Berlin/Rom. 1143 Euro mussten vier Touristen in Venedig fürs Essen zahlen: Nach der Aufregung um die Rechnung verhängte die Stadt nun eine Strafe.

Venedig! Schon so lange ein Sehnsuchtsort für Menschen weltweit, dass der romantische Klang des Namens nicht verblasst. Egal, wie sehr die Venezianer über die Touristenhorden klagen – oder wie viele Touristen über Venedig.

Der jüngste Aufreger handelte nun von vier Japanern und ihrem Essen in der „Osteria da Luca“ nahe dem Markusplatz. Umgeben von der Pracht historischer Bauten hatten die Studenten je ein profanes Steak und zusammen eine Portion frittierten Fisch gegessen. Die Rechnung war dann wieder von historischer Dimension: 1143 Euro, bitte.

Bußgelder von 20.000 Euro

Die Stadt gelobte nun in einer offiziellen Erklärung, das Problem „Touristenfalle“ ernsthaft anzugehen. Als erste Maßnahme veranlasste sie eine Inspektion in der besagten Osteria. Da die Verhältnisse in der Küche offenbar nicht ganz den Vorschriften entsprachen, hagelt es jetzt Bußgelder: Die Stadt spricht von „Tausenden von Euro“, italienische Medien nennen die konkrete Zahl: 20.000 Euro.

Möglicherweise Peanuts für den Laden, über dessen Wucherpreise sich im Reiseportal Tripadvisor schon seit Jahren Besucher aufregen. 83 Prozent der Nutzer bewerten es mit „ungenügend“. „Bitte meiden!!!!“, „Abzocke zu mittag“, „Der größte Nepp, den wir je erlebt haben“, „Touristenfalle ersten Ranges“: Von überzogenen Rechnungen, schlechtem Essen und schlechtem Service berichten sie. Derzeit ist die Kommentarfunktion abgeschaltet, wegen der Aufregung um die „Maxi-Rechnung“, wie sie in Italien genannt wird.

Bürgermeister Brugnaro will „die Unehrlichen bestrafen“

Es ist nicht der erste Fall von akuter Touristenabzocke in Venedig, aber vermutlich der zahlenmäßig beeindruckendste. Die lokale Bewegung Gruppo 25 Aprile, die sich für den Erhalt der Lebensqualität in der Stadt einsetzt, machte die Geschichte kürzlich bekannt – abgespielt hatte sie sich schon im Dezember. Bürgermeister Luigi Brugnaro betont nun: „In Venedig ist die Gastfreundschaft heilig, wir werden die Unehrlichen bestrafen.“

Die Verbraucherschutzorganisation Codacons hält überraschte Reaktionen auf den Fall für verlogen. „Solche Episoden kommen häufig vor, das Ausnehmen von Touristen ist eine weitverbreitete Praxis.“

Kürzlich noch hatte der Stadtchef Touristen als „Bettler“ beschimpft

Dass das nicht immer zugegeben wird, zeigte ausgerechnet Bürgermeister Brugnaro erst im November: „Bettler“ nannte er damals auf Sky drei Touristen, die sich über eine 526-Euro-Essensrechnung beschwert hatten. „Wenn ihr nach Venedig kommt, müsst ihr wissen, dass ihr in Venedig seid. Da müsst ihr ein bisschen was ausgeben“, sagte er. Touristen sollten Italienisch lernen und sich nicht beschweren.

Codacons hatte daraufhin seinen Rücktritt verlangt. Die Aussage sei „eine Beleidigung für den Tourismus und ein Anreiz, Touristen zu betrügen“. Der Bürgermeister sitzt weiter fest im Sattel, aber heute schlägt er andere Töne an. „Wir laden alle ein, Einwohner oder Gast der Stadt, jegliches illegale Verhalten der Polizei zu melden“, sagt er. So sollten Konsumenten beschützt werden, aber auch die „große Mehrheit der Restaurants, die sich professionell und regelkonform verhält“.

Aufregung über Wucherpreise auch in Rom

Venedig ist nicht allein mit dem Problem. In Rom etwa ordnete Bürgermeister Gianni Alemanno zivile Polizeikontrollen an, um Abzocker zu ertappen. Vor Jahren wurden Italiens Bars verpflichtet, Preislisten auszuhängen. Restaurants dürfen Gäste nicht damit abspeisen, dass sie keine Speisekarte hätten, um ihnen ohne Preis das Menü vorzutragen. Aber wer will, findet offenbar einen Weg zum Betrug.

Die Italienische Zentrale für Tourismus möchte sich zu dem Thema nicht äußern. Sie verweist auf den konkreten Fall und die Stadt Venedig, die zuständig sei. Und die will ja nun alles besser machen. Hilfe bekommt sie vom Verband der Hoteliers: Der hat die betroffenen japanischen Studenten, die in Bologna studieren, zu einem Gratis-Wochenende in einem Luxushotel in Venedig eingeladen. Und außerdem einen Entschuldigungsbrief an den Botschafter Japans in Rom geschrieben.

Viele venezianische Restaurants werden übrigens gut bewertet. Vielleicht muss man nur genauer hinsehen.