert - insgesamt 38 unbegleitete sowie zwölf Langzeitausgänge. Auch die Staatsanwaltschaft hatte keinerlei Einwände erhoben.

Drei Menschen starben bei Flucht von Rösner und Degowski

17. August1988: Die bewaffneten Geiselnehmer Dieter Degowski (l) und Hans-Jürgen Rösner stehen in einem in Bremen gekaperten Linienbus.
17. August1988: Die bewaffneten Geiselnehmer Dieter Degowski (l) und Hans-Jürgen Rösner stehen in einem in Bremen gekaperten Linienbus. © dpa | Hartmut Reeh

Degowski hatte am 16. August 1988 mit seinem Komplizen Hans-Jürgen Rösner eine Bank in Gladbeck überfallen.

Am Morgen des 16. August 1988 stürmen Degowski und Rösner schwer bewaffnet eine Bank im nordrhein-westfälischen Gladbeck. Sie nehmen zwei Geiseln und fordern einen Fluchtwagen sowie 420 000 D-Mark. Schon bald geben sie Journalisten ein erstes Interview. Kurz nachdem die Gangster am Abend mit Geiseln und Geld losfahren, steigt Rösners Freundin zu. Am nächsten Tag kapern die Gangster in Bremen einen Linienbus und nehmen rund 30 Geiseln. Sie geben weitere Interviews und lassen mehrere Geiseln frei.

Rösner erschoss einen 15-Jährigen

Als die Polizei Rösners Freundin vorübergehend festhält, erschießt Degowski einen 15-Jährigen. Bei der weiteren Verfolgung verunglückt ein Polizist tödlich. Die Verbrecher lassen den Bus stehen und flüchten mit zwei Bremer Geiseln in einem Auto. Ein Journalist fährt in Köln sogar ein Stück mit. Am Mittag des 18. August greift ein Spezialeinsatzkommando auf der Autobahn bei Bad Honnef zu. Eine 18-jährige Frau stirbt an einer Kugel aus Rösners Waffe.

Bei Degowski wurde bei der Verurteilung die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Rösner, bei dem zusätzlich Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, sitzt weiterhin im Gefängnis. Auch er strebt eine vorzeitige Entlassung an. Voraussetzung ist eine Therapie. Rösner sitzt in der Justizvollzugsanstalt Aachen.

Die ARD zeigt kommenden Monat eine Dokumentation über die Geiselnahme von Gladbeck. Die Ausstrahlung des ARD-Doku-Dramas ist für den 7. und 8. März jeweils um 20.15 Uhr im Ersten geplant. Nach Angaben der Degeto erzählt er die Ereignisse „aus der Perspektive mehrerer Beteiligter“. Geiselnehmer Rösner hatte während der Dreharbeiten versucht, eine einstweilige Verfügung gegen den Film zu erwirken, blieb damit allerdings erfolglos. (ac/epd)