Berlin. Schlager-Legende Tony Marshall wird 80 – und spricht im Interview über Treue, Groupies und seine neue Fitness dank Alkoholverzicht.
Mit der Bedienung seines Mobiltelefons hat Tony Marshall seine Probleme, ansonsten ist der Schlagersänger auf Draht: Der ewige „Fröhlichmacher der Nation“ ist bissig, ohne verbittert zu sein, reflektiert, aber vor allem zu Scherzen aufgelegt – und ziemlich belesen. Zum 80. Geburtstag, den er am Samstag feiert, macht man ihm mit Büchern über Philosophie oder Ägyptische Mythologie eine Freude.
Ansonsten hofft er, dass sein neues Album „Senioren sind nur zu früh geboren“ ein Hit wird – und dass irgendwann doch noch einmal die Anfrage für den Eurovision Song Contest kommt.
Wie feiern Sie Ihren 80. Geburtstag?
Tony Marshall: Natürlich volle Pulle! So, als wäre es mein letzter. Mit 200 Gästen, im Restaurant „Geroldsauer Mühle“ in Baden-Baden. Es kommen Show-Kollegen wie Bata Illic oder Frank Elstner, ehemalige Sportler wie Heinz Fütterer oder Horst Eckel, der letzte noch lebende Fußballer der WM ’54. Und natürlich der ganze Marshall-Clan, inklusive meiner fünf Enkel und dem Urenkel.
Sie sind also topfit.
Tony Marshall: Wie ein Turnschuh. Fragen Sie mal mein Publikum. Ich stehe manchmal Menschen gegenüber, die sind viel jünger als ich, aber die sehen älter aus. Meinen Herzschrittmacher hätte ich nicht unbedingt gebraucht, aber ich dachte mir, kann ja nicht schaden, so eine Unterstützung. Mein Puls geht dadurch auch wieder etwas schneller, ich hatte mich ja manchmal gefühlt wie eine Riesenschildkröte.
Diese Prominenten sind 80 Jahre alt
Machen Sie Sport?
Tony Marshall: Überhaupt nicht. Aber ich trinke seit zwei Jahren keinen Alkohol. Es war eine Wette zugunsten meiner Stiftung, die ich gewonnen habe. Ich bin dann einfach dabei geblieben, weil ich gemerkt habe, wie gut mir das getan hat. 24 Kilo habe ich dadurch auch abgenommen. Unterstreichen Sie das in Ihrem Artikel: Dickleibige Menschen können abnehmen, wenn sie auf Alkohol verzichten. Tony Marshall, Ernährungswissenschaftler.
Was macht Sie heute glücklich?
Tony Marshall: Mich macht der Umstand glücklich, dass ich leben darf, denn das ist einmalig. Das ist meine Philosophie. Nach dem Tod kommt nichts mehr.
Sie glauben nicht, dass Engel Sie einmal abholen?
Tony Marshall: Wo sind denn die Engel, wenn Unglücke passieren? In der Mittagspause? An Engel glaube ich schon nicht mehr, seit mein Bruder, der Klassenprimus, einen tödlichen Unfall hatte. Ich bin Atheist, und habe damit meinen Frieden.
Das klingt, als wären Sie völlig mit sich im Reinen.
Tony Marshall: Ich habe wunderbare Jahre erlebt, meine Familie spielt dabei auch eine große Rolle.
Sie sind ewig verheiratet.
Tony Marshall: 56 Jahre, plus drei Verlobungsjahre. Meine Gabi ist wie ein Lottogewinn.
Wie schafft man das?
Tony Marshall: Da müssen Sie meine Frau fragen, sie hat den größten Teil dazu beigetragen. Es hat viel mit Vernunft zu tun und mit der Einsicht, dass man auch mit Dingen lebt, die man nicht ändern kann. Wenn ich ein Vierteljahr auf Tour war, konnte sie eben nicht mit und blieb mit unseren Kindern daheim. Ihre Frau sitzt ja wahrscheinlich auch gerade nicht neben Ihnen. Für mich wäre das unvorstellbar, dass sie immer dabei wäre, und für sie sicher ebenso.
Wie wichtig ist Treue?
Tony Marshall: Der Treueanspruch kommt von der Religion, und von Priestern möchte ich mir nichts vorschreiben lassen. Ich bin ein Produkt der Natur und habe meine Gefühle ausgelebt, das hat funktioniert, das war schön. Ich habe eine wundervolle Frau und tolle Kinder und damit ist alles gesagt.
Gab es Groupies?
Tony Marshall: Ich war ja nie ein Sänger wie Howard Carpendale, ich hab nie diese Schmusesongs gesungen, sondern Stimmungssongs, da haben junge Mädchen weniger Gefallen dran gefunden. Mein Publikum war immer schon älter.
Haben Sie Carpendale beneidet?
Tony Marshall: Überhaupt nicht. Der beneidet mich vielleicht inzwischen! Wenn ich jetzt „Heute hauen wir auf die Pauke“ singe, das nimmt man auch einem 80-Jährigen ab. Und auch die Lieder meiner neuen CD. Wenn ich heute von junger Liebe singen würde, dann wäre das einfach nicht glaubwürdig.
Welchen Wunsch haben Sie noch?
Tony Marshall: Den Tevje im Musical „Anatevka“ spielen. Das geht zum Glück auch noch mit 107. Ich habe mich in einem Interview auch für den Eurovision Song Contest angeboten. Wenn man den Tony braucht, steht er zur Verfügung. Ich würde es sofort machen.
Wie war die Reaktion?
Tony Marshall: Kein Anruf.