Palma. Ein beispielloses Umweltgesetz soll Plastikprodukte auf den Balearen-Inseln weitgehend verbieten. Auch die Urlauber werden das spüren.

Muschelsammler haben es auf Mallorca manchmal schwer, ihre Schätze inmitten des Mülls zu entdecken. Besonders nördlich der Balearen hat sich ein riesiger Plastikteppich gebildet, den Strömungen an die Strände spülen.

Auf der rappelvollen Urlaubsinsel, die für Spaß und Konsum steht, ging man stets unbefangen mit Kunststoff um: In den Läden etwa gab es für jede gekaufte Zahnpastatube eine Plastiktüte. Und die landete meist nicht im Recyclingcontainer.

Mallorca soll zum Vorbild für ganz Spanien werden

Doch nun ist Schluss mit der Ressourcenverschwendung: Mallorca soll sauber werden, zum Vorbild für ganz Spanien: Die Regionalregierung der Balearen, zu denen Mallorca und Ibiza gehören, brachte ein radikales Gesetz auf den Weg, mit dem der Wegwerfkultur der Kampf angesagt wird.

Plastikprodukte sollen im Urlaubsparadies reduziert oder ganz verboten werden. Ein Plastiktütenverbot gilt seit diesem Jahr schon in der Hauptstadt Palma, jetzt soll es auf die ganze Insel ausgedehnt werden.

Jeder Spanier verbraucht mehr als 100 Plastiktüten pro Jahr

Und mehr noch: Auch Wegwerfartikel wie Einwegrasierer, Plastikgeschirr, Trinkbecher und Strohhalme sollen vom Markt genommen werden. Sogar den Vertrieb der beliebten Einwegkaffeekapseln aus Aluminium oder Plastik will man untersagen.

Damit würde Mallorca zum Vorreiter in Spanien werden. Denn in kaum einem anderen Land wird vom Handel so viel Kunststoffmüll unter das Volk gebracht. Laut Statistik verbraucht jeder spanische Bürger mehr als 100 Plastiktüten pro Jahr, aber nur zehn Prozent werden recycelt. Mit Folgen für die Umwelt. 80 Prozent des Mülls, der an Mallorcas Stränden eingesammelt wird, ist aus Plastik.

Touristikbranche treibt den Gebrauch von Plastik nach oben

„Wir haben nur ein begrenztes Territorium, dessen Umwelt empfindlich ist, und zugleich eine überwiegend touristische Industrie, die den Gebrauch von Plastikprodukten in die Höhe treibt“, sagt Sebastià Sansó vom balearischen Umweltministerium. Deswegen müssten Bewohner und Inselbesucher ihre Konsumgewohnheiten ändern.

Das gelte auch für die Kaffeekapseln, die in Mode gekommen seien und die traditionellen Filterkaffeemaschinen zunehmend verdrängten – sogar in vielen Hotels der Insel. „Wir produzieren immer mehr unnötigen Abfall“, beklagt Sansó.

Nur noch biologisch abbaubare Kaffeekapseln

Dem will die Mitte-links-Regierung auf den Balearen einen Riegel vorschieben. Laut Gesetzentwurf dürfen ab 2020 nur noch solche Kaffeekapseln vertrieben werden, die biologisch abbaubar sind. Oder aber Hersteller und Einzelhändler müssen die Kapseln zurücknehmen und recyceln.

Einige Fabrikanten tun dies bereits, doch die meisten Kapseln landen im Müll. Was im Falle Mallorcas bedeutet, dass sie in der Müllverbrennungsanlage in Palma enden, die wegen der Schadstoffbelastung der Luft umstritten ist.

Sangria-Strohhalme werden ebenfalls verboten

Auch die Partytouristen der „Ballermann“-Meile werden das Gesetz zu spüren bekommen. So werden auch die zum Sangriatrinken beliebten Strohhalme verboten. Genauso wie Kunststoffbecher und Einmalbesteck für das Picknick am Strand. All diese Produkte dürfen dann nur noch verkauft werden, wenn sie aus kompostierbaren Materialien bestehen.

Dieses Gesetz sei eine „umweltpolitische Dringlichkeit“, heißt es aus dem Umweltministerium. Nur eines wurde bei dem ehrgeizigen Müllvermeidungsplan vermieden: die Einführung einer Pfandlösung für Getränkeflaschen und Dosen, die ebenfalls einen beträchtlichen Teil der Abfallhalden auf Mallorca ausmachen.

Öffentliche Trinkbrunnen sollen die Plastikflaschen ablösen

Besonders Plastikwasserflaschen sind häufig, da viele Menschen auf Mallorca kein Leitungswasser trinken. Immerhin plant die Regierung, flächendeckend Trinkbrunnen aufzustellen, etwa in Ortszentren und an Strandpromenaden. „Wir wollen das Konsumverhalten ändern“, so Politiker Sansó.

Umweltverbände wie Greenpeace oder der balearische Naturschutzverein GOB geht das nicht weit genug. Sie fordern unter dem Motto „Ein Meer ohne Plastik“ eine Nachbesserung des Gesetzes. „Ein Pfandsystem ist der nachhaltigste Weg, um herrenlose Dosen und Flaschen für immer auszurotten“, sagt GOB-Sprecherin Margalida Ramis.